Essen. Immer mehr Anfragen ratsuchender Bürger, wenig Personal: Auf die neue Leiterin der Verbraucherzentrale Essen kommen große Herausforderungen zu.
Die Verbraucherzentrale in Essen, hat mit Charlotte Almus eine neue Chefin. Mit 26 Jahren ist die gelernte Köchin und studierte Betriebswirtin zugleich die jüngste Leiterin aller 63 Beratungsstellen in NRW. Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen, auf Missstände aufmerksam zu machen und insbesondere schwächeren und benachteiligten Personen zu helfen, sei ihre Motivation gewesen, sich auf die Stelle bei der Verbraucherzentrale Essen zu bewerben, sagt die gebürtige Lünenerin, die in Dortmund lebt.
In Essen wird Charlotte Almus dazu sicher oft Gelegenheit haben. Sie beginnt die Aufgabe in einer herausfordernden Zeit für die Verbraucherzentrale. Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie und vor allem mit der Energiekrise wird die Beratungsstelle in der Hollestraße mit Anliegen von Bürgern und Bürgerinnen regelrecht überflutet.
Verbraucherzentrale Essen gerät an Kapazitätsgrenzen
„Die Anfragen sind enorm gestiegen. Allein im Energierecht haben sie sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt“, berichtet die bisherige Leiterin der Essener Beratungsstelle, Manuela Duda. Die 56-Jährige führte die Essener Verbraucherzentrale von 2017 bis zum Spätsommer vergangenen Jahres und ist zur Regionalleiterin aufgestiegen. Sie hat über Jahre den stark wachsenden Beratungsbedarf in Essen miterlebt – häufig mit der Erfahrung, sich nicht immer sofort um die Sorgen und Nöte der Verbraucher kümmern zu können.
Denn, wenn es sich nicht um Notfälle handelt, brauchen Ratsuchende bisweilen Geduld: Die Personaldecke in der Beratungsstelle ist schon seit längerer Zeit dünn. Sechs Mitarbeiter kümmern sich um die Anliegen der Essener Ratsuchenden; zwei davon sind für die allgemeine Beratung zuständig, vier teilen sich zweieinhalb Stellen in der Schulden- und Insolvenzberatung. Zum Team gehören noch Assistenz- sowie mehrere Honorarkräfte. Im Gegensatz zu anderen Zweigstellen hat Essen keinen eigenen Energieberater, sondern wird von einem Kollegen des Bundesverbandes unterstützt.
Stadt Essen müsste mehr Geld geben
Im Vergleich zur Einwohnerzahl und den Anfragen sei Essen eine der am schlechtesten besetzten Beratungsstellen im Land, bestätigt Susanne Voss. Sie ist die für Essen zuständige Regionalleiterin der Verbraucherzentrale NRW. „In Essen gibt es gemessen an der Zahl der Anfragen zu wenig Personal“, unterstreicht sie.
Die Beratungsstellen der Verbraucherzentrale werden sowohl vom Land wie auch der jeweiligen Kommune finanziert. In Essen unterstützten in der Vergangenheit zudem die Stadtwerke die Verbraucherzentrale. Diese Hilfe ist jedoch schon vor längerem ausgelaufen. Mehr Geld vom Land sei vorerst nicht zu erwarten, stellt Susanne Voss klar. Die zur Verfügung stehenden Landesmittel seien für die kommenden drei Jahre bereits verplant. Wenn es also darum geht, die akute Personalnot zu lindern, müsste die Stadt zusätzliches Geld zur Verfügung stellen. „Wir sind dabei, Gespräche zu führen“, sagt Susanne Voss und wirbt mit den Effekten der Verbraucherarbeit: „Wenn wir Probleme der Leute lösen, ersparen wir den Städten Transferleistungen.“
Anfragen im Energierecht dürften weiter zunehmen
Dass die Anfragen in naher Zukunft abebben, erwartet die Essener Beratungsstelle indes nicht, im Gegenteil. „Wir sind noch vor der Welle“, sagt Manuela Duda. Beim Thema Energie könnten sie in den nächsten Wochen noch einmal Fahrt aufnehmen. Denn viele Haushalte werden dann erstmals ihre Nebenkostenabrechnung aus dem vergangenen Jahr im Briefkasten finden. Außerdem greift ab März rückwirkend die Preisbremse bei Strom und Gas. Auch dazu erwartet die Verbraucherzentrale einen enormen Beratungