Essen. Größer und moderner sollte der neue Taubenschlag des Stadttauben-Vereins in Essen-Borbeck werden. Doch nun wurde das Projekt plötzlich gestoppt.
Die Vorfreude beim Stadttauben-Verein auf den neuen Taubenschlag in der Mitte von Essen-Borbeck war groß, doch nun steht das Projekt am geplanten Standort überraschend vor dem Aus: Es gibt massive Vorbehalte in der unmittelbaren Nachbarschaft und über einen Anwalt sind bereits rechtliche Schritte angedroht worden. Insbesondere wegen eines Kindergartens an der Marktstraße direkt neben dem geplanten Standort sind massive Bedenken vorgebracht worden. Man sorge sich um das Wohl der Kinder, heißt es.
Bezirksbürgermeisterin appelliert: „Wir suchen Vorschläge für Alternativ-Standort“
Nun soll mit vereinten Kräften nach einem Alternativstandort für den Taubenschlag gesucht werden. „Wir sind für Vorschläge dankbar“, sagt Bezirksbürgermeisterin Margarete Roderig.
Eigentlich war der Umzug des Stadttauben-Vereins schon in trockenen Tüchern. Die Taubenschützer wollten den alten Standort im leerstehenden Karstadt-Parkhaus aufgeben und nur wenige Hundert Meter weiter zum ungenutzten Contilia-Parkhaus an der Markt-/Kraft-/Otto-Brenner-Straße umziehen. Dort, so der Plan, sollte auf dem obersten Parkdeck ein moderner umgebauter Überseecontainer aufgestellt werden. Der alte Standort an der Rechtstraße muss über kurz oder lang aufgegeben werden, weil ein Wohnungsunternehmen das alte Karstadt-Parkhaus gegenüber von Kaufland abreißen und durch Wohngebäude ersetzen möchte.
Kita neben Taubenschlag: Angst vor Taubenkot und möglichen Gesundheitsgefahren
Der Stadttauben-Verein hatte zwei maßgebliche Partner für sein Projekt gewinnen können: die Bezirksvertretung mit Bürgermeisterin Margarete Roderig an der Spitze wie auch die Contilia-Krankenhausgesellschaft (Philippusstift) als Eigentümerin des Parkhauses an der Kraft-/Markstraße. Letztere war bereit, den Taubenschützern kostenlos Strom und Wasser für den Taubenschlag zur Verfügung zu stellen. Die Bezirksvertretung wiederum hatte einen Zuschuss von 25.000 Euro bewilligt, um den zum Taubenschlag umgebauten Überseecontainer anschaffen zu können. Der Taubenschlag ist längst angeliefert worden und hätte bereits in der ersten Januar-Hälfte aufs Parkhaus-Deck gehoben werden sollen.
Doch der Umzug scheiterte quasi in letzter Sekunde. Denn in der Zwischenzeit formierte sich im Quartier Widerstand gegen das Stadttauben-Projekt. Es ist die Angst vor Taubenkot und möglichen Gesundheitsgefahren.
„Wir halten das Taubenprojekt für sehr sinnvoll und haben es deshalb gerne unterstützt“, sagte eine Contilia-Sprecherin am Freitag. Sie bestätigt, dass eine Unterlassungserklärung vorliege. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, werde der Taubenschlag nun nicht mehr aufs Parkhaus-Deck gesetzt. „Es tut uns wirklich leid, wir hätten das Projekt gerne verwirklicht“, fügt sie hinzu.
Taubenschützer nehmen Eier aus dem Nest und tauschen es gegen Gipseier
Die Taubenschützer schätzen die Zahl der heimatlosen Tauben in der Borbecker Mitte auf rund 600. Dafür reicht die Kapazität im Karstadt-Parkhaus aber bei weitem nicht aus. Es bietet allenfalls Platz für höchstens 200 Tauben. Trotzdem fliegen mehrere Hundert Tauben das alte Karstadt-Parkhaus an, denn hier warten gutes Taubenfutter und frisches Trinkwasser auf sie.
Der gute Nebeneffekt: Das Borbecker Ortsbild sieht durch das nachhaltige ehrenamtliche Engagement des Stadttauben-Vereins viel gepflegter aus. Gleichzeitig verkleinern die Taubenfreunde die Tauben-Population, indem sie brütenden Weibchen die echten Eier wegnehmen und durch Gipseier ersetzen.
Wie lange der Taubenschlag noch im alten Karstadt-Parkhaus bleiben kann, ist eine Frage der Zeit. Macht der Eigentümer von der bereits erteilten Abrissgenehmigung kurzfristig Gebrauch, stünde der Stadttaubenverein buchstäblich auf der Straße. Hinzu käme: Die Tauben, die jetzt einen sicheren Platz haben, wären dann auf einen Schlag vollends heimatlos.
Bezirksbürgermeisterin Margarete Roderig hält trotz des Rückschlags im Contilia-Parkhaus an der Fortführung des Stadttauben-Projekts in Borbeck fest. Sie wirbt nun dafür, so schnell wie möglich einen Ersatz-Standort im Stadtteil zu finden. Die Bürgerschaft sei aufgerufen mit zu suchen. „Schicken Sie gute Vorschläge an die Bezirksvertretung“, appelliert Roderig.