Essen. Der Islam-Friedhof am Hallo in Essen zählt längst zu den größten in Deutschland. Bis 2024 kommen mehrere Hundert Gräber hinzu. Das polarisiert.

Der islamische Teil des Hallo-Friedhofs im Essener Norden ist erneut Zankapfel der Kommunalpolitik. Stadtteilpolitiker im Bezirk Zollverein (Katernberg, Stoppenberg, Schonnebeck), die den „Beerdigungstourismus“ parteiübergreifend stoppen wollen, fühlen sich vom Rat und der Stadttochter Grün und Gruga übergangen und sogar getäuscht.

„Die große Freifläche wird gegen den Willen der Stadtteilpolitik für mehrere Hundert neue Gräber erschlossen“, empört sich Bezirksbürgermeister Michael Zühlke. Anstatt in enger Abstimmung mit den Bezirkspolitikern eine einvernehmliche Lösung zugunsten des Stadtteils zu suchen, schaffe man vollendete Tatsachen. Zühlke spricht Klartext und sagt: „Das ist fies.“

Hallo-Friedhof in Essen: Islamisches Bestattungsfeld eines der größten in Deutschland

Die Erweiterung des Islam-Friedhofs ist in vollem Gange: Die Wege zu den neuen Grabreihen sind bereits gepflastert.
Die Erweiterung des Islam-Friedhofs ist in vollem Gange: Die Wege zu den neuen Grabreihen sind bereits gepflastert. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Längst zählt das islamische Bestattungsfeld auf dem Hallo-Friedhof zu den größten seiner Art in der Republik. Es sind nicht nur Muslime aus Essen und den umliegenden Ruhrgebietsstädten, die hier ihre letzte Ruhestätte finden. Auch Glaubensbrüder und -schwestern aus ganz NRW und sogar darüber hinaus wollen hier beigesetzt werden.

Clans, Falschparker, Prügel: Hallo-Friedhof ist häufig Schauplatz von Querelen

Die Folge: Immer wieder ist der Hallo-Friedhof Schauplatz von Querelen. Handgreiflichkeiten und wüste Beschimpfungen sind an der Tagesordnung, es kommt regelmäßig zu Parkverstößen und Verkehrsbehinderungen. Notfalls müssen Polizisten und Kräfte des Kommunalen Ordnungsdienstes einschreiten, damit Beerdigungen nicht aus dem Ruder laufen. Bei Beisetzungen von Clan-Oberhäuptern strömen Trauergäste aus ganz Deutschland nach Essen. Trauriger Höhepunkt war die Prügel-Attacke libanesischer Clan-Mitglieder gegen den stellvertretenden Friedhofsleiter vor knapp zwei Jahren. Eine spektakuläre Entgleisung, die sogar den Landtag beschäftigte.

Zu Beerdigungen sogenannter Clan-Oberhäupter strömen Hunderte Trauergäste aus ganz Deutschland zum Hallo-Friedhof. Immer wieder laufen Trauerfeierlichkeiten aus dem Ruder. Einsatzkräfte von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst zeigen daher oft Präsenz.
Zu Beerdigungen sogenannter Clan-Oberhäupter strömen Hunderte Trauergäste aus ganz Deutschland zum Hallo-Friedhof. Immer wieder laufen Trauerfeierlichkeiten aus dem Ruder. Einsatzkräfte von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst zeigen daher oft Präsenz. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Der aktuelle Streit bezieht sich auf die Reservefläche auf dem Hochplateau im südlichen Teil innerhalb des eingezäunten Friedhofsbereichs. In der nächsten Ausbauphase sind dort nach Angaben des Bezirksbürgermeisters 550 Grabstellen geplant. Doch schon lange dringt die Politik im Bezirk Zollverein darauf, das muslimische Bestattungsfeld am besten gar nicht oder allenfalls nur sehr kontrolliert zu erweitern. Vor gut einem Jahr fasste die Bezirksvertretung (BV) VI – auf Antrag der CDU – daher den Beschluss, diese Reservefläche der Friedhofsnutzung zu entziehen und aufzuforsten. Die zweite Erweiterungsfläche – außerhalb des Zaunes - ist das vom Modellsportflugverein genutzte Areal direkt gegenüber.

Rudolf Vitzthum, CDU-Fraktionschef der BV VI, lehnt eine Erweiterung des Islam-Friedhofs am Hallo ebenfalls ab. Angebliche Ratschläge aus dem Rathaus in Richtung Stadtteilpolitiker, doch bitte sehr die Füße still zu halten, deutete er als beruhigendes Versprechen, dass sich in Sachen Erweiterung nichts tun werde. Doch dann stellte Grün und Gruga in der letzten BV-Sitzung vor den Osterferien hinter verschlossenen Türen dann doch Details der Erweiterung vor. „Da sind wir fast hinten rübergefallen“, berichtet Vitzthum.

CDU-Bezirkspolitiker ist sauer: „Es sind vollendete Tatsache geschaffen worden“

Außerhalb des eingezäunten Friedhofsbereichs gibt es eine Erweiterungsfläche, die seit jeher vom Modellflug-Klub genutzt wird. Dabei soll es bleiben, betont die Stadttochter Grün und Gruga.
Außerhalb des eingezäunten Friedhofsbereichs gibt es eine Erweiterungsfläche, die seit jeher vom Modellflug-Klub genutzt wird. Dabei soll es bleiben, betont die Stadttochter Grün und Gruga. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Mehr noch: Auf der Reservefläche seien auf Veranlassung der Stadttochter Grün und Gruga längst gepflasterte Wege angelegt worden, die zu fertigen Grabfeldern führen. Einer Nutzung der Gräber stehe also nichts mehr im Wege. „Etwa zwei Drittel sind schon hergerichtet, man hat vollendete Tatsachen geschaffen“, ärgert sich Vitzthum.

Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigt Grün und Gruga: „Das muslimische Gräberfeld auf dem Friedhof am Hallo wird innerhalb der vorhandenen Friedhofsgrenze, also innerhalb des vorhandenen Zauns, in den Jahren 2023/24 weiter ausgebaut.“

Das islamische Bestattungsfeld am Hallo-Friedhof wird von Muslimen aus Essen und weit darüber hinaus genutzt. Es zählt zu den größten seiner Art in Deutschland.
Das islamische Bestattungsfeld am Hallo-Friedhof wird von Muslimen aus Essen und weit darüber hinaus genutzt. Es zählt zu den größten seiner Art in Deutschland. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Gleichzeitig präzisiert der Stadtbetrieb: „Eine Erweiterung des muslimischen Gräberfeldes auf die angrenzende Modellflugplatzfläche ist nicht geplant.“ Eine Aussage, von der Bezirksbürgermeister Zühlke nicht viel hält. „Wir trauen den Versprechungen von Grün und Gruga nicht mehr.“ Der SPD-Politiker verlangt daher anstelle mündlicher Absichtserklärungen die schriftliche Bestätigung, dass der Modellflugplatz dauerhaft der Friedhofsnutzung entzogen werde.

Anderswo in Essen schrumpfen kommunale Friedhöfe. Wo zurückgebaut wird, entstehen kleine Parks mit einer Art „Kern-Friedhof“ mittendrin. Auf dem Hallo-Friedhof hingegen passiere das exakte Gegenteil, ärgert sich Zühlke. Es sei offensichtlich, dass Grün und Gruga auf dem islamischen Bestattungsfeld des Hallo-Friedhofs Geld verdienen möchte. Der Hallo-Friedhof, so heißt es, sei der einzige in der Stadt, der schwarze Zahlen schreibe. „Dagegen habe ich nichts“, fügt der Bezirksbürgermeister hinzu, „aber es darf nicht einseitig zulasten eines einzigen Stadtteils gehen.“

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