Essen. Nach der folgenschweren Bomben-Entschärfung in Bergerhausen hat die Bezirksregierung erstmals Stellung bezogen. Dennoch sind viele Fragen offen.
Am zweiten Tag nach dem Bomben-Debakel in Essen-Bergerhausen hat die für die Kampfmittelräumung zuständige Bezirksregierung in Düsseldorf am Mittwochnachmittag erstmals Stellung bezogen: „In Essen waren Schäden aufgrund des Fundorts und seiner Nähe zur umliegenden Bebauung unvermeidbar. Zur Sprengung vor Ort einer Bombe mit diesem Zündsystem gab es leider keine Alternative“, heißt es in einer Antwort auf eine entsprechende Anfrage dieser Zeitung.
Diese Einschätzung ist offenbar das Ergebnis einer „internen Nachbetrachtung“, die „nach jeder Entschärfung oder Sprengung durch das Team des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Rheinland im Expertenteam des Dezernats stattfindet“, betont die Aufsichtsbehörde.
Trotz dieser Antwort gibt es nach wie vor viele offene Fragen, aber auch eine erste gute Nachricht: Die Bewohner der nicht evakuierten Häuser an der Werrastraße, die seit der folgenschweren Zwangssprengung einer britischen Zweieinhalb-Zentner-Bombe von der Wasserversorgung abgeschnitten waren, sind seit Dienstagabend wieder am Netz.
Die Suche nach Lecks geht weiter
Wann auch das Gas für die Heizsysteme strömen wird, ist allerdings noch offen. Die Suche nach Lecks in den durch die massive Druckwelle mutmaßlich beschädigten Leitungen dauere an, sagte Ordnungsdezernent Christian Kromberg am Mittwochmorgen. Zeitnah soll es dazu einen Bericht geben. Wer in einer zu kalten Wohnung sitze, dem sei über den Kommunalen Ordnungsdienst angeboten worden, in ein Hotel umzuziehen, bis die Versorgung wiederhergestellt sei.
Viel länger gedulden müssen sich allerdings jene Anwohner, die nach der folgenschweren Detonation nicht in ihre aktuell als unbewohnbar erklärten und womöglich massiv beschädigten Häuser zurückkehren konnten. Die meisten sind ebenfalls in einem Hotel untergebracht. Im besten Fall dürfte es einen Monat, im schlechtesten aber auch zwei Monate dauern, bis alle Schäden erfasst, die Fachgutachten für unterschiedlichste Gewerke vorliegen und die städtische Bauordnung die jeweiligen Erkenntnisse bewertet hat, um am Ende zu entscheiden, was mit den demolierten Gebäuden passieren kann und soll.
Die Stadt hat Hilfe bei Wohnungssuche angeboten
Erst dann werden die Betroffenen Gewissheit haben, wer von ihnen an die Werrastraße zurückkehren kann, erst dann werden auch Bauarbeiter und Handwerker tätig werden können.
Es dürfte also keine leichte Entscheidung für die unverschuldet wohnungslos gewordenen Menschen sein, ob sie so lange abwarten wollen oder sich besser zeitnah für eine neue Bleibe entscheiden sollen. „Wir haben angeboten, über unser Netzwerk zu helfen, wenn Wohnraum gesucht wird“, versicherte Kromberg. Auf die Frage, wie lange die Stadt für die Hotelkosten aufkommen wird, sagte der Ordnungsdezernent: „Wir werden keinen vor die Tür setzen.“
Gleichwohl gelte es die Balance zu halten zwischen der zweifellos notwendigen Akut-Hilfe für die faktisch obdachlosen Betroffenen und den Ausgaben für eine Form von Unterbringung, die nach Einschätzung des städtischen Rechtsamts von den Versicherungen bezahlt werden müsste und nicht dauerhaft aus Steuergeldern. Dies, so die Meinung der Behörde, gehöre mit zur Schadensabwicklung der regulierenden Unternehmen. Bis geklärt ist, ob die das genauso sehen, werde die Stadt den weiteren Prozess begleiten, so Kromberg. Die Botschaft dahinter: Man will niemanden im Stich lassen, der unverschuldet in solch eine Situation geraten ist.
Den Weg der schnellstmöglichen Entschärfung gewählt
Aus Sicht des Ordnungsdezernenten, bei dem die Verantwortung für solche Einsätze liegt, der aber dennoch mangels Expertise für Explosionsstoffe dem Kampfmittelräumdienst schlicht vertrauen muss, zeigt die Erfahrung: In allen erinnerten Fällen, in denen in Essen eine Bombe mit einem mutmaßlich korrodierten, brandgefährlichen Langzeitzünder gefunden und wie im aktuellen Fall auch noch bewegt worden sei, habe man den Weg der schnellstmöglichen Entschärfung gewählt - um zu verhindern, dass es zu einer unkontrollierten Explosion kommt, deren Auswirkungen weitaus dramatischer gewesen wären.
Mehrfach schon war dies für die Sprengmeister bei Einsätzen in Essen ein Rennen gegen die Zeit mit zunächst unsicherem Ausgang, am Ende aber mit einem entscheidenden Unterschied: Keiner der Blindgänger mit solch tückischen chemisch-mechanischen Zündern wurde so nah an Häusern gesprengt wie das Exemplar von der Werrastraße.