Essen-Bergerhausen. Der Wochenmarkt an der Weserstraße in Essen-Bergerhausen besteht seit fünf Jahren aus einem einzigen Stand. Das war vor 20 Jahren noch anders.
Den Wochenmarkt in Essen-Bergerhausen kann man ohne Übertreibung klein nennen: Nur ein einziger Stand steht freitags nachmittags auf dem Vorplatz der Johanneskirche. Doch den möchten die Kunden offenbar nicht missen.
Seit der Markt in Bergerhausen, auch auf Initiative des dortigen Bürgervereins, 1998 ins Leben gerufen wurde, war Käsehändler Jochen Buers schon dabei. Er führt das vor 55 Jahren gegründete Geschäft seiner Eltern weiter, wuchs schon früh in den Job hinein – obwohl er eigentlich ins Finanzwesen wollte. Inzwischen ist der 56-Jährige seit fast 38 Jahren im Geschäft, verkauft Mai-Gouda und Co., verteilt Malbücher oder Käsestückchen an die Kinder und nimmt Anteil an den Lebensgeschichten seiner Kundinnen und Kunden.
Den Wochenmarkt in Essen-Bergerhausen gibt es seit rund 25 Jahren
Die Bergerhauser hätten damals unbedingt einen Markt gewollt. Der startete mit zwölf Ständen, irgendwann waren es 20. Die passten natürlich nicht alle auf den Kirchvorplatz, so dass der Markt in die Elbestraße hinein erweitert werden musste. Die Vorrichtung für die Schranke zum Absperren der Straße existiert noch heute – auch wenn Buers seit 2016 der einzige Händler ist. Aber man weiß ja nie: Laut Marktmeister Olaf Ullrich bemüht sich die Stadt seit Jahren, weitere Händler für den Standort zu gewinnen. „Aber wir können ja niemanden zwingen.“
Buers verkauft auf sechs Märkten in Essen, darunter Rüttenscheid, seine Käsespezialitäten, teilt sich die Aufgaben mit seiner Frau und einer Angestellten. „Ich habe viele Anfragen, auch aus Nachbarstädten, aber das wird dann zu viel“, sagt er. Im Sommer bietet der Händler 200 bis 220 Sorten Käse am, im Winter bis zu 540. „Dann müssen nicht alle in die Kühlung, da kann ich mehr unterbringen“, erläutert er. Der zweifache Vater und Großvater kennt alle Sorten, isst selbst sehr gern Käse.
95 Prozent der Käufer sind Stammkunden, schätzt der Händler
Den Verkaufswagen packt er immer selbst, weiß ganz genau, wo welcher Käse liegt. „Auch die Kunden können sich so orientieren. Manchmal wissen sie den Namen eines Käses nicht, aber können sich erinnern, wo er liegt. Das hilft auch weiter.“
Serie: Wochenmärkte in Essen
In Essen gibt es über 20 Wochenmärkte, ihre Frequentierung schwankt. Zu einigen kommen bis zu 70 Händler, wie etwa in Rüttenscheid. In Stadtteilen, wie etwa Burgaltendorf ist es ein Einziger. Die meisten Märkte finden vormittags statt, auf der Margarethenhöhe und in Heisingen auch am Nachmittag.
Haben Wochenmärkte eine Zukunft? Das wollen wir mit unserer neuen Serie, dem Wochenmarkt-Check, in den kommenden Wochen herausfinden.
Wir schauen uns jeden Essener Wochenmarkt an. Welche Stände bieten die Märkte, wer geht dort einkaufen, wer flanieren? Dabei sprechen wir mit Händlern, Besuchern und Marktmeistern. Wir kaufen ein und schauen uns auch das Drumherum an. Gibt es genügend Parkplätze, gibt es Toiletten, und wie ist die Anbindung im Stadtteil?
95 Prozent seien Stammkunden, jeden Freitag kämen 30 bis 50 Leute. Er wisse, was die Leute wollen, kenne ihre Vorlieben und Geschmäcker, ihre Urlaubszeiten und OP-Geschichten. Gern hätte er mehr Kollegen, so wie sich seine Kunden ein größeres Angebot auf dem Markt wünschen. Aber viele Händler hätten keine große Lust auf das Marktgeschäft mehr, dabei sei das eigentlich ein schneller Einstieg in die Selbstständigkeit, so Buers. Man brauche nur einen Gewerbeschein, Stand oder Wagen und schon könne man starten.
