Essen. Fiege und Galeria schließen ihr gemeinsames Warenlager in Essen. Für die 550 Beschäftigten soll es nur magere Abfindungen geben, so der Vorwurf.

Seit nunmehr einem Monat haben die Beschäftigten im Fiege-Logistikzentrum an der Hafenstraße die traurige Gewissheit: Der Standort, den Fiege zusammen mit dem Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof unterhält, wird Ende Juni nächsten Jahres geschlossen. 550 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen sich dahin einen neuen Job suchen, wenn sie nicht arbeitslos werden wollen.

Herrschte zunächst vor allem Fassungslosigkeit über die Nachricht vom Aus, so ist die Stimmung nach nur wenigen Wochen in Wut und Empörung umgeschlagen. Denn das Unternehmen, die Fiege Essen GmbH & Co. KG, bietet der Belegschaft bislang wohl nur äußerst magere Abfindungen für den Verlust der Jobs an.

Fiege Essen bietet 750.000 Euro für Sozialplan

Auf einer Betriebsversammlung Anfang Mai hatte die Geschäftsleitung angekündigt, dass sie maximal 750.000 Euro für den Sozialplan zur Verfügung stellen wolle. Zuvor soll sie sogar nur 25.000 Euro angeboten haben. Der Unmut der Beschäftigten sei auf der Versammlung sehr deutlich geworden, berichten Beteiligte.

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Die aktuell im Raum stehende Summe „ist lächerlich“, schimpft der Betriebsratsvorsitzende Klaus Zimmermann und spricht von einem „Schlag mitten ins Gesicht“ der Beschäftigten. Er rechnet vor: Wenn es bei den 750.000 Euro bliebe, dann bekäme jeder Mitarbeitende keine 1400 Euro Abfindung – das ist allerdings unabhängig von einem Interessenausgleich gerechnet. „Das wäre noch nicht mal ein Bruttomonatslohn“, betont Zimmermann.

Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien schon 2019 dabei gewesen, als der Betrieb von DHL zu Fiege überging. Auf Zimmermanns Personalliste stehen 169 Leute, die sogar schon 20 Jahre und länger an der Hafenstraße arbeiten. Der Betriebsratschef, selbst 28 Jahr an Bord, erinnert zudem daran, dass auch die Beschäftigten im Lager wie die in den Warenhäusern in der Vergangenheit Gehaltsverzicht geübt hatten – weil sie hofften, so ihre Arbeitsplätze zu sichern.

Viele Fiege-Mitarbeiter mit langer Betriebszugehörigkeit

Bei dem Logistikzentrum an der Hafenstraße in Vogelheim handelt es sich um ein großes Modelager, von dem aus Galeria-Kaufhäuser beliefert werden. Im Zuge des laufenden Insolvenzverfahrens will Galeria jedoch Dutzende Warenhäuser schließen, unter anderem auch das im Limbecker Platz. Im Zuge dessen werden auch weniger Lagerkapazitäten gebraucht. In der Region soll daher nur das Logistikzentrum in Unna bestehen bleiben, das deutlich größer als das Essener ist.

Dass der Arbeitgeber nun aber noch nicht einmal bereit ist, einen „verkehrsüblichen“ Sozialplan abzuschließen, trifft auf völliges Unverständnis des Betriebsrates. Verkehrsüblich wären aus seiner Sicht mindestens ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Allein das würde sieben Millionen Euro kosten, sagt Zimmermann und zeigt damit auf, wie groß derzeit die Lücke zwischen beiden Positionen ist. Mit einer 24-monatigen Transfergesellschaft, höheren Abfindungen und weiteren sozialen Abfederungen, die Betriebsrat und Gewerkschaft Verdi fordern, würde ein Sozialplan sogar rund 15 Millionen Euro kosten.

Verdi startet Petition im Internet

Um Druck aufzubauen, hat Verdi-Sekretär Frank Indervort im Internet eine Petition gestartet. Dort heißt es: „Die Geschäftsleitungen der Galeria Karstadt Kaufhof und der Fiege Logistik entziehen sich ihrer Verantwortung. Langjährig Beschäftigte sollen bei der Schließung der Betriebe Essen, Kremmen und München mit Almosen abgespeist werden“. Das gelte es zu verhindern. Bis Dienstagmittag hatten knapp 700 Personen die Petition unterschrieben.

Außerdem planen Verdi und Betriebsrat am ersten Juni-Wochenende eine Protestaktion vor dem Stadion in Münster. Dort findet ein unternehmensinternes Fußballturnier von Fiege-Mitarbeitern statt. „Dafür ist Geld da“, wundert sich Zimmermann und ärgert sich zugleich: „Das Unternehmen stellt sich gern als eine Familie dar. Nun zeigt sich das wahre Gesicht, wie es mit Familienmitgliedern umgeht.“

Zu dem Konflikt in Essen gefragt, teilte eine Sprecherin von Fiege lediglich mit: „Zu laufenden Verhandlungen äußern wir uns nicht.“

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