Essen. Seitdem Nachbarstädte in mehr Sicherheit und Ordnung investieren, wird die Bewerberlage aus Sicht des Essener Ordnungsamts deutlich schwächer.

Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) der Stadt Essen hat Konkurrenz bekommen: Seitdem auch Nachbarstädte wie Gelsenkirchen, Mülheim oder Duisburg spürbar mehr in Sicherheit und Ordnung investieren, wird der Wettbewerb um geeignetes Personal härter. Zwar werden acht weitere Nachwuchskräfte, die derzeit in Ausbildung sind, den aktuell 52-köpfigen Streifendienst ab Herbst verstärken und so die Abgänge derjenigen kompensieren, „die in den Aufstieg innerhalb der Stadtverwaltung gehen“, sagt Ordnungsdezernent Christian Kromberg. Jedoch sei spürbar, dass die Bewerberlage „deutlich schwächer“ sei.

Zumal die Anforderungen im täglichen Dienst hoch und die Kräfte handverlesen seien. Schließlich kann man nicht jeden auf die Straße schicken, um 2787 Bestreifungen allein im vergangenen Jahr im Zweischichtbetrieb absolvieren zu lassen, um rund 500 Verwarngelder zu kassieren und 447 Ordnungswidrigkeiten anzuzeigen, wie aus einem aktuellen Bericht des Ordnungsamtes hervorgeht.

Clan-Einsätze und Gaststätten-Kontrollen

Dazu kamen weitere 13.351 Fälle, die die 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ermittlungsdienstes zusätzlich abwickelten – darunter allwöchentliche Kontrollen im Rahmen der BAO-Clan, Hygiene- oder Gaststätten-Überprüfungen oder auch Schulzuführungen. Derzeit sind die Kräfte noch auf drei unterschiedliche Standorte verteilt, voraussichtlich zur Mitte des Jahres soll die neue Stadtwache in der Ellernstraße bezogen werden.

In die Erfolgsspur gefunden hat offenbar ein in NRW einzigartiges Kooperationsmodell zwischen Stadt und Polizei in Gestalt von acht sogenannten Besonderen Verbindungskräften. Die BVKler stellen seit Dezember sicher, dass das Ordnungsamt in der Woche bis 2 Uhr und am Wochenende bis 3 Uhr erreichbar ist, um die Beamten der Landesbehörde von klassischen Beschwerdelagen zu entlasten. Dazu zählen zum Beispiel Störungen, die keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Die zu ahnden liegt eigentlich in der Zuständigkeit der Kommune, was in der Vergangenheit aber in der Regel die Polizei erledigt hat.

Die Polizei um mehrere Hundert Einsätze entlastet

Um wie viel Arbeit es dabei tatsächlich geht, zeigt eine erste Bilanz der noch jungen Zusammenarbeit, die die Behörde an der Büscherstraße jetzt gezogen hat: „Seit Jahresbeginn entlasteten die städtischen Mitarbeiter die Kollegen des Wachdienstes um 661 Einsätze“, berichtet Polizeisprecher Pascal Pettinato. Von insgesamt 1380 Ruhestörungen im ersten Quartal übernahmen sie 417, was einem Anteil von knapp 30 Prozent entspreche. Auch von den 1104 in dieser Zeit gemeldeten Verkehrsbehinderungen konnten 206 durch die BVKler abgearbeitet werden.

Täglich ab 22 Uhr vergibt die Leitstelle des Präsidiums Einsätze an die kommunalen Kräfte. Die Polizei stehe aber jederzeit zur Unterstützung bereit, wenn eine Lage aus dem Ruder zu laufen droht. Wie am 4. Februar, als ein Einsatz wegen einer Ruhestörung an der Helbingstraße eskalierte oder auch am 21. März: Als die städtischen Mitarbeiter bereits auf dem Weg zu einer Verkehrsbehinderung in Steele waren, entwickelte sich aus dem ursprünglichen Delikt eine handfeste Schlägerei. Die Leitstelle hielt die BVKler zurück, um sie zu schützen, und die Polizei übernahm den Fall.

Über 11.000 Ruhestörungen in einem Jahr

Der Einsatz an der Helbingstraße war eine von über 11.000 Ruhestörungen, die im vergangenen Jahr allein in Essen bei den Ordnungshütern aufschlugen – das sind rein rechnerisch rund 30 jeden Tag, wobei die Zahlen vor allen an Wochenenden deutlich darüber liegen und in den Sommermonaten des vergangenen Jahres mit Abstand am höchsten waren. Im August gab es mit 1660 die meisten Beschwerden über zu viel Lärm, also fast drei Mal so viele wie etwa im Januar dieses Jahres.