Essen. . Nach 18 Monaten Bauzeit eröffnet die Messe Essen ihr lichtdurchflutetes Foyer neben der Grugahalle. Gläserner Neubau bleibt im Kostenrahmen.
- NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart unterstreicht Bedeutung der Messe für die Stadt
- Bürger bekommen mit dem Foyer den ersten Teil der neuen Messe zu sehen
- Lichtdurchfluteter Neubau wird wie geplant fertig, Kosten bleiben im Rahmen
Die Zukunft der Messe strahlt hell, auch an einem trüben Tag wie diesem: 500 Glasplatten machen es möglich, eine jede 1,90 Meter hoch, vier Meter breit, 35 Millimeter dick und 350 Kilo schwer.
Streng genommen bilden sie nur einen schlichten Vorraum, das nagelneue Foyer des Essener Ausstellungsgeländes am Osteingang, das ansonsten in freundliches Weiß und helle Holzfarben getaucht ist.
NRW-Wirtschaftsminister: Messe ist „Essens Tor zur Welt“
Aber für die Messe-Macher und diese Stadt bedeutet dieser luftige Bau viel mehr als das: Er ist Essens „Tor zur Welt“, wie NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart sagt, hier rotiert der „Motor für die Wirtschaft“, wie Oberbürgermeister Thomas Kufen betont, und öffnet sich: als „führender Standort mittelgroßer nationaler und internationaler Fachveranstaltungen“, so wünscht es sich jedenfalls Messe-Chef Oliver P. Kuhrt.
500 geladene Gäste fühlten sich an diesem Dienstagmorgen augenscheinlich wohl in dem 2000 Quadratmeter großen eleganten Glaskasten mit seinem weit auskragenden Dach, das – Nahverkehrs-Nutzer werden es danken – auch den Weg bis zum U-Bahn-Abgang regenfest überspannt.
Neubau bleibt im Kostenrahmen
Und für eine einst tief gespaltene Bürgerschaft ist der schmucke filigrane Bau das erste, was sie von der „neuen“ Messe zu sehen bekommt.
So mancher wird vielleicht nie hinter die Fassade blicken, die der Messe schon nach der ersten, ausgesprochen komplexen Bauphase einen besseren Stand beschert: mit den neuen Kongress-Räumlichkeiten, dem Verwaltungstrakt und der ersten Hälfte der neuen Messehalle 6 mit direktem Blick in den Grugapark. All dies fristgerecht und im einst geplanten Kostenrahmen.
OB sieht Gegner von einst versöhnt
Dass die Stadt ihre „neue“ Messe ursprünglich großzügiger planen und üppiger hatte bauen wollen, für immerhin 123 Millionen Euro netto nämlich und dass sie daran von den eigenen Bürgern wenn auch knapp per Bürgerentscheid gehindert wurde – dieses politische Niederlage anno 2014 lässt an diesem Eröffnungs-Tag keiner der Festredner unerwähnt.
Aber es bleibt letztlich bei Fußnoten, oder wie OB Kufen es ausdrückt: Man habe „zuweilen hart darum gerungen“, aber inzwischen sei ja mit dem Projekt der Messe-Ertüchtigung „jeder versöhnt“. Tatsächlich hatte der unter anderem von Grünen und Linken gestützte Bürgerentscheid ja vor allem die Kosten im Blick. Am Ende landete man im Wege des Kompromisses bei einer neuen spürbar abgespeckten Zahl – rund 88 Millionen Euro – und einem neuen Zeitplan: Mit Rücksicht auf den Messe-Kalender wurde der Teilneubau zwar um ein Jahr hinausgezögert. Seither aber scheint das Projekt unumstritten.
>>Acht neue Messehallen bis Herbst 2019
Nein, es ist keine komplett „neue Messe“, die da entsteht, aber über eine bloße Renovierung geht das im Mai 2016 gestartete Vorhaben weit hinaus.
Aus bisher 18 teils kleinen und im ungeliebten Obergeschoss liegenden Messehallen entstehen bis Herbst 2019 acht neue, dazu ein großes Glas-Foyer und neue Kongress-Räumlichkeiten.
Das Vorhaben kostet 88 Millionen Euro – ein Kompromiss nach verlorenem Bürgerentscheid.
Pinkwart: Digitalisierung hebt Messegeschäft auf andere Stufe
Dass manch einer arge Zweifel hegt, ob es sich in Zeiten allgegenwärtiger Digitalisierung überhaupt noch lohnt, in klassische Messeplätze zu investieren, kann NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart einerseits durchaus verstehen. Doch er hält dagegen – und verweist auf die Zahlen landauf landab: „Je digitaler wir werden, desto mehr Messebesucher werden auf der anderen Seite registriert.“
Für ihn einleuchtend: Zum einen hebe die Digitalisierung auch das Messe-Geschäft auf eine neue Stufe, nie war es einfacher, den richtigen Anbieter zum richtigen Kunden zu bringen. Zum anderen bräuchte der Handel Vertrauen. Und es gebe nun mal keine bessere Gelegenheit, das Vertrauen in Partner zu vertiefen, als sich gelegentlich zu treffen – nicht nur digital, beim Skype-Telefonat, sondern leibhaftig. Pinkwart wurde angesichts des neuen Foyers regelrecht euphorisch: „Einfach großartig, das haben Sie toll gemacht!“ Er sei sicher, dass auch frühere Gegner des Messe-Umbau zufrieden sind mit dem Ergebnis. „Wenn etwas erst mal steht, ist manches vergessen.“
Weitere Bauprojekte an der Messe stehen an
Nicht nur die Nachbarn von Conenergy, Veranstalter der Energie-Messe E-world, kommen den kurzen Weg von ihrem Firmensitz herüber über die Norbertstraße, um sich die neue Visitenkarte der Messe anzusehen. Auch Gäste aus dem Reich der Mitte, mit denen man jüngst den ersten Motor Show-Ableger im gut 9000 Kilometer entfernten Guangzhou über die Bühne brachte.
Einen Extragruß richtet der Messe-Chef zudem an jene Gäste, die bisher noch nicht in Essen ausgestellt haben. Mit der Betonung auf „bisher“, denn ein hochmodern aufgemöbelter Messeplatz Essen, kleiner und feiner als die gigantischen Anbieter auf dem Ausstellungsmarkt, macht den einen oder anderen Kunden vielleicht von morgen.
Dazu aber muss das Projekt der Messeertüchtigung noch in drei weitere Bauphasen vollendet werden:
In Phase 2, die bereits begonnen hat, und bis April 2018 dauert, entsteht die zweite Hälfte der neuen Messehalle 6 mit einem Gäste-Club samt separater Zufahrt und Service-Center. Der dazu erforderliche Abriss der alten Hallen 4, 4a und 5 ist erfolgt. Es schließt sich Phase 3 an, in der von April bis August 2018 die alten kleinen Hallen 7.1, 8.0 und 8.1 sowie die Reste der Hallen 9.0 und 9.1 abgetragen werden. Hier entstehen dann die modernisierte Halle 4 und der Neubau als nördliche Ergänzung der zukünftigen Halle 5.
In der abschließende Phase 4 von September 2018 bis Oktober 2019 wird der Neubau der Halle 5 abgeschlossen, und die Messe zeigt dann auch zum Grugapark komplett hin ihr neues Gesicht mit und einer weißen Fassade und großen Fenstern zum Park in Höhe Wassergarten. Wie das aussehen wird, lässt sich schon gut besichtigen: die Halle 6 ist zur Gruga hin schon fertig.
Messe macht Essen ein wenig attraktiver
Es geht beim Messe-Umbau in erster Linie um die Kunden, aber die Messe nimmt für sich in Anspruch, auch an die Belange der Nachbarn gedacht und die Stadt Essen ein gutes Stück attraktiver gemacht zu haben. Der gesamte Platz zwischen Grugahalle und Messehaus Ost sowie das Areal vor diesen beiden Gebäuden ist nun mit eleganten hellen Steinen verkleidet, die optisch Richtung Gruga weisen. Die alten rötlich-braunen Stolpersteine sind passé. Die in den 1960er Jahren gebaute Brücke zwischen Grugahalle und Messe, die nach einer Sanierung den Blick in die Gruga verstellte, ist jetzt wieder so transparent wie sie es in ihren Ursprungsjahren einmal war. Für die Gruga, die gerade an ihrem Haupteingang seltsam versteckt wirkte, ist das ein Fortschritt.
Und schließlich zeigt sich Messe-Chef Kuhrt auch zufrieden darüber, dass es gelang, die Ruhrbahn (früher Evag) für eine Grundsanierung und Erneuerung der oberirdischen U-Bahn-Aufbauten zu gewinnen – bei geteilten Kosten. Das Messe-Areal, daran gab es gestern zumindest unter den Ehrengästen keinen Zweifel, hat auch in puncto Stadtästhetik gewonnen.
Ab November 2019 präsentiert sich das Ausstellungs-Areal komplett in gänzlich neuem Gewand – rechtzeitig zur Motor Show.