Essen-Nordviertel. Künstler und Künstlerinnen aus den Bereichen Design, Fotografie, Gestaltung und Kunst teilen sich im Essener Nordviertel ein Atelier. Ein Besuch.
Elf Künstlerinnen und Künstler teilen in der Beisingstraße 12 ein Atelier. 2018 wurde die Gemeinschaft im Eltingviertel gegründet. Ihre Mitglieder stammen aus den Bereichen Design, Fotografie, Gestaltung und Kunst. Wo lange ein Elektrofachbetrieb mit Lager seinen Standort in dem historischen Arbeiterviertel hatte, ist eine Schmiede für kreative Ideen entstanden.
Im gepflasterten Innenhof inmitten der alten Häuserzeilen kommen sie bei gutem Wetter alle gern zusammen, um sich auszutauschen. Fast täglich sehen sich die 27 bis 41 Jahre alten Künstlerinnen und Künstler. Einige arbeiten nicht nur frei an gestalterischen Projekten, sondern auch fest an der Folkwang-Universität der Künste. Ob Buchbinderei, Lichtkunst oder der Bau von Designmöbeln, was sie verbinde sei ihr Studium. „Wir alle sind ehemalige Folkwängler“, sagt Kommunikationsdesigner Dominik Krolikowski, der freiberuflich als Fotograf, Layouter und Künstler tätig ist.
Künstlerin aus Litauen jetzt im Essener Eltingviertel
Ihre Begeisterung für Licht und Projektion inspiriert Anastasija Delidova. Gern inszeniert sie Bewegtbilder, setzt Objekte und architektonische Elemente ins Licht. Am liebsten performe sie live mit Musikern und Schauspielern, berichtet die aus Litauen stammende Künstlerin. Sie arbeitet bei unserem Besuch im Eltingviertel gerade an einem Schreibtisch in einem kleinen, hellen Raum.
In der Ateliergemeinschaft fühle sie sich wohl. Auch wenn keines der elf Mitglieder dort wohnt, koche man bisweilen zusammen. Alle finden Platz an einem langen Tisch neben der Küchenzeile. Manchmal gibt es veganen Kuchen, den Benjamin Gages backt. Der Essener Künstler betreibt im Atelier eine kleine Papierwerkstatt. Postkarte, Buch oder raumfüllende Zeichnung – Papier in jeder Größe und Form begeistert ihn.
Mal eigene Projekte, mal Auftragsarbeiten erledigt er in der Ateliergemeinschaft. Gages wohnt als einziges Mitglied im Eltingviertel, nicht in der Beisingstraße, aber um die Ecke. Vor Corona sei er in das Quartier gezogen, in dem sich die Wohnungsgesellschaft Vonovia nicht nur um die Modernisierung alter Häuser, sondern auch um die Etablierung kultureller Angebote bemüht. Kunstschaffende geben neue Impulse und schlagen Brücken zu den Menschen, die aus vielen Nationen stammen.
Anwohner und Stadt bemühen sich, Potenzial des Eltingviertels auszuschöpfen
Das heutige Atelier stand lange leer, die Miete sei günstig, so Dominik Krolikowski. Neue Kunststofffenster wurden im Haus eingebaut, und es fällt von allen Seiten Licht in die Räume. „Die Nachbarschaft kennt uns und akzeptiert uns.“ Der Sperrmüll, der sich an einigen Straßenecken türmt, stört alle. Benjamin Gages erlebte mehrere Müllbrände in der Nachbarschaft. Die haben nicht nur ihn nachdenklich gemacht. Ideen, das Quartier aufzupeppen gibt es viele. Anwohner und Anwohnerinnen, aber auch die Stadt bemühen sich seit einigen Jahren, das Potenzial des Eltingviertels als attraktiver, zentrumsnaher Wohnort besser auszuschöpfen.
Weit über diese nähere Umwelt geht das Projekt von Dustin Jessen hinaus. Der 36-jährige Industriedesigner hat mit Kommunikationsdesigner Steffen Hartwig „Das Rezyklat“ gegründet. „Wir stellen aus Kunststoffabfällen wie Joghurtbechern oder Plastik-Gartenstühlen neue praktische Dinge her, zum Beispiel Taschenspiegel, Möbelknöpfe und Kleiderhaken“, so der Essener.
Der Aufbau von „Das Rezyklat“ wird als Projekt vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Wer sehen will, wie aus Verpackungen (Recyclingcode 02 und 05) Neues geformt wird, kann einen Workshop über manufaktorisches Kunststoffrecycling in der Beisingstraße erleben. Termine gibt es auf der Homepage www.dasrezyklat.de. Auf der Homepage https://atelierweb.site/ stellen einige der Künstlerinnen und Künstler sich und ihre Arbeiten in der Ateliergemeinschaft vor.
Kunst statt Werbefläche von Essener Künstlerin
Kunst vor die Haustür – nicht nur im Eltingviertel - zaubert die frei verfügbare App adARt, die Anastasia Delidova, Leiterin der Folkwang-Medienwerkstatt mitentwickelt hat. Damit lassen sich Plakatwände unterwegs in einer erweiterten Realität (engl. „Augmented Reality“) erleben. Statt Werbeflächen gibt es Kunst zu sehen. So entstehen virtuelle Ausstellungsflächen im urbanen Raum. Ein spannendes Erlebnis.
Arbeiterquartier im Wandel
Nördlich des Viehofer Platzes baute der Unternehmer Hermann Elting Ende des 19. Jahrhunderts ein Arbeiterquartier. Es liegt zwischen der Altenessener- und der Karolingerstraße. Typisch im Viertel sind die vielen originalgetreu erhaltenen Gründerzeithäuser.
Seit einigen Jahren werden in dem Quartier gezielt Künstler angeworben, die es beleben. Unter anderem wurde am Zwingliplatz, im ehemaligen Lebensmittelgeschäft Franzmann, in das später eine Sportbar einzog, eine „Pop-Up-Galerie“ eingerichtet.
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