Essen. 300 benachteiligte Kinder und Jugendliche werden an vier Standorten in Essen gefördert. Doch dem Kinderschutzbund laufen die Kosten davon.
In den Lernhäusern des Essener Kinderschutzbundes werden Jahr für Jahr bis zu 300 benachteiligte Schülerinnen und Schüler unterstützt, damit sie nicht zu Bildungsverlierern werden. Was gelingt: In diesem Sommer haben alle Jugendlichen, die an den Standorten Innenstadt, Altenessen, Zollverein und Borbeck gefördert werden, ihren Schulabschluss geschafft und eine Ausbildung gefunden, obwohl in vielen ihrer Familien kein Deutsch gesprochen wird.
Seit mehr als 20 Jahren schreiben die vier Einrichtungen diese Erfolgsgeschichten, doch jetzt schlägt ihr Träger Alarm: Weil die Kosten drastisch steigen und die Spenden zurückgehen, sei die Zukunft der Lernhäuser gefährdet.
„Ohne ausreichende Spenden und eine dauerhafte finanzielle Lösung ist das Angebot bedroht. Die Folge wären Einschränkungen bei der Bildungsarbeit und Schließungen einzelner Lernhäuser“, umreißt Ulrich Spie, Vorsitzender des Essener Kinderschutzbundes, die bedrohliche Lage.
Der Bedarf an Hilfen steigt
Denn das Bildungsprojekt, das auch einen Mittagstisch bietet, Werte vermittelt und auch eine Lerntherapie vorhält, wird fast ausschließlich durch Spender finanziert. Eine institutionelle Förderung gibt es nicht, um die rund 150.000 Euro jährliche Kosten pro Standort abdecken zu können.
Gleichzeitig steige der Bedarf an Hilfen außerhalb der regulären Bildungspraxis, sagt Spie: „In die Lernhäuser kommen Kinder, die unser Schulsystem ohne Unterstützung nicht bewältigen würden. Aber wenn wir sie nicht mehr fördern können, ist nicht nur ihr Schulabschluss, sondern auch ihre Möglichkeit zur Berufsausbildung in Frage gestellt.“
Wie dramatisch die Situation tatsächlich ist, verdeutlichen ein paar Zahlen: Zuletzt verließen rund 47.500 Jugendliche bundesweit die allgemeinbildenden Schulen ohne Hauptschulabschluss. Das war ein Anteil von 6,2 Prozent. In Essen allerdings sei die zuletzt gemeldete Quote noch höher: Etwa sieben Prozent der Schülerinnen und Schüler gingen ohne Abschluss. Damit haben sie nicht nur nach Ansicht des Kinderschutzbundes kaum Chancen auf eine Ausbildung und auf eine gute berufliche Perspektive.
Individuelle Lernangebote sind wichtig
Doch nicht die Mädchen und Jungen sind die Versager, sondern der Bildungslandschaft mangelt es an individueller Förderung und Unterstützung. „Es ist ein Skandal, dass Deutschland händeringend nach Fachkräften sucht und auf die Möglichkeit verzichtet, vorhandene Schulabgänger einzusetzen“, kritisiert Spie.
Dieser Befund mache die Arbeit in den vier Einrichtungen so wichtig: Dort werden die Schüler von pädagogischen Fachkräften und Ehrenamtlichen bei den Hausaufgaben betreut und bekommen individuelle Lernangebote. „Wir sorgen dafür, dass Kinder zu Bildungsaufsteigern werden“, sagt Martin Hollinger von der Lernhäuser-Leitung, der zwei Beispiele erfolgreicher Arbeit kennt und nennt.
So hat eine Jugendliche einen so guten Realschulabschluss geschafft, dass sie nun als Arzthelferin arbeitet. Ein anderes Mädchen kam in der zweiten Klasse, die es bereits wiederholt hatte, ins Lernhaus. Ihre Sozialprognose sei schlecht gewesen, ihre Familie lebte von Transferleistungen und zu Hause wurde kein Deutsch gesprochen. Doch dank der Unterstützung in einem Lernhaus schaffte die junge Frau ihr Abitur und schloss auch noch ein Studium erfolgreich ab.
Eine Lernpatenschaft kostet 40 Euro im Monat
Eine Lernpatenschaft kostet 40 Euro im Monat und hilft dabei, dass die Kinder gemeinsam lernen können, dass sie Orientierung bekommen und Werte erleben, die sie in ihren Familien nicht erfahren.
Spenden, um die Bildungs-, sozialpädagogische und lerntherapeutische Arbeit der Lernhäuser zu unterstützen, sind auf das folgende Konto möglich: Sparkasse Essen, Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Essen e. V., IBAN: DE70 3605 0105 0000 2907 00.