Berlin. Was, wenn man nicht mehr für sich selbst entscheiden kann? Das Verbraucherportal Finanztip erklärt, welche Regeln im Notfall gelten.

Wer soll entscheiden, wenn man es selbst nicht mehr kann? Welche Behandlung sollen Ärzte ausführen, welche lassen? Und wer erbt eigentlich, falls einem etwas zustößt? Jeder sollte das einmal in der Familie klären und Themen wie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Testament in Ruhe besprechen.

Nehmen wir an, jemand wird vom Auto angefahren und fällt ins Koma. Viele glauben, dass Ehegatten oder Kinder automatisch befugt sind, im Interesse des Patienten zu entscheiden. Das ist nicht so. In so einem Fall würde das Gericht einen Betreuer bestimmen. Jahr für Jahr kommt das um die 200.000 Mal vor. Besser man sorgt selbst vor. Hier die Tipps des Verbraucherportals Finanztip.

Wer entscheidet im Notfall?

Jeder sollte eine Vorsorgevollmacht aufsetzen. Die bestimmt, wer sich im Notfall um alles kümmern soll. Es ist sinnvoll, mehrere Personen zu bevollmächtigen – etwa den Ehepartner und die erwachsenen Kinder. So ist im Notfall immer einer erreichbar. Partner können ja auch gemeinsam verunglücken.

Wenn mehrere Menschen eine Vorsorgevollmacht haben, muss klar sein, ob jeder Bevollmächtigte allein handeln kann oder ob nur alle gemeinsam entscheiden dürfen. Müssen alle gemeinsam entscheiden, sichert das zwar das Vier-Augen-Prinzip, es ist im Alltag aber nicht praktikabel. Es lässt sich auch regeln, dass nur bei bestimmten Fragen, zum Beispiel der Unterbringung in einem Pflegeheim, die Bevollmächtigten gemeinsam entscheiden müssen.

Wichtig: Wer eine Vollmacht hat, kann damit sofort für den anderen entscheiden, ohne dass geprüft wird, ob man wirklich krank ist.

Im Zweifel einen Betreuer bestimmen

Anders als ein Bevollmächtigter unterliegt ein Betreuer immer der gerichtlichen Aufsicht. Bei der Auswahl eines Betreuers kann man aber selbst mitwirken. Wurde eine geeignete Person vorgeschlagen, so muss sich das Gericht daran halten. Die Betreuungsverfügung ist eine gute Alternative, falls es keine nahen Angehörigen gibt – oder niemanden, dem man hundertprozentig vertraut.

Kontovollmachten erteilen

Nicht alle Banken akzeptieren eine allgemeine Vorsorgevollmacht. Einige verlangen, dass die Vollmacht notariell beglaubigt ist. Oder dass man auf die eigens angebotene Konto- oder Depotvollmacht zurückgreift. Oft muss auch der Bevollmächtigte unterschreiben.

Was soll der Arzt im Notfall tun?

Falls man krank ist und nicht fähig, sich zu äußern, kann ein Bevollmächtigter nicht alles entscheiden. Um vom medizinischen Standard abzuweichen, braucht der Bevollmächtigte eine Patientenverfügung. Darin lässt sich festlegen, welche Behandlungen gewünscht sind und welche nicht: Ob zum Beispiel immer lebensverlängernde Maßnahmen erwünscht sind – oder unter Umständen nicht.

Der behandelnde Arzt soll den Willen des Patienten in der Verfügung konkret nachlesen können und danach handeln. Oft ist das schwierig, wenn die Verfügung zu allgemein verfasst wurde – sie kann dann sogar unwirksam sein.

Finanztip empfiehlt das Muster des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Es enthält Textbausteine, mit denen jeder seine eigene Verfügung erstellen kann. Trotzdem ist eine juristische Beratung sinnvoll. Und auch der Hausarzt ist ein guter Ansprechpartner.

Von Fachleuten helfen lassen

Wer seine Vorsorge-Dokumente nicht selbst verfassen will, kann einen Rechtsdienstleister wie Patientenverfügungplus oder meinepatientenverfuegung.de beauftragen, das kostet zwischen 30 und 40 Euro – günstiger als ein Anwalt. Wer lieber einen Anwalt sprechen will, findet zum Beispiel über den Vermittler Yourxpert einen spezialisierten Anwalt in der Umgebung, der Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung zum Festpreis von 192 Euro aufsetzt. Einige Rechtsschutzversicherungen bieten ein kostenloses Vorsorgepaket an.

Würden Sie Organe spenden?

Immer wieder diskutiert die Politik, wie sich die Bereitschaft der Bürger zur Organspende erhöhen lässt. Die Widerspruchslösung ist zum Beispiel ein Weg, den unter anderem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vertritt. Demnach dürften Organe einem Verstorbenen bereits dann entnommen werden, wenn er zu Lebzeiten einer Organspende nicht widersprochen hat. Der Vorsitzende des Ethikrats hat sich klar dagegen ausgesprochen und hält an der Zustimmungslösung fest.

Die Rechtslage ist bislang eindeutig: Nach dem Tod können nur dann Organe entnommen werden, wenn eine ausdrückliche Zustimmung vorliegt – zum Beispiel mit einem Organspendeausweis.

Ein (einfaches) Testament machen

Wem die gesetzlichen Erbfolge nicht passt, sollte ein Testament schreiben. Das sollten sich vor allem Ehepaare überlegen: Denn sobald ein Partner stirbt, erben die Kinder nach der gesetzlichen Erbfolge die Hälfte.

Das kann vor allem dann schwierig werden, wenn das Vermögen im Wesentlichen eine Immobilie ist und der verbliebene Gatte diese dann verkaufen muss, um die Kinder auszuzahlen. Eine einfache und rechtlich unkomplizierte Abhilfe schafft das Berliner Testament. Darin setzen sich die Partner gegenseitig als Alleinerben ein, und die Kinder erben erst nach dem Tod beider Eltern.

Alle Jahre wieder: Entscheidungen überprüfen

Man sollte alle paar Jahre die Unterlagen durchgehen. Vielleicht hat sich die Meinung zu den Bevollmächtigten oder zu anderen Fragen geändert. Das Dokument sollte noch einmal mit dem neuen Datum unterschrieben werden – auch wenn sich nichts geändert hat. Ganz egal, was man festlegt: Es ist entscheidend, dass die Dokumente auch gefunden werden. Dabei hilft es, die Vorsorgeverfügungen im Zentralen Vorsorgeregister registrieren zu lassen. Es ist gut, für alle Fälle einen Notfallordner zusammenzustellen mit den wichtigsten Informationen, auch über E-Mail-Konten und digitale Accounts.

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Dieser Beitrag erscheint in einer Kooperation mit finanztip.de. Finanztip ist gemeinnützig und hilft Verbrauchern bei den täglichen Finanzentscheidungen.