Essen. Noch sind die Handwerker im Haus, doch bis zum 19. Mai soll die frühere Schule an der Ellernstraße dem Ordnungsamt übergeben werden. Ein Besuch.

Geschlagene fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass die Stadt Essen beschlossen hat, eine heruntergekommene ehemalige Schule an der Ellernstraße in Altenessen-Süd zum Dienstsitz ihres Ordnungsamtes umfunktionieren zu wollen – mit ausreichend Platz für über 100 Beschäftigte auf rund 2600 Quadratmetern Nutzfläche, einer nagelneuen Leitstelle und einem schicken Bürgerbüro als künftige zentrale Auskunfts- und Servicestelle in allen ordnungsrechtlichen Fragen.

So wird der Empfangstresen des Bürgerbüros im Erdgeschoss aussehen.
So wird der Empfangstresen des Bürgerbüros im Erdgeschoss aussehen. © Dr. Schramm Michael Partner GmbH

Etwas über fünf Millionen Euro sollte das Vorhaben anfänglich kosten. Absehbar war da noch nicht, welch hohe Hürden genommen werden müssten. Neben der Corona-Pandemie mit krankheitsbedingter Personalknappheit und langen Materiallieferzeiten kamen während der Sanierungsphase so einige böse Überraschungen am Bau dazu, die das Projekt am Ende nicht nur um fast drei Millionen teurer machten, sondern auch ebenso deutlich verzögerten.

Doch inzwischen ist das Ziel trotz restlichem Bauschutt auf den Gängen in Sicht: Am 19. Mai soll die Stadtwache an ihre künftigen Nutzer übergeben werden. Anlass genug für einen Besuch in der alten neuen Liegenschaft und einen Rückblick auf die kuriosesten Entdeckungen in dem Gebäude aus dem Jahre 1911.

Die sanierte Backsteinfassade mit den farblich abgestimmten Fenstern und dem Haupteingang zur Stadtwache.
Die sanierte Backsteinfassade mit den farblich abgestimmten Fenstern und dem Haupteingang zur Stadtwache. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Freier Blick vom Dachgeschoss zum Rathaus

Es ist ein ansehnlicher Bau, der da an der Ellernstraße aus seinem Dornröschenschlaf erwachte – mit seiner restaurierten Backsteinfassade, den vielen Fenstern mit ihren farblich abgestimmten Rahmen und einem freien Blick bis zum Rathaus aus dem so hohen wie lichten Dachgeschoss, wo ein Besprechungsraum genauso seinen Platz finden wird wie die Stabstelle Sicherheitskoordination.

Auf den Ebenen darunter werden die neue Leitstelle des Kommunalen Ordnungsdienstes, der Bereitschafts- und Vollzugsdienst wie andere Abteilungen, 80 Spinde für Damen und Herren, ein Sozialtrakt samt Küche, Büros und rechts vom Foyer das barrierefreie Bürgerbüro untergebracht.

All das, was früher über diverse Amtsstuben verteilt war, wird damit an der Ellernstraße zu einer Einheit zusammengeführt. Für Ordnungsdezernent Christian Kromberg spricht daraus nicht weniger als „das neue Selbstbewusstsein des Ordnungsamtes als wichtige Säule der Sicherheit in der Stadt“. Das Haus mit seinen Arbeitsplätzen in großzügig bemessenen Räumen mit ihren hohen Decken sei auch als Signal der Stadt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verstehen, „wie wichtig ihr uns seid“, sagte Kromberg bei einem Ortstermin mit Ordnungsamtsleiter Jörg Stratenwerth und der Projektleiterin von der Immobilienwirtschaft der Stadt Essen.

Projektleiterin Jennifer Klocke, Ordnungsamtsleiter Jörg Stratenwerth und Ordnungsdezernent Christian Kromberg (v.re.) im Dachgeschoss, das durch aufgedoppelte Balken verstärkt werden musste.
Projektleiterin Jennifer Klocke, Ordnungsamtsleiter Jörg Stratenwerth und Ordnungsdezernent Christian Kromberg (v.re.) im Dachgeschoss, das durch aufgedoppelte Balken verstärkt werden musste. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Als die Konstruktionsdetails ans Licht kamen

Jennifer Klocke als Architektin kennt das Haus und seine Tücken wie wohl keine andere. Sie erinnert sich nur zu gut: Nachdem die Schadstoffsanierung im Herbst 2020 beendet und das Gebäude damit praktisch wieder in einen Rohbauzustand versetzt war, kamen die Konstruktionsdetails erstmals ans Licht. Oft waren es erschreckende Mängel, selten waren sie ein Grund für helle Freude.

„Da waren die kleinen Holzklötzchen, die entlang der Flure in allen Geschossen jeden halben Meter in die Wand eingesetzt waren“, erinnert sich Klocke – mit asbesthaltigem Mörtel und eingeschraubten Garderobenhaken, an die Kinder zu Schulzeiten ihre Jacken hängten. Nicht nur das Entfernen und Entsorgen der Schadstoffe, auch das Verschließen der Löcher kostete viel Zeit und nicht wenig Geld.

Die nächste schlechte Nachricht ließ nicht lange auf sich warten: Die über 100 Jahre alte Eisenbetondecken waren mit den heutigen Brandschutzbestimmungen nicht vereinbar. Die Sanierung dauerte zwei Monate. Währenddessen mussten – bis auf ein paar Durchbrüche – alle anderen Arbeiten ruhen.

Ein Blick ins Treppenhaus der ehemaligen Schule an der Ellernstraße. Das historische Treppengeländer bleibt erhalten.
Ein Blick ins Treppenhaus der ehemaligen Schule an der Ellernstraße. Das historische Treppengeländer bleibt erhalten. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Durchgesägte Traghölzer und unsanierte Brandschäden

Als die Dachkonstruktion verstärkt werden sollte, um die Wärmedämmung nach neuesten Anforderungen einbringen zu können, tauchten bei früheren Umbauten willkürlich durchgesägte Traghölzer und zudem unsanierte Brandschäden auf. Weil die Eindeckung zudem an einigen Stellen undicht war, hatten Nässe und Holzpilz der gesamten Konstruktion arg zugesetzt. Nach Beratung mit einem Sachverständigen erschien eine Sanierung dennoch möglich, tragende Balken wurden aufgedoppelt.

Bei der Reinigung der Fassade platzten schließlich auch noch Brüstungsfelder an der Wetterseite ab, weil die dahinterliegenden Stahlstürze von Rost zerfressen waren. All das waren nicht eingeplante Posten, für die immer wieder Aufträge vergeben werden mussten, was zusätzlich zu der Bauzeitverlängerung beitrug, weiß Jennifer Klocke, die betont, dass die Sanierung trotz aller Widrigkeiten billiger als ein Neubau war, und überzeugt ist: „Der Einzug des Ordnungsamtes wird bis Mitte 2023 abgeschlossen sein.“ Mit Sicherheit?