Essen. Stefan Haver ist Autor und Mitglied in Essens traditionsreichstem Golfclub. Sein Buch „Landsberg“ erzählt von Konkurrenzkämpfen abseits des Grüns
Wenn auf den allerersten Seiten des Romans von Franken und Sachsen, von Welfen und Staufern die Rede ist, dürfte dem geneigten Leser schnell klar werden, dass er kein ganz gewöhnliches Golf-Buch in der Hand hält. Jedenfalls keines, mit dem man seinen Abschlag verlängert, sein Handicap verbessert oder die golffreie Zeit einfach mit ein bisschen Fachsimpelei überspielt. Handelsübliche Golfbücher handeln vom kurzen Weg zum guten Golf oder zur Platzreife. Stefan Havers Buch handelt von Menschen, die den Umgang mit ihrem 8er-Eisen ebenso gekonnt beherrschen wie die Raffinessen des gesellschaftlichen Strippenziehens. Und deshalb ist „Landsberg“ eben kein normales Golf-Buch, sondern ein Gesellschaftsroman mit satirischen Spitzen und viel gepflegtem Grün drumrum.
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Haver, studierter Kommunikations- und Politikwissenschaftler mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich Unternehmenskommunikation, weiß wovon er schreibt. Seit 20 Jahren spielt er Golf, sein Handicap liegt bei 16,5. Und dass sein Buch in gewisser Weise auch eine Innenansicht aus dem noblen Essener Golfclub Haus Oefte ist, lässt sich unschwer herauslesen. Selbst wenn das Buch den Namen einer nicht minder feudalen Adresse im Essener Süden trägt: Landsberg.
Der Roman hat bei einigen Club-Mitgliedern auch für leichte Nervosität gesorgt
„Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und realen Handlungen sind rein zufällig“, heißt es sonst im Film-Abspann. Auch Havers Buch will kein Enthüllungsroman über die Schrullen und Eitelkeiten der Essener Upper-Class sein. „Sonst könnte ich hier wohl auch nicht mehr antreten“, lächelt Haver, der am Sonntag (14. Mai) in Haus Oefte sogar öffentlich aus seinem Roman lesen wird. Eine gewisse Nervosität habe sich aber doch breit gemacht, nachdem seine Buchpläne im Club bekannt geworden seien, berichtet der Autor. Die Frage „Komm ich auch drin vor?“ hat er jedenfalls nicht nur einmal gehört.
Haver ist aber kein Whistleblower im Glencheck-Sacko. Was ihn beim Schreiben aber vor allem interessiert habe, sei „der Verein als Mikrokosmos“. Im Grunde, glaubt der 54-Jährige, seien die Rivalitäten und Reibungen zwischen Driving Range und Green auch nicht sehr viel anders als auf dem Tennisplatz oder im Skatverein. „Würde ich Fußball spielen, hätte ich eben das Stadion als Bühne genommen.“
„Wenn ich Fußball spielen würde, hätte ich das Stadion als Bühne genommen“
Die Probleme, die die Leute in seinem „Landsberg“-Roman beschäftigen, dürften jedenfalls auch manchem anderen Vereinsvorstand nicht ganz fremd sein. „Wie öffnet man sich für neue Mitglieder? Wer kümmert sich um die Nachwuchsarbeit? Und wie kriegt man einen Club auf Breitensport-Kurs, dessen elitäres Image so eng mit dem Ort verankert zu sein scheint wie die jahrhundertealten Schlossmauern. Die Frage, „wie man sich für die Zukunft aufstellt, ohne Traditionen zu verraten“, sei aber nicht nur eine Frage von Geld und Eliten, findet Haver.
In „Landsberg“ kommt es dann ja auch ziemlich dicke. Der früher so wohlhabende Club ist nicht mehr ganz so liquide wie einst, die Anlage befindet sich im Sanierungsstau, der betagte Schloss-Eigentümer will das Anwesen verkaufen. Und zu allem Übel werben die Erzrivalen vom benachbarten Golf-Verein Hefel nicht nur mit Eins-a Fairways und Bilderbuch-Greens. Landsberg muss etwas tun. So ist das Halloween-Turnier für die Jugend irgendwann nur der Anfang eines Kurs- und Generationenwechsels, bei dem so manche Gepflogenheit auf der Strecke bleibt. Und irgendwann stirbt auch noch ein Mensch.
Roman erzählt von den zeitlosen Mechanismen menschlichen Machtstrebens
Auf knapp 200 Seiten erzählt Haver in seinem personell reich ausgestatteten Roman nicht nur von den Mechanismen menschlichen Machtstrebens, dem Feinde-Umarmen und Konkurrenten-Wegloben. Auch Kunst und Musik haben ihren Platz im Romandebüt von Stefan Haver, der in den vergangenen Jahren auch schon als Soundtüftler in Erscheinung getreten ist. Das Schreiben und das Golfen wird er beibehalten, beides habe seinen Reiz, so Haver. Während die Herausforderung des Golfspielen darin liege, „Zufälligkeiten auszuschalten“, habe man beim Schreiben den Vorteil, „alles kontrollieren zu können“.
„Landsberg“ ist im Klartext-Verlag erschienen, 200 Seiten, 16.95 Euro, ISBN: 978-3-8375-2544-1