Dass der Job so unbeliebt sei, habe mehrere Gründe. „Markthändler dürfen nach den Richtlinien der Industrie- und Handelskammer nicht ausbilden, auch wenn wir ja Meister unterschiedlicher Fachrichtungen dabei haben“, sagt er. Manche schrecke auch das frühe Aufstehen und die Tatsache, dass man bei Wind und Wetter draußen stehen müsse, ohne zu wissen, was man am Ende des Tages in der Kasse habe. Für Jochen Buers ist Aufgeben keine Option. „Ich mache weiter, so lange es geht.“
Markt in Essen-Bergerhausen: Infos und Service
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Markttag: Freitag, offiziell von 14 bis 18 Uhr. „Aber wenn alle Stammkunden da waren, mache ich eher Feierabend“, sagt Buers.
Erreichbarkeit und Parkplätze: Der Bergerhauser Wochenmarkt liegt relativ zentral an der Weserstraße/Ecke Elbestraße, auf dem Kirchvorplatz der evangelischen Johanneskirche. An der Rellinghauser Straße hält die Straßenbahnlinie 105. Rechts und links der Weserstraße gibt es zwar viele Parkplätze, doch zur Marktzeit am Freitagnachmittag sind die offenbar schon von den Anwohnerinnen und Anwohnern besetzt, so dass am Testtag mehrere Runden durch die Nebenstraßen erforderlich waren, um relativ weit entfernt einen Stellplatz zu finden. Die meisten Kunden wohnen laut Jochen Buers aber ohnehin im direkten Umfeld und kommen zu Fuß. Für Fahrräder gibt es wenige Ständer vor dem Spielplatz an der Elbestraße und auf der gegenüber liegenden Straßenseite vor Bäcker Peter.
Vielfalt des Angebots: Die Käseauswahl ist riesig. Weitere Stände – Fehlanzeige.
Andere Einkaufsmöglichkeiten: Das Angebot ist vielfältig. Unmittelbar gegenüber vom Markt gibt es auf der anderen Seite der Weserstraße eine Filiale von Bäcker Peter mit drei Tischen vor der Tür, einige Meer weiter einen Kiosk. Der Marktplatz liegt ganz in der Nähe der Kreuzung Weserstraße/Rellinghauser Straße. Dort gibt es weitere Geschäfte, darunter einen Bio-Fleischer, eine glutenfreie Bäckerei, einen Laden mit französischen Spezialitäten und Geschenkartikeln, zudem Apotheke, Frisör, Blumenladen, Gaststätten, einen griechischen Grill, Physiotherapie, Tankstelle und mehr. Die Pläne für den seit Jahren geplanten Edeka-Markt auf dem Gelände eines ehemaligen Galvanik-Betriebes sind derzeit auf Eis gelegt. Ein großer Rewe-Markt ist an der Töpferstraße/Rellinghauser Straße fußläufig erreichbar.
Snacks und Aufenthaltsqualität: Auf dem Markt selbst gibt es nichts, Kaffee, Kuchen oder Brötchen beim Bäcker gegenüber. Wer mag, kann sich auf eine Bank am Kirchplatz setzen.
Toiletten und Sauberkeit: Toiletten sind nicht vorhanden, aber auch im Prinzip nicht erforderlich, da die Kunden ihre Besorgungen am Käsestand in wenigen Minuten erledigen und auch der Händler nur für wenige Stunden dort Station macht. Der Marktplatz war zur Testzeit sehr sauber – bei nur einem Stand wenig überraschend.
Preise: Die Käsepreise am Stand von Jochen Buers bewegen sich pro Kilo zwischen 5,90 Euro für einen normalen Gouda und 68 Euro für einen in Walnusslikör getauchten, lang gereiften Käse, eine französische Spezialität. Dazwischen gibt es eine große Bandbreite an Käseprodukten aus 19 europäischen Ländern und den USA, dazu Milch, Sahne und Butter, kleine Senfgläschen, verpacktes Schüttelbrot.
Ambiente und Kundenstruktur: Auch wenn der eine Stand auf dem Platz etwas verloren wirkt – durch die Kirche im Hintergrund und einen mächtigen Baum, der Schatten spendet, hat der Platz etwas Einladendes. Die persönliche Ansprache, die burschikose, witzige Art von Jochen Buers machen den Einkauf für die Kunden aus dem Umfeld zum Erlebnis.