Essen-Kettwig. Seit zwei Jahren leitet Dr. Özgül Agbaba das „Weincafé Cuvée“ im Herzen des Stadtteils Essen-Kettwig. Was ihre Liebe zu Tapas damit zu tun hat.
Nachtwächters Grotte, Froschkönig, Brunnencafé, Elsässer Win-stub, Kettwiger Weinstube und Weincafé Cuvée – in den vergangenen 15 Jahren hat das urige Lokal aus Bruchsteinen an der Ruhrstraße, das wohl im 13. Jahrhundert errichtet wurde und dessen Blickfang der innenliegende Brunnen ist, schon einige Namen gehabt. Seit zwei Jahren nun hat Özgül Agbaba dort den „Hut auf“, wie man so schön sagt.
Die Gastronomie ist allerdings ihr Hobby von Donnerstagabend bis Sonntag, hauptberuflich arbeitet sie in einer ganz anderen Branche: Die promovierte Chemikerin ist als Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut in Mülheim tätig. „Die alkoholische Gärung ist ja ein chemischer Prozess, also passt das doch ganz gut“, sagt Özgül Agbaba mit einem Augenzwinkern.
Gastfreundschaft gehört in ihrer Heimat Türkei zum Familienleben
Dennoch die Frage: Warum widmet sie sich in ihrer Freizeit dieser naturgemäß nicht ganz stressfreien Aufgabe, die sich auch noch hauptsächlich in den Abendstunden abspielt? Die 36-Jährige lächelt: „Es macht einfach viel Spaß!“ In ihrer Heimat der Türkei gehöre Gastfreundschaft zum Familienleben einfach dazu.
Als sie vor sechs Jahren als Doktorandin nach Deutschland kam, habe sie diese Tradition weiter gepflegt. Sehr oft bekoche sie Freunde in den eigenen vier Wänden. Warum also nicht die Liebe zu Tapas, mediterranen Speisen und Wein auch im größeren Kreis zelebrieren, habe sie sich gefragt, als ihr im Frühjahr 2021 bekannt wurde, dass es in der Weinstube eine Vakanz geben würde.
Ulrich Stiehler, Pfarrer im Ruhrstand, ist froh, dass aus der Kundin, die regelmäßig mit ihrem Freundeskreis und auch der Mutter aus Mülheim in die Gartenstadt kommt und in der Weinstube zu Besuch ist, nun eine Gastronomin wird. Im Mai 2021 übernimmt sie die Verantwortung, während sich Ulrich Stiehler in den Hintergrund zurückzieht.
2004 hatte dieser das Haus, das heute zum Historischen Pfad des Heimat- und Verkehrsvereins Kettwig gehört, vom damaligen Eigentümer Emil Deppe gekauft. Aus geschichtlichem Interesse, sagt der 80-Jährige. Denn das Doppelgewölbe ist das „wohl älteste Haus Kettwigs“. Innerhalb von drei Jahren stemmte er mit einem Freund zusammen die Restaurierung des Bruchsteinhauses, über dessen Geschichte zumindest bekannt ist, dass es im unteren Gewölbe eine Hufschmiede gab.
„Oben wohnte seine Familie“, erklärt Özgül Agbaba, die von dem alten Gemäuer ebenso fasziniert ist wie Ulrich Stiehler. Der Brunnen übe im Übrigen nicht nur auf die Gäste eine Faszination aus: „Manchmal kommen hier Schulkinder rein und wollen einfach mal runtergucken“. Selbstredend ist der tiefe Schacht mit einer Glasplatte geschützt.
Das älteste Haus Kettwigs hat zwei Adressen
Das ist aber nicht das einzig Kuriose: Auf den reinen Steinbau mit den zwei Gewölben wurde, nachdem das Satteldach entfernt worden war, Mitte des 17. Jahrhunderts ein Fachwerkhaus aufgesetzt – das hat übrigens heute die Adresse Kirchtreppe 6.
Feier zum Jubiläum
Das Jubiläum der Gaststätte in dem historischen Gebäude Ruhrstraße 60 wird gefeiert: am Samstag, 15. April, ab 14 Uhr mit Musik, Speis’ und Trank.
Geplant sind zwei Ansprachen: Die Begrüßung durch die Pächterin und einige Worte von Eigentümer Ulrich Stiehler zur Entstehungsgeschichte des Hauses und der Gastronomie. Es gibt einen Rückblick auf die zurückliegenden 15 Betriebsjahre.
Über die Geschichte des Hauses erzählt Ulrich Stiehler regelmäßig einmal im Monat in trauter Runde. Dazu führt der Eigentümer die Gruppe historisch interessierter Leute auch noch zu den Kirchen in der Kettwiger Altstadt. Özgül Agbaba: „Am Ende klingt alles hier in der Weinstube bei ein paar Tapas aus.“
Auch der Kettwiger Literaturkreis hat sich nach einer Corona-Pause wieder eingefunden: In oberen Etage, erreichbar über eine steile Steintreppe, wird allmonatlich über Bücher gesprochen. Dazu passt es, dass Özgül Agbaba dort eine kleine Leihbibliothek eingerichtet hat. „Die funktioniert sehr gut. Die Gäste leihen sich etwas aus und bringen es beim nächsten Besuch wieder mit.“
Die Gastronomie im ältesten Wohngebäude von Kettwig wurde im April 2008 unter dem Namen Nachtwächters Grotte eröffnet. Ein Anlass zum Feiern, finden Ulrich Stiehler und Özgül Agbaba. Am Samstag, 15. April, ist deshalb ein kleines Programm geplant.