Essen. Bei den großen Publikumsmessen hat sich zuletzt gezeigt, wie sehr der Messe-Verkehr in Essen Staus produziert. Was Verbesserungen im Weg steht.
Den Messekalender muss man nicht genau im Kopf haben, um zu wissen, wann eine große Publikumsmesse im Gang ist. Ein Blick auf die Alfredstraße und die Norbertstraße genügt vollkommen. Bei den letzten Großveranstaltungen im Februar und März, der „Reise“ und der „Equitana“, staute sich der Anreiseverkehr aus Richtung Norden sogar bis an den Bismarckplatz am Rand der Innenstadt – mit Folgen auch für die Stadtbewohner, gerade in Rüttenscheid. Ist das einfach nicht zu ändern? Oder tut die Messe nicht genug, um die Verkehrsströme zügig und möglichst konfliktfrei zu lenken?
Messe Essen betont: Wir beobachten die Verkehrslage genau
Messe-Sprecher Tom Kraayvanger betont, man leiste viel, um die Abwicklung so reibungslos wie möglich zu machen. „Wir erstellen für jede unserer Veranstaltungen im Vorfeld ein Verkehrskonzept, in das auch die Erfahrungen aus der Vergangenheit einfließen“, heißt es auf Anfrage. Während der Laufzeit einer Messe beobachte man den Verkehr permanent mit Hilfe von Echtzeitdaten aus Online-Kartendiensten und dem Personal an den Straßen.
„Bei großen Publikumsmessen haben wir zusätzlich einen externen Verkehrsdienstleister im Einsatz“, so Kraayvanger. Sobald es Anzeichen eines erhöhten Verkehrsaufkommens gäbe, leite man Besucher beispielsweise auf den Parkplatz P10 am Flughafen Essen-Mülheim um. „Dorthin leiten wir auch die Besucher, die über die Autobahn A 52 aus Richtung Düsseldorf anreisen, und verringern so spürbar den Verkehrsdruck im Nahbereich“, heißt es. Auf der A 52 wiesen LED-Tafeln die Messe-Gäste darauf hin, bereits an der Ausfahrt Essen-Kettwig abzufahren.
Ob die Besucher dem auch folgen, kann die Messe allerdings nur bedingt beeinflussen, denn das entfernte Parken bedeutet auch, dass man einen Shuttle-Bus zum Ausstellungsgelände und zurück nutzen muss. Nicht jeder hat darauf Lust, zumal der Shuttle oft in drangvoller Enge stattfindet. Deshalb versuchen viele trotzdem ihr Glück, auf einem der messenahen Parkplätze oder auch in den Rüttenscheider Wohngebieten einen Stellplatz zu ergattern.
Messe-Schrankenwärter öffnen Anwohnerstraßen oft zu bereitwillig
Und manchmal gelingt das auch. Denn trotz Absperrungen der Wohngebiete ist der Ehrgeiz der Schrankenwärter zumeist gering, Anwohner möglichst eindeutig als solche zu identifizieren. Manchmal gilt schon der Griff in die Jackentasche, um vermeintlich den Ausweis zu zücken, als glaubwürdig genug – schon öffnen sich auch für Autos mit auswärtigen Kennzeichen die Schranken und sie gelangen ohne weitere Kontrollen auf die für Anwohner vorgesehenen Stellplätze. Solche Erfahrungen erhöhen vermutlich nicht die Neigung, weit entfernte Parkplätze zu nutzen.
Doch wie man es auch dreht und wendet: Auf der Alfredstraße, die nun mal eine der Hauptachsen für den Besucherverkehr ist, lassen sich laut Messe-Sprecher Kraayvanger „Staus bei den großen Publikumsmessen leider nicht in Gänze vermeiden“. Das gelte vor allem vormittags an den Wochenenden, wenn viele Besucher gleichzeitig anreisen und in die Hallen wollen. Die Staus seien aber temporär und lösten sich „in der Regel relativ schnell wieder auf“, so Kraayvanger. Bei der Equitana gebe es zudem die besondere Situation, dass Teile des messenahen Parkraums vollständig durch Stallungen und die Fahrzeuge der Aussteller belegt sind. Wegen der speziellen logistischen Anforderungen sei das nicht zu ändern.
Auch Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid, sieht die Verkehrsprobleme, die unzweifelhaft in Essen und vor allem im Stadtteil durch die Messe entstehen, wirbt aber dennoch für eine gewisse Gelassenheit. „Die Messe ist jetzt seit über 100 Jahren in Rüttenscheid, und unterm Strich überwiegt klar das Positive.“
IGR: Messe leistet einiges für Rüttenscheid, es überwiegen klar die Vorteile
Krane zufolge leisten die Besucher der Messe einiges, um die Vielfalt an Gastronomien und teilweise auch des Einzelhandels zu erhalten. „Von den Rüttenscheidern alleine könnten diese Unternehmen nicht leben.“ Nicht zu unterschätzen seien auch die allgemeine Stärkung des Wirtschaftsstandorts und Image-Faktoren wie Internationalität, die die Messe befördere. Gleichwohl müsse die Messegesellschaft alles unternehmen, um die negativen Folgen beim Stadtverkehr so gering wie möglich zu halten.
Messe und Stadtverkehr – seit die Massenmotorisierung in den 1960er Jahren einsetzte, ist das ein Dauerthema. Während in vielen anderen Messe-Städten irgendwann die Entscheidung fiel, an den jeweiligen Stadträndern einen baulichen Neuanfang zu machen und so die Innenstädte auch verkehrlich zu entlasten, blieben in Essen die Ausstellungshallen aus vielen Gründen am einmal gewählten zentralen Ort. Mit den Folgen müssen die Stadtbewohner nun anscheinend klarkommen, solange der Individualverkehr bei den Messe-Besuchern überwiegt.