Essen-Holsterhausen. Die Stiftung Universitätsmedizin Essen bietet einen Infotag zur Patientenverfügung an. Viele wollen sich mit dem Thema nicht auseinandersetzen.
Mit dem eigenen Tod beschäftigen sich die meisten Menschen nicht gern – obwohl sie es ihren Angehörigen leichter machen könnten, wenn bestimmte Dinge frühzeitig geregelt wären. Um über die Themen Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Testament aufzuklären, veranstaltet die Stiftung Universitätsmedizin am Montag, 20. März, einen Vorsorgetag mit verschiedenen Expertinnen und Experten an der Uniklinik.
Theo Giebels (72) und seiner Frau Heide Giebels (75) ging es so wie vielen aus ihrem Bekanntenkreis. „Wir hatten die Prospekte zu Hause und haben immer gesagt: Wir müssen uns mal damit beschäftigen“, berichtet er. „Aber irgendwie traut man sich doch nicht ran.“ Als bei Theo Giebels ein Hauttumor in der Nase diagnostiziert wurde und er sich in der Uniklinik in Behandlung begab, fragte man ihn dort nach seiner Patientenverfügung und bot eine ausführliche Beratung an. Das war der „Anstupser“, den er gebraucht habe, sagt er rückblickend.
Essener Ärztin: 50 Prozent in der Palliativsprechstunde ohne Patientenverfügung
Die Beratung habe sehr geholfen, betont der 72-Jährige, der nach einer Immuntherapie zuletzt positive Befunde bekam, der Krebs hat sich zurückgebildet. Im Informationsdschungel war es für ihn nicht leicht, sich zurechtzufinden. „Ich hatte teils sehr dicke Materialien und dachte, ich muss mir alles durchlesen, bevor ich eine Entscheidung treffen kann.“ Ehefrau Heide Giebels ergänzt: „Da ist so eine innere Abwehr. Man will sich nicht mit dem Thema beschäftigen. Man will ja gesund weiterleben.“
Solche Bedenken kennt Mitra Tewes, Fachärztin für Innere Medizin, Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin an der Uniklinik, nur zu gut. „Von den Patientinnen und Patienten, die in die Palliativsprechstunde kommen, haben etwa 50 Prozent keine Verfügung“, schätzt sie. Und da handele es sich immerhin um Menschen, bei denen das Thema akut sei. „Einige haben das Gefühl, sie unterschreiben ihr Todesurteil“, ist die Erfahrung der Medizinerin. Wenn ich das hier ankreuze, dann wird mir nicht geholfen, sei die Befürchtung. Hinzu komme, dass vorgefertigte Dokumente häufig komplizierte Formulierungen enthielten.
Medizinerin der Uniklinik rät: So früh wie möglich mit Patientenverfügung befassen
Vorherige Anmeldung ist nötig
Der Vorsorgetag Ruhr findet am Montag, 20. März, um 15 Uhr im Audimax des Universitätsklinikums Essen (Hufelandstraße 55) statt. Vor Ort werden Winfried Bein, Vizepräsident des Amtsgerichtes Essen a.D., Susanne Schumacher, Leiterin der Betreuungsstelle der Stadt Essen, Bernhard Mallmann, Palliativbeauftragter der Universitätsmedizin Essen, Jorit Ness, Geschäftsführer der Stiftung Universitätsmedizin Essen, und Ulrich Radtke, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Universitätsmedizin Essen, sein.
Da die Plätze begrenzt sind, muss man sich telefonisch unter 0201 7233630 (montags bis freitags 10 bis 12 Uhr) oder per E-Mail an anmeldung@universitaetsmedizin.de anmelden (unter Angabe des Namens, der Anschrift und der Anzahl der Begleitpersonen). Um die Unkosten für Kaffee, Kuchen und Infomaterial zu tragen, wird um einen Kostenbeitrag von 5 Euro gebeten. Eine Begleitperson pro Anmeldung ist kostenfrei.
Heide Giebels haben vor allem die konkreten Fragen zur medizinischen Behandlung Kopfzerbrechen bereitet: Sollen im Falle eines Falles die Ernährung und der Sauerstoff abgestellt werden, soll noch eine Antibiotikabehandlung durchgeführt werden? So etwas habe sie nicht auf Anhieb beantworten können, sagt die 75-Jährige. Auch Theo Giebels fand es nicht leicht zu entscheiden, ob er irgendwann noch Nahrung und Flüssigkeit zugeführt bekommen möchte. Hier habe es geholfen, in der Beratung genau zu erfahren, wann diese Entscheidung greifen wird – im allerletzten Lebensabschnitt, wenn alle medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Mitra Tewes ist es wichtig zu betonen: „Das Ganze ist ein Prozess, man muss nicht von jetzt auf gleich alles ankreuzen.“ Ratsam sei es aber, die Thematik möglichst früh anzugehen: Je theoretischer das Szenario sei, desto rationaler könne man entscheiden. Im gegenteiligen Fall nehme nicht selten die Angst überhand. Die Fachärztin hat schon oft erlebt, was es bedeutet, wenn Patientinnen und Patienten bestimmte Entscheidungen eben nicht getroffen haben.
Stiftung Universitätsmedizin will niedrigschwelliges Angebot machen
„Häufig ist es so, dass die Gabe von Essen und Flüssigkeit nicht mehr viel Sinn macht. Aber natürlich möchte niemand seinen Partner verhungern oder verdursten lassen“, schildert Tewes ein Szenario. Denn schließlich handele es sich in vielen Fällen um Paare, die Jahrzehnte füreinander gesorgt haben. Der Angehörige befinde sich dann in einer höchst emotional belastenden Situation und könne keine Entscheidung treffen.
Beim Vorsorgetag Ruhr möchte die Stiftung Universitätsmedizin allen Interessierten ein möglichst niedrigschwelliges Angebot machen. Mit den Expertinnen und Experten kann man nicht nur im Plenum, sondern auch bei einem Kaffee am Stehtisch ins Gespräch kommen. Neben Informationen aus dem medizinischen Bereich kann man sich auch juristisch beraten lassen.