Essen-Haarzopf. Beim Bürgerverein Essen-Haarzopf scheidet der langjährige Vorsitzende Horst Holtwiesche aus. Wir sprachen mit seinem designierten Nachfolger.
Knapp 16 Jahre lang lenkte Horst Holtwiesche die Geschicke des Bürgervereins Essen-Haarzopf/Fulerum. Nun nimmt der beliebte Vorsitzende aus gesundheitlichen Gründen seinen Hut. In Jörn Benzinger wurde sein designierter Nachfolger bereits gefunden – und der 42-Jährige verfolgt ehrgeizige Pläne.
Wenn am 9. August im Casino Blau-Gelb Essen an der Fulerumer Straße Neuwahlen anstehen, dann „beginnt damit eine neue Zeit, die sicher auch als Chance verstanden werden kann“. So zumindest steht es in der Einladung an die aktuell 512 Mitglieder, die den Bürgerverein Haarzopf/Fulerum zu einem der größten in Essen machen. Ganz sicher ist dies mehr als nur ein Fingerzeig für die künftige Entwicklung des Vereins, der im November 2025 runde 50 Jahre alt wird und nun möglicherweise vor der größten Zäsur seiner Geschichte steht. Treibende Kraft könnte dabei Jörn Benzinger sein.
Der designierte Vorsitzende ist Essen-Haarzopf seit vielen Jahren verbunden
Der gebürtige Mülheimer, der in Heimaterde, also direkt an der Grenze zu Haarzopf aufwuchs, lebt mittlerweile seit knapp zehn Jahren mit Frau und zwei Söhnen (zwei und fünf Jahre jung) im Stadtteil. „So lange bin ich auch schon im Bürgerverein“, sagt der promovierte Geisteswissenschaftler, der seine Doktorarbeit in der Amerikanistik an der Universität Duisburg-Essen verfasste. Sein Thema damals: Abraham Lincoln. Benzinger ist dem Stadtteil aber schon länger eng verbunden. „Meine Frau, die ich seit 18 Jahren kenne, ist Haarzopferin. Und meine Schwiegergroßeltern führten früher das Haus Erbach an der Hatzper Straße.“
Bei der Wahl auf der JHV ist Benzinger der einzige Kandidat auf den Vorsitz. „Alle Posten im Vorstand stehen an diesem Abend zur Disposition“, erklärt er. „Manche Ämter könnten unverändert bleiben, aber es gibt einige, die künftig Verantwortung übernehmen wollen. Erfreulicherweise auch jüngere Semesters.“ Schon jetzt ist klar, dass SPD-Ratsherr Philipp Rosenau erneut als Stellvertreter parat stünde, seine Amtskollegin im Verein, Isabella Oppenberg, aus beruflichen Gründen ausscheiden wird.
Als Benzinger seine Kandidatur bekannt gab, erntete er viel Zuspruch. Und so dürfte seine Wahl eher Formsache sein, „falls nicht am Dienstagabend noch jemand nachmeldet“, wie er augenzwinkernd sagt. Für Benzinger spricht einiges: Er gilt als Macher, der nach eigenem Bekunden „lieber aktiv wird, als nur darüber zu philosophieren“. Seit knapp vier Jahren ist er Sprecher der örtlichen Bürgerinitiative „Finger weg von Freiluftflächen“, die sich mit ihren knapp 7000 Unterstützerinnen und Unterstützern für den Erhalt der Landschaftsschutzgebiete starkmacht.
Im Bürgerverein nahm seine Karriere nach langem Anlauf Fahrt auf. Erst vor einem Jahr wurde Benzinger als Beisitzer in die Vorstandsriege berufen. Nun will er selbst das Ruder in die Hand nehmen: „Ich habe mir den Verein intensiv und in Ruhe angesehen und habe einige Potenziale entdeckt, die ich gerne entwickeln würde.“ Was nicht bedeutet, dass er alles Erreichte rigoros über den Haufen werfen will. „Aber ich stehe für klare Strukturen und Organisation und möchte daher auch einige digitale Prozesse anstoßen, die unsere ehrenamtliche Arbeit effizienter machen.“
Ein erster Schritt sei vor Jahren die Initiative von Tim Pepinghege gewesen, als er die vereinseigene Homepage neu gestaltete, ein „Newsletter“ etablierte und auch den Facebook-Auftritt des Vereins organisierte. Zwar wird Pepinghege seine Arbeit im Vorstand beenden, steht dem Verein aber als Webadministrator und Datenschutz-Berater weiterhin zur Seite. „Deshalb sollen künftig neue, junge Mitglieder unsere Angebote auf Facebook und Instagram regelmäßig bespielen und auch die Webseite zeitgemäßer gestalten“, hofft Benzinger. Bewerber gebe es bereits.
Der Bürgerverein Essen-Haarzopf soll künftig einzelne Arbeitsgruppen bilden
In der Vereinsarbeit hingegen schwebt ihm eine Struktur in Arbeitsgruppen vor, „in denen jeweils jemand den Hut aufhat“, wie er sagt. Generell sei er ein Freund von Teamarbeit und plädiere dafür, dass möglichst viele im Verein künftig aktiv werden. „Nach den Wahlen können wir dann immer noch sehen, wie wir Neuzugänge für den Bürgerverein und die Stadtteilarbeit motivieren können“, sagt Benzinger.
Ein Weg, um dies zu bewerkstelligen seien beispielsweise die Veranstaltungen, für die der Bürgerverein verantwortlich zeichnet. Also der Weihnachtsmarkt, der Martinszug, der Neujahrsempfang, der Bürgerflohmarkt und auch das Kartoffelfest, das Benzinger im vergangenen Jahr selbst in Schwung brachte und so rund 1000 Besucher nach Haarzopf lockte. „All dies sind Chancen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen“, sagt er. „Und Gespräche sind die ideale Basis, um hilfreiche Kontakte zu knüpfen.“ Generell wolle er besonders auf die vielen zugezogenen Familien zugehen und einen „gesteigerten Blick auf die Jugend richten“. Schon deshalb, um dem Verein peu à peu eine andere Altersstruktur zu verschaffen.
Die Geschichtstour „Kotten“ soll künftig wieder intensiviert werden
Weitere Veranstaltungen des Vereins wie beispielsweise das Spielplatzfest oder die Geschichtstour „Kotten“ unter Regie von Urgestein Siegfried Hey, die zuletzt auf Eis lagen, möchte Benzinger wieder intensivieren. Aber auch ganz neue Formate sind angedacht: ein Herbstfest und auch ein Feierabendmarkt. Letzterer sei als „niederschwelliges Angebot“ gedacht, um gemeinsam ein paar gesellige Stunden zu verbringen. „Der Haarzopfer Wochenmarkt auf dem Parkplatz ist zwar ordentlich besucht, aber ab 13 Uhr beginnen die Beschicker bereits mit dem Aufräumen“, sagt Benzinger. Der Parkplatz sei aber den ganzen Tag für den Verkehr gesperrt. „Wieso sollte man diese Zeit nicht nutzen, um gemeinsam mit örtlichen Gewerbetreibenden und Gastronomen etwas anzubieten? Und sollte es nur ein Bierstand, ein Cocktail- oder Weinstand im bunten Wechsel sein.“
Da Jörn Benzinger auch das vor fünf Jahren gestartete Stadtteilentwicklungskonzept im Auge behalten will, braucht der Verein seiner Ansicht nach vor allem eines: Menschen, die sich für diese Aktivitäten begeistern und mit anpacken wollen. „Auch dafür wollen wir bei der Jahreshauptversammlung werben.“
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