Essen-Heisingen. Der Abriss des kleinen Fachwerkhäuschens in Essen-Heisingen wird kritisch diskutiert. Die Stadt beantwortet die Frage nach dem Grundstück.
„Die Leibzucht steht leer und verfällt zusehends.“ So hatten es Ortshistoriker noch in ihrem Kalender 2021 mit historischen Bauten aus Heisingen über das kleine Fachwerkhäuschen an der Heisinger Straße geschrieben. Da ahnten sie mitnichten, dass dieses Baudenkmal nicht mehr lange bestehen würde. Während manche Heisinger nun besorgt auf weitere denkmalgeschützte Bauten im Stadtteil blicken, spekulieren andere, was auf dem frei gewordenen Grundstück folgt. Eine Antwort der Stadt liegt vor, während die Debatte um den Umgang mit Baudenkmälern nicht abreißt.
Ob Heimatbücherei oder ein Ort für kleine Konzerte, die Mitglieder der Bürgerschaft und des Heisinger Heimatmuseums hätten durchaus Ideen für das winzige Haus gehabt, sagt Henner Höcker, der beiden Vereinen angehört und zudem der Vorsitzende der Heisinger Bürgerschaft ist. Derzeit aber ist er vor allem enttäuscht und kann es kaum fassen, da der Abriss aus seiner Sicht recht plötzlich kam. Er war gerade im Urlaub, als die Nachricht ihn erreichte, obwohl sich doch so viele Aktive um die Zukunft des Baudenkmals bemüht hätten. Dieses gehörte zum Buschkampkotten, es galt als der Teil, den die ältere Generation in der Familie bewohnten („Leibzucht“).
Das Baudenkmal in Essen-Heisingen wurde aus statischen Gründen abgerissen
Als Makler das kleine Gebäude zuletzt 2020 zum Kauf angeboten hatten, „da ließ sich für uns leider nicht herausfinden, wer es verkauft“, erinnert Henner Höcker sich. Der Kontakt zum Makler sei erfolglos geblieben, der zur Stadt und zur Denkmalbehörde ebenfalls. Dass ein Baudenkmal hat abgerissen werden dürfen, das hat die Stadt mit der Baufälligkeit begründet. Die Untere Denkmalbehörde habe den Abbruch angeordnet. Die Überprüfung fand laut Stadt statt, da die neuen Eigentümer einen Nutzungsantrag gestellt haben.
„Wir wussten, dass das Haus zu vergammelt gewesen ist, um es zu bewohnen“, sagt Henner Höcker realistisch zu dem Bau mit seinen 35 Quadratmetern auf dem rund 380 Quadratmeter großen Grundstück. Was die Mitglieder der Vereine aber hätten leisten können, wäre die Suche nach Sponsoren gewesen, um neuen Boden zu verlegen und das Haus von außen zu sanieren. Mit dem Kauf wäre es natürlich schwierig geworden, gesteht er, ein symbolischer Preis hätte durchaus helfen können, um den Bau für den Gemeinnutz zu erhalten.
Stattdessen ist das Häuschen nun verschwunden, geblieben ist großer Unmut. Überrumpelt fühlen sich die einen, intransparent finden andere das Vorgehen. „Es gab von Seiten der Stadt keine Information, das hätte man besser machen können“, formuliert Höcker, da doch die Verantwortlichen im Rathaus wüssten, wie sehr sich einige Heisinger um eine Zukunft des historischen Hauses bemüht hätten. Ein Hinweis auf den Abriss und die Gründe dafür, das wäre doch das Mindeste gewesen.
Das räumt nun auch offenbar die Stadt ein. „Trotz der Bemühungen der neuen Eigentümer, sich des Hauses anzunehmen, musste das einsturzgefährdete Gebäude leider abgebrochen werden. Der Substanzverlust war so groß, dass eine Sanierung einem Neubau gleichgekommen wäre“, klärt sie in einer Stellungnahme an die Politik auf. In Zukunft wolle man die Bezirksvertretung im Vorfeld informieren.
Das Türmchen, das kleine blaue Haus, die alte Mühle verschwanden aus Essen-Heisingen
Indes seien in Heisingen gleich zwei ortsprägnante Gebäude innerhalb nur eines Monats dem Erdboden gleichgemacht worden, denn am Wechselpfad sei der Büchterskotten abgerissen worden. Damit spricht Henner Höcker ein Thema an, das viele im Stadtteil bewegt: eine zunehmend dichte Bebauung und Folgen wie mangelnde Infrastruktur, fehlender Parkraum, Neubauten, die oftmals als kantig und gleichförmig beschrieben werden und für die mitunter alte Gebäude weichen müssen, die für viele zu ihrem Stadtteil gehören. Im Laufe der vergangenen Jahre waren das etwa die Gaststätte Türmchen, das kleine blaue Haus in der Ortsmitte oder die alte Mühle Bergmann.
„Die Leute hier sehen, dass der beschauliche Charakter ihres Stadtteils schwindet“, beschreibt Höcker ein Phänomen, das es immer schon gegeben habe. Jetzt aber sei es extrem, die Menschen empfänden den dörflichen Geist als bedroht, „da es nur noch einen kärglichen Rest des dörflichen Erbes gibt.“ Auf dieses schaut nicht nur er jetzt mit Sorge. Immerhin gebe es mit dem alten Rathaus und Haus Heisingen zwei weitere denkmalgeschützte Gebäude, die er das Heisinger Doppelherz nennt.
Essener werfen besorgten Blick auf das Haus Heisingen
Dabei bereite ihm das Rathaus keine schlaflosen Nächte („das steckt vom Dachfirst bis in den Keller voller Leben“), das Musikschule, Awo, Bücherei und Parteien nutzen. Genau darauf komme es an, diese Immobilien zu beleben. Anders sieht es jedoch hinter den alten Mauern von Haus Heisingen aus, einst Sommerresidenz der Äbte, ist dieses seit Generationen in Privateigentum. Einige Wohnungen darin seien vermietet, das Haupthaus jedoch stehe seit Jahren ungenutzt leer. „Wie es darin aussieht, das wissen wir nicht“, sagt Henner Höcker.
„Alle in Heisingen sind guten Willens, dieses Ensemble zu erhalten“, sagt er, da auf einer Fläche gegenüber nach einem Abriss (kein Baudenkmal) gerade neu gebaut wird. Nun steht Haus Heisingen aber eben unter Denkmalschutz. „Es sollte unbedingt Hilfe von Staat und Kommune angeboten und auch angenommen werden“, hofft Henner Höcker in dem Wissen, dass der Denkmalschutz das kleine Fachwerkhäuschen nicht hat retten können.
Dort steht nun ein Bauzaun um das Grundstück, auf das am 30. März die Bagger rollten. Jetzt antwortet die Stadt auf Nachfrage: „Für das Grundstück ist am 31. März ein Bauantrag für die Errichtung eines Einfamilienhauses eingegangen. Dieser befindet sich aktuell in Prüfung.“