Rüttenscheid/Heisingen. Extrablatt zählt zu den beliebten Restaurantketten in Essen. Zwei Filialen haben plötzlich geschlossen – Kritik gab es seit geraumer Zeit.

Die Stühle an der Rü und am Baldeneysee sind leer, die Türen abgeschlossen: „Unser Betrieb bleibt vorübergehend geschlossen“: Das teilt die Geschäftsleitung der Extrablatt-Filialen Rüttenscheid und Baldeneysee ihren Kundinnen und Kunden auf den jeweiligen Websites und auf Aushängen vor Ort mit. Die Schließung kommt für viele so plötzlich wie überraschend. „Modernisierungspause“ lautet die Erklärung auf Facebook. Kritik von Gästen gab es bereits seit geraumer Zeit.

Auch die Extrablatt-Filiale am Essener Baldeneysee ist vorübergehend geschlossen.
Auch die Extrablatt-Filiale am Essener Baldeneysee ist vorübergehend geschlossen. © Dominika Sagan

Eine weitere Erklärung gibt es auf der Website nicht, dort wird lediglich versprochen: „Wir halten euch auf dem Laufenden!“ Im Impressum ist indes nicht mehr der bisherige Geschäftsführer Ayhan Gencaslan aufgeführt, sondern Franz-Samuel Wefers. Wefers ist Co-Geschäftsführer der gesamten Extrablatt-Kette, die im Franchise-Modell betrieben wird.

In der Zentrale in Emsdetten will sich eine Sprecherin gegenüber der Redaktion zunächst nicht weiter äußern und verweist auf Veröffentlichungen beider Extrablatt-Niederlassungen auf Instagram. Dort steht unter dem Schlagwort „Pause“ ein gleichlautender Text zu lesen: Beide Extrablatt-Cafes blieben „aufgrund von Modernisierungsarbeiten“ geschlossen – voraussichtlich bis zum 9. Juli.

Die Zentrale spricht von baulichen Mängeln

Am Nachmittag verschickt die Zentrale dann doch eine ausführlichere Mitteilung. Man bedauere mitteilen zu müssen, dass die beiden Filialen wegen eines Wechsels in der Geschäftsführung und baulicher Mängel vorübergehend geschlossen blieben.

Wörtlich heißt es: „Die Entscheidung, die Standorte vorübergehend zu schließen, wurde getroffen, um eine umfassende Modernisierung durchzuführen und sicherzustellen, dass alle baulichen Mängelbehoben werden. Die Sicherheit und das Wohlbefinden unserer Gäste stehen für uns an erster Stelle, und wir möchten sicherstellen, dass sie in einer einwandfreien Umgebung bewirtet werden.“

Um welcher Art Mängel es sich handelt, lässt die Geschäftsleitung von Extrablatt in ihrer Mitteilung offen. Geschlossen sei auch die Filiale in Gelsenkirchen. Die Begründung ist die gleiche. Drei Filialen, drei Mal bauliche Mängel? Am 10. Juli sollen die Cafés wieder öffnen.

Auch das „Haus am See“ ist geschlossen

Eine Modernisierung mitten in der Hochsaison? Darüber wundern sich Nutzer auf Facebook, denn auch auf der gegenüberliegenden Seeseite am Hardenbergufer, im „Haus am See“ sind die Türen verschlossen. „Liebe Gäste, aufgrund von dringenden Umbauarbeiten müssen wir unseren Betrieb ab dem 12.6.2023 vorübergehend schließen“, heißt es auf einem Aushang im Schaukasten neben dem Eingang.

Der Geschäftsführer war telefonisch nicht zu erreichen. Sein Name: Deniz Gencaslan. Dem Vernehmen nach handelt es sich um einen Verwandten von Ayhan Gencaslan.

Deniz Gencaslan hatte das „Haus am See“ erst im August vergangenen Jahres eröffnet. Davor war es ein Jahr lang geschlossen. Seit 2011 hatte es mehrere Betreiber kommen und wieder gehen sehen.

Die Extrablatt-Filiale am Baldeneysee geriet zuletzt negativ in die Schlagzeilen, weil dort während des Corona-Lockdowns im Januar 2021 mit Beteiligung des Fußballprofis Breel Embolo eine illegale Party gefeiert wurde.

Spaziergänger wundern sich, das Lokal war stets gut besucht

Am Dienstag, 20. Juni, sollen Gäste in der Gastronomie mit ihrer Lage direkt am Baldeneysee-Ufer noch gegessen und getrunken haben, tags drauf kommen einzelne Fußgänger, andere mit dem Rad oder dem Auto und wundern sich.

„Das hat doch gebrummt hier“, sagt eine Spaziergängerin, die auf der großen Terrasse auf die leeren Sitzmöglichkeiten blickt, wo sonst kaum ein Platz zu bekommen war. Meistens habe es vielmehr eine Warteschlange vorn bis zum Parkplatz gegeben.

Im Sommer 2019 hatte der Geschäftsführer das Lokal an der Lanfermannfähre nach einer aufwendigen und nach eigenen Angaben millionenteuren Renovierung eröffnet – mit Verspätung. Zuvor war in den Räumen viele Jahre die Betriebsgaststätte der EVAG (heute Ruhrbahn), die lange Zeit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vorbehalten war.

„Bis auf weiteres geschlossen. Wir bitten um Entschuldigung“: Das steht aktuell auf einem Zettel an der Tür der Rüttenscheider Extrablatt-Filiale.
„Bis auf weiteres geschlossen. Wir bitten um Entschuldigung“: Das steht aktuell auf einem Zettel an der Tür der Rüttenscheider Extrablatt-Filiale. © Ho | Foto

Zuletzt beherbergte das Lokal die Gaststätte Fährmann, bevor diese zum Extrablatt umgebaut wurde. Als dieses eröffnete, war das Publikum breit gemischt, kam aus vielen Städten, Gäste aller Altersklassen genossen die Lage am Wasser. Zuletzt seien es vor allem jüngere Gäste gewesen, die sich in Heisingen getroffen hätten, berichten diejenigen, die jetzt bei Sommertemperaturen am See stehen und gern ein kaltes Getränk bestellen würden.

Unmut gab es immer wieder mal über das Personal, das sich zunächst einarbeiten musste. Der Chef warb anfangs um Geduld, als die Wartezeiten auf Essen und Getränke mitunter sehr lang waren. Nun fragen sich die ehemaligen Gäste vor Ort, ob das gesamte Personal so kurzfristig entlassen worden sei, während einige Männer die Aufsteller draußen abräumen und im Inneren des Lokals verschwinden.

Im Internet wiederum auf Seiten wie Google, Facebook oder Tripadvisor beklagen frühere Gäste so manchen Missstand. Da gibt es allein aus den vergangenen Wochen und Monaten viel Kritik am Personal („Ich würde mal lieber euer Personal renovieren“, „Unfassbar unfreundlich“, „überfordertes und unorganisiertes Personal“), an den Wartezeiten („hohe Wartezeiten, Bestellungen wurden falsch gebracht oder ganz vergessen“, „für zwei Kaffee anderthalb Stunden gewartet, Leute wurden gebeten, nichts zu bestellen“) sowie wegen mangelnder Sauberkeit („Punktabzug im WC-Bereich“, „Zustand des Toiletten- und Waschbeckenbereichs ist einfach nur erschreckend“).

Neben manch guter Erfahrung zwischen all den negativen Kommentaren, gibt es immer wieder diejenigen, die davon berichten, dass sie gar kein Essen erhalten hätten, mit Hinweisen wie „Service sei jetzt eingestellt, die Gäste mögen bitte gehen“. Einige Bereiche auf der Terrasse wurden abgesperrt, so gab es Sitzplätze, auf denen Gäste gar nicht erst bedient wurden. Einig sind sich dann aber doch so gut wie alle, was die Lage des Lokals direkt am Baldeneyseeufer betrifft: „Spot: Unübertroffen. Riesiges Potenzial. Lage 1A.“