Essen-Stadtwald. Senioren an der Ahornstraße in Stadtwald fürchten, ihr Zuhause zu verlieren: Pflegefirma Empavita meldet Insolvenz an. So soll es weitergehen.
- Essener Senioren fürchten um ihr Zuhause.
- Die Pflegefirma, die sie im Betreuten Wohnen in Essen versorgt hat, hat Insolvenz angemeldet.
- Die Leistungen sollen Ende September eingestellt werden.
Entsetzen bei den Seniorinnen und Senioren, die im Betreuten Wohnen an der Ahornstraße 25 in Essen-Stadtwald leben: Das Unternehmen Empavita, für die Betreuung und Verpflegung der Bewohner zuständig, wird den Betrieb voraussichtlich Ende September einstellen. Die Senioren und ihre Angehörigen wissen jetzt nicht, wie es mit ihnen weitergeht.
Die schlechte Nachricht erreichte die Bewohnerinnen und Bewohner in Form eines Schreibens der Empavita-Geschäftsführung, das sie am Montag, 21. August, erhalten haben, wie die Tochter einer Bewohnerin berichtet.
Die 84-jährige Mutter von L. (vollständiger Name ist der Redaktion bekannt) lebt seit rund einem Jahr an der Ahornstraße in einem 25-Quadratmeter-Apartment unmittelbar am Bahnhof Stadtwald. Bereits Ende letzter Woche sei die Nachricht durchgesickert, dass vielleicht der Auszug drohe. Im Haus sei gerade nichts mehr, wie es war. „Meine Mutter ist aktuell in einem desolaten Zustand und viele andere dort auch“, sagt L., die in den letzten Tagen viele Stunden an der Ahornstraße verbracht hat, um ihre Mutter und andere Bewohner zu trösten. Sie berichtet von vielen Tränen, Verunsicherung und Angst, besonders bei solchen Bewohnern, die keine Angehörigen mehr haben.
Die Essener Senioren haben Angst, ihr Zuhause zu verlieren
„Man kann doch die Menschen nicht einfach auf die Straße setzen. Und so kurzfristig neue Betreuungsplätze zu finden, ist ja unmöglich“, sagt sie. Ihre Mutter habe Pflegestufe 3, könne sich mit Hilfe eines Rollators noch selbstständig fortbewegen und mit anderen Bewohnern Angebote im Haus wie Kaffeetrinken oder Sport wahrnehmen. „Aber ganz selbstständig leben kann sie eben nicht mehr. Meiner Mutter ist, wie wahrscheinlich vielen älteren Menschen in der Situation auch, die Entscheidung schwergefallen, ins Betreute Wohnen zu ziehen“, so die Tochter.
Umso schlimmer sei die aktuelle Situation, denn es gehe auch um soziale Kontakte, die verloren gingen, wenn ihre Mutter jetzt wieder umziehen müsse. Sie war vorher viel allein zu Hause, hat sich inzwischen gut eingelebt und sei dank neuer Kontakte wieder ein glücklicher Mensch geworden, berichtet L., die sich nun um ihre Mutter sorgt. Im Haus in Stadtwald entstanden Freundschaften, die Menschen würden sich untereinander helfen und ihren Lebensabend miteinander verbringen wollen.
Das Unternehmen Empavita habe ursprünglich mit Hilfe einer Insolvenz in Eigenverwaltung die Firma sanieren und so den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten wollen. Zentraler Bestandteil der Sanierung sollten laut dem Schreiben der Geschäftsführung Gespräche mit den über 50 Wohnungseigentümern der insgesamt knapp 70 Wohnungen an der Ahornstraße 25 sein.
„Leider konnten wir in den letzten Wochen und Monaten mit den Eigentümern keine einvernehmliche Lösung finden, um die Mängel im Gebäude zu beheben und die Einrichtung künftig weiter zu betreiben. Eine große Anzahl der Eigentümer möchte das Haus in der Ahornstraße nach unserer Einschätzung zukünftig nicht mehr als Einrichtung für ,betreutes Wohnen’ vermieten“, heißt es in dem Schreiben des Geschäftsführers von Empavita an die Bewohner und deren Angehörige, das dieser Redaktion vorliegt.
Leistungen der Firma sollen Ende September eingestellt werden
Der Vermieter ihrer Mutter wolle keineswegs, dass sie ausziehe, betont L. „Aber ohne Pflege und Verpflegung kann sie nicht bleiben und die meisten anderen auch nicht“, so die Tochter.
Laut Schreiben an die Bewohner ist eine Sanierung nicht möglich, so dass Empavita den Betrieb in Stadtwald voraussichtlich zum 30. September einstellen werde. Damit würden die 24-Stunden-Betreuung der Bewohner, die Verpflegung und Hauswirtschaft entfallen.
Die WTG-Behörde, zuständig für Fragen rund um das Wohn- und Teilhabegesetz (WTG), sei informiert. „An dieser Stelle möchten wir nach Rücksprache mit der WTG-Behörde auf die Heimfinder NRW App hinweisen, in der freie Pflegeplätze angezeigt werden“, heißt es in dem Schreiben des Empavita-Geschäftsführers weiter.
L. befürchtet, dass die Bewohner schon jetzt nicht mehr gut versorgt werden. Gestern Abend sei nur „ein überforderter Pfleger für das ganze Haus im Dienst gewesen“. Die Tochter will jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, um den alten Menschen in der Einrichtung zu helfen. Auch Oberbürgermeister Thomas Kufen habe sie schon angeschrieben. „Vielleicht kann die Stadt ja zwei oder drei Mitarbeiter abstellen, die zum Beispiel Essen und Post verteilen. Das Essen kann man ja notfalls bestellen“, schlägt sie vor.
Der Betrieb soll in den nächsten Wochen möglichst reibungslos weitergeführt werden
In der Einrichtung an der Ahornstraße selbst war am 22. August niemand zu erreichen. Auf Anfrage dieser Redaktion meldete sich jedoch der nach eigenen Angaben vom Amtsgericht Essen bestellte vorläufige Insolvenzverwalter Christian Holzmann von der Kanzlei Brinkmann und Partner. Der Geschäftsbetrieb an der Ahornstraße solle möglichst reibungslos fortgeführt werden. Mitarbeiter seien weiter vor Ort, die, die Urlaub genommen hätten oder sich im Krankenstand befänden würden durch Drittanbieter wie ambulante Pflegedienste ersetzt.
Auch die Gespräche mit den Eigentümern, eventuell über eine Rückgabe der Mietflächen, liefen weiter, so Holzmann. Er gehe davon aus, dass alle Eigentümer Aufhebungsverträge anstrebten. Man bemühe sich weiter um eine Lösung, derzeit sehe es aber so aus, als werde der Betrieb Ende September eingestellt. Der geregelte Übergang der Bewohner, besonders, wenn diese stationäre Pflege benötigten, müsse sichergestellt werden.
Gegen den Weiterbetrieb der Einrichtung sprächen auch baurechtliche Probleme. Erhebliche Investitionen wären nötig gewesen, um das Gebäude so zu sanieren, dass es in seiner jetzigen Funktion hätte erhalten werden können, so Holzmann.
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig & Werden + Borbeck & West | Alle Artikel aus Essen]