Essen. Vier Tage nach der folgenschweren Sprengung eines Blindgängers haben die Bewohner des beschädigten Hauses persönliche Dinge herausgeholt.
Vier Tage nach der folgenschweren Sprengung eines Bomben-Blindgängers in der Werrastraße im Essener Stadtteil Bergerhausen haben Bewohner eines der gesperrten Häuser erneut persönliche Gegenstände aus dem Gebäude holen können. Bei der kontrollierten Explosion der Bombe am Montag Abend hatte die Druckwelle zwei Häuser so stark beschädigt, dass die Gebäude derzeit nicht mehr betreten werden dürfen. Betroffen sind rund 20 Männer und Frauen.
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Unsere Redaktion erhielt bei dem Termin, den das Ordnungsamt für die Betroffenen anberaumt hatte, erstmals Einblick in die Innenräume des stark beschädigten Gebäudes an der Werrastraße 52. Der rote Klinkerbau von 1986 besteht aus zehn Eigentumswohnungen.
Heidi Bischof, die im Erdgeschoss wohnt und vor deren Wohnzimmer sozusagen direkt die Bombe explodiert ist, steht vor den Scherben ihres Glastisches. „Und was ist, wenn sie das ganze Haus jetzt abreißen müssen?“, fragt die 75-Jährige verzweifelt. „Ich hatte eigentlich vor, hier in dieser Wohnung meinen Lebensabend zu verbringen. So schnell findet man doch was Vergleichbares gar nicht!“ Zehn Jahre wohnt Heidi Bischof jetzt hier, „und ich möchte hier gerne wohnen bleiben.“
Risse in den Wänden im ganzen Haus
Die Detonation des Blindgängers entfachte eine unterirdische Druckwelle, die die Fensterbank ihres Wohnzimmers komplett zerstörte. Der Glastisch ist nur noch ein Scherbenhaufen, und die Risse in der Wand ziehen sich durch die ganze Wohnung, durch Wohnzimmer, Bad, Küche und Schlafzimmer bis zur Rückseite des Gebäudes.
Alle Bewohner fragen sich: Sind die Risse nur oberflächlich, oder ist das Mauerwerk komplett beschädigt? Der Sohn einer Bewohnerin berichtet, man habe ihnen mitgeteilt, dass es einen ganzen Monat dauere, bis ein Gutachter Näheres in Erfahrung bringen kann.
Die Risse im Mauerwerk sind im ganzen Haus zu sehen, nicht nur im Erdgeschoss – dort, wo der Druck womöglich am größten war. Nein, auch in den oberen Stockwerken ziehen sich Risse durch die Tapeten und Wandverkleidungen, von der Vorder- bis zur Rückseite des Hauses. Im Hausflur sind Teile des Rauputzes abgeplatzt, der Blick aufs bloße Mauerwerk liegt frei, blütenweißer Kalksandstein.
Lampen kamen von den Decken, Bilder fielen von den Wänden, Tassen kamen aus den Schränken
„Die Bausubstanz dieses Hauses ist gut und hat uns nie Ärger bereitet“, berichtet Bewohner Rolf Metz (72). Es habe nie Schimmel- oder andere Probleme gegeben, die aus mangelhafter Bauausführung resultieren. Die Schäden in seiner Wohnung sind – bis auf die Risse in der Oberfläche der Wände – vergleichsweise gering; in vielen Wohnungen sind die Lampen von den Decken gekommen, brachen Regale zusammen, flogen die Tassen und Gläser aus den Küchenschränken. „Wie nach einem Erdbeben, so stelle ich mir das vor“, sagt Rolf Metz, um einen Vergleich zu finden für das, was die Bewohner nach der Detonation hinter ihren Wohnungstüren wiederfanden.
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Die meisten der Betroffenen sind bei Verwandten untergekommen; manche wohnen bis auf unbestimmte Zeit und auf Kosten der Kommune in einem Hotel in der Innenstadt. Das Ordnungsamt hat für die kommenden Tage noch weitere Termine angekündigt, an denen die Menschen für kurze Zeit in ihre Privaträume zurückdürfen. An diesem Freitagnachmittag kommen sie mit leeren Reisetaschen und Koffern, gehen mit vollen Gepäckstücken wieder heraus. „Es ist zum Heulen“, sagt eine Frau Mitte 70 und wischt sich eine Träne aus dem Auge.
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