Essen. Fünf Jahre lang wartete Pascha: Der Kangal-Mix, ein 48-Kilo-Brocken, kam 2017 ins Tierheim Essen. Nun hat er ein neues Zuhause für ihn gefunden.
„Riese mit Dackelblick“: So lautete die Beschreibung des Kangal-Labrador-Mischlings Pascha, die immerhin fünf Jahre lang im Internet auf der Seite des Tierheims Essen zu finden war. Genauso lange dauerte es, bis der Rüde ein neues Zuhause fand. Denn Pascha ist eben nicht nur ein stattlicher Hund, als Herdenschutzhund bringt er auch bestimmte Eigenschaften mit, die eine Vermittlung erschweren.
2017 kam Pascha (70 cm, 48 kg) an der Grillostraße an. „Zuvor hatte er den pubertierenden Sohn einige Male in die Ecke gedrängt“, sagt Tierheim-Leiterin Jeanette Gudd zu den Gründen für die Abgabe. Im Tierheim sei der Rüde zunächst sehr misstrauisch gewesen und habe niemanden an sich herangelassen. Situationen, die selbst für seine erfahrenen Pfleger und Pflegerinnen durchaus gefährlich werden können.
Um diese Hunde zu sozialisieren, um sie wieder vermitteln zu können, arbeiten sie intensiv mit ihnen – regelmäßig mit Maulkorb. Immerhin bringt ein ausgewachsener Kangal bei einer Größe von bis zu 85 Zentimetern zwischen 50 und 70 Kilogramm auf die Waage. Viele unterschätzen zudem, was für ein Charakter in einem Herdenschutzhund steckt.
Kangal Toni kam betäubt mit der Polizei ins Tierheim
Als niedlicher Welpe aus dem Urlaub mitgebracht, als junger Hund im Tierheim gelandet: Es ist ein Schicksal, das Vertreter dieser Rasse oft teilen, berichten Tierpflegerinnen aus dem Tierheim Essen immer wieder. Dann haben die Hunde zu Hause mitunter schon das Kommando übernommen und manchmal bereits Halter oder andere Menschen angegriffen. So gelang es der Polizei einst, Kangal Toni nur betäubt ins Tierheim zu bringen, wo vier Monate lang niemand in seine Nähe kam.
Ursprünglich stammen Kangals aus der Türkei, wo sie dafür gezüchtet wurden, um Tiere wie Schafe zu bewachen. Dabei arbeiten die Hunde selbstständig, treffen Entscheidungen. Eigenschaften, die ihnen bei dieser Aufgabe helfen, ihre Erziehung in einer Etagenwohnung einer Großstadt jedoch mehr als schwierig machen. Mangelt es an Erziehung, Auslauf, Beschäftigung, können nicht nur unerwünschte, sondern auch gefährliche Situationen die Folge sein.
Wenn Kangals hier gehalten würden, seien zumindest ein großer Hof oder ein entsprechendes Grundstück erforderlich. Als Ersatz für die Schafherde müssen Beschäftigungen wie das Fährten her. Darauf müssen die Zuständigen im Tierheim dann auch bei der Vermittlung achten und über die Voraussetzungen aufklären. Der Weg bis zum Auszug, den sie dann mit ihrer Erfahrung begleiten, um mit guten Gewissen und Gefühl zustimmen zu können, ist oft lang.
Mit diesem Jagdtrieb umzugehen, das trauen sich seine neuen Besitzer zu
„Pascha ist glücklicherweise sehr verfressen und so konnte man gut mit ihm arbeiten“, blickt Jeanette Gudd zurück. Gleichzeitig hatte er aber offenbar auch großen Appetit auf Eichhörnchen. Die jagte er genauso wie alles und jeden anderen – darunter fielen auch Fahrradfahrer.
Die Pfleger und Trainer gaben nicht auf und wussten, dass Kangals ihre Bezugsperson und einen engen Kreis Angehöriger durchaus akzeptieren können. Pascha lernte, an der Leine zu laufen und manche Grundkommandos, auch wenn er sich nicht immer willig zeigte, diese zu befolgen. „Zum Ende hin war er so gut erzogen, dass nur seine Erzfeinde, die Hörnchen, ein Problem waren“, sagt die Leiterin erleichtert. Dass Pascha dann vergangenes Jahr vermittelt werden konnte, das zählt im Vorjahr zu einem der schönen Momente im Essener Tierheim.
Mit diesem Jagdtrieb umzugehen, das trauen sich seine neuen Besitzer, ein Ehepaar aus Gelsenkirchen, nun zu. Sie leben in einer ruhigen Seitenstraße, haben einen Garten und gleich dahinter Grünflächen. Sie werden weiterhin konsequent mit dem Rüden umgehen müssen und wissen das auch. Denn Pascha ist inzwischen der dritte Hund, den sie aus dem Essener Tierheim haben. Die alle einte wiederum eines: Jeder galt als schwer vermittelbar.
Im Essener Tierheim warten nun noch fünf Kangals auf ein neues Zuhause.