Essen. Ehrenamtliche pflegen im Tierheim Essen regelmäßigen Kontakt zu Katzen – was Mensch und Tier guttut. Oft sprechen gute Gründe gegen eigene Tiere.

  • Ehrenamtliche unterstützen die Mitarbeiter des Essener Tierheims.
  • So kümmern sich Katzenstreichlerinnen regelmäßig um die Tiere.
  • Die Gründe, warum sie keine eigenen Tiere halten, sind vielfältig.

Den ganzen Tag im Katzenhaus zu sitzen, mit mehr oder weniger friedlichen Mitbewohnern – das kann nicht nur nervig, sondern auch ganz schön langweilig sein. Mal davon abgesehen, dass das ein oder andere Tier das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und körperlicher Nähe durchaus mit den Menschen teilt. Im Essener Tierheim gibt es deshalb Katzenstreichler und -streichlerinnen, die sich um liebebedürftige Vierbeiner kümmern.

Eine von ihnen ist Astrid Knaak. Die Rentnerin kommt seit über 26 Jahren ins Tierheim, kümmert sich ehrenamtlich um die Vierbeiner. Seit rund fünf Jahren engagiert sie sich vor allem für die Katzen. „Früher bin ich oft mit den Hunden spazieren gegangen, aber jetzt bin ich nicht mehr so gut zu Fuß“, erzählt die Seniorin, die keine eigene Familie hat. Sie war Grafikerin bei Karstadt und befindet sich seit 1996 im Ruhestand.

Katzenstreichler werden vom Team des Tierheims Essen betreut

„Als ich noch berufstätig war, hatte ich immer Vögel. Ich kümmere mich aber auch gern um die Tiere von Freunden und Nachbarn“, sagt sie. Ein eigenes Tier wolle sie nicht mehr haben. „Wer soll sich darum kümmern, wenn ich mal ins Krankenhaus muss?“ Einmal in der Woche stattet sie jetzt den Katzen und gelegentlich den Kleintieren im Tierheim Essen einen Besuch ab. „Früher war ich zwei- oder dreimal wöchentlich hier, habe zeitweise sogar die Näpfe gespült, Futter sortiert oder die Matten aus der Waschmaschine geholt. Aber jetzt will ich auch manchmal etwas anderes machen.“

Astrid Knaak schätzt nicht nur den Kontakt zu den Vierbeinern, sondern fühlt sich auch von den Mitarbeitern im Tierheim gut betreut. „Hier herrscht inzwischen ein lockerer, herzlicher Umgangston, man kann Fragen stellen. Die Mitarbeiter erzählen auch etwas über die einzelnen Tiere.“ Dass Lieblingstiere, besonders die sanften Katzen, plötzlich weg seien, mache sie schon traurig, es liege aber in der Natur der Sache: „Die Tiere sollen ja vermittelt werden. Manchmal lesen die Mitarbeiter Briefe der neuen Tierbesitzer vor oder zeigen Fotos von den Tieren im neuen Zuhause.“

Das Albert-Schweitzer-Tierheim an der Grillostraße 24 in Essen sucht dauernd ehrenamtliche Helferinnen und Helfer für verschiedene Aufgaben.
Das Albert-Schweitzer-Tierheim an der Grillostraße 24 in Essen sucht dauernd ehrenamtliche Helferinnen und Helfer für verschiedene Aufgaben. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Ihre Liebe zu Tieren entdeckte Astrid Knaak schon früh. Sie stammt ursprünglich aus Berlin, hatte dort Verwandte im ländlichen Umland. „Da bin ich viel mit Tieren in Kontakt gekommen.“ Im Tierheim kennt sie viele der Katzen beim Namen, genießt es, durch das weiche Fell zu streichen und ihr Schnurren zu spüren, wenn sie sich auf ihren Schoß legen. „Wenn sie sich zurückziehen, haben sie genug und ich gehe wieder.“

Auch Antje Seemann ist regelmäßig zu Gast im Katzenhaus des Albert-Schweitzer-Tierheims. Die 37-jährige Essenerin ist mit Katzen aufgewachsen. Sie arbeitet als Redakteurin für den WDR und SWR, pendelt zwischen Essen und Mainz. „Ich bin beruflich viel unterwegs, habe nicht viel Zeit und könnte einem eigenen Tier nicht gerecht werden. Eine Katze kann man ja nicht mal eben einpacken und mitnehmen“, sagt sie. Da sie trotzdem Kontakt zu Tieren haben möchte, ohne komplett die Verantwortung für sie zu übernehmen, hat sie sich auf einen Facebook-Aufruf des Tierheims als Katzenstreichlerin gemeldet.

Einige Tiere sind anfangs sehr schüchtern den Menschen gegenüber

Alle zwei Wochen ist sie jetzt für Mieze und Co. im ehrenamtlichen Einsatz. „Einige Katzen fremdeln, sind anfangs sehr schüchtern. Ich will sie nicht überfordern und warte einfach ab, bis die Tiere Vertrauen zu mir fassen“, beschreibt Antje Seemann ihre Herangehensweise. Gerade Tieren aus Sicherstellungen und schlechter Haltung müsse man mit viel Geduld begegnen. „Nicht jede Katze ist etwas für Anfänger“, weiß Antje Seemann und denkt dabei an Momo, den dreifarbigen Schildpatt-Kater, der sich nicht gerade als Kuscheltier präsentierte.

Nalia liegt gern mal auf den Schultern von Katzenstreichlerin Antje Seemann. Die noch junge Katze findet Menschen toll, verträgt sich aber nicht mit anderen Katzen und bewohnt deshalb ein Einzelzimmer.
Nalia liegt gern mal auf den Schultern von Katzenstreichlerin Antje Seemann. Die noch junge Katze findet Menschen toll, verträgt sich aber nicht mit anderen Katzen und bewohnt deshalb ein Einzelzimmer. © Antje Seemann

Die Essenerin füttert scheue Tiere mit Leckerchen an, erarbeitet sich so ihr Vertrauen. Am Ende sei die Katze der Boss: „Wenn sie nicht auf den Arm, auf den Schoß oder gar keinen Körperkontakt will, ist das auch okay. Ich dränge mich da nicht auf.“ So sei es zum Beispiel mit Jenny gelaufen, einer etwa 15 Jahre alten Katzendame, die nicht viel Besuch bekommen habe. Der habe sie einfach Zeitungsartikel vorgelesen, berichtet Antje Seemann, die nach eigener Einschätzung die Körpersprache von Katzen ganz gut deuten kann.

Im Tierheim gibt es aber auch ganz andere Kandidaten, die gern mal wie ein Papagei auf der Schulter sitzen oder es sich im Nacken bequem machen. Gerade die Vielfalt der tierischen Charaktere mache die Aufgabe als Katzenstreichlerin so interessant. „Jedes Tier hat seine Eigenarten, bevorzugt andere Spielzeuge oder Leckerchen.“

Antje Seemann ist seit Sommer 2022 dabei und hat es noch nicht bereut. Sie genieße den Kontakt zu den Tieren und unterstütze gern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tierheims, die sich aus Zeitmangel nicht jeder einzelnen Katze intensiv widmen könnten. „Die machen dort einfach eine tolle Arbeit.“

Auch Astrid Knaak mag Hauskatze Nalia, die ganz allein im Zimmer lebt.
Auch Astrid Knaak mag Hauskatze Nalia, die ganz allein im Zimmer lebt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Derzeit leben rund 30 Katzen im Tierheim an der Grillostraße, darunter einige trächtige, so dass sich die Zahl in absehbarer Zeit vergrößern wird. Seit die Tierarztkosten deutlich gestiegen seien, landeten wieder mehr Tiere in der Einrichtung, so Tierheim-Leiterin Jeanette Gudd. Die Katzenstreichlerinnen – fast ausschließlich Frauen – bekommen Termine für ihre Einsätze. Das habe sich während der Corona-Zeit bewährt.

Das Tierheim freut sich über weitere Ehrenamtliche

Die Mitarbeiter freuen sich über Hilfe – beim Streicheln, aber auch beim Säubern der Zimmer oder der Pflege der Tiere. Etwa 40 Leute packten gelegentlich mit an, zwölf davon regelmäßig. „Ein junger Mann kommt jeden Samstag um 7 Uhr zum Helfen vorbei“, sagt Jeanette Gudd. Für die kommenden vier Wochen seien Katzenkuscheltermine schon vergeben.

Weitere Katzenstreichler, gern auch jüngere Leute, sind trotzdem weiterhin willkommen und können sich per E-Mail unter melden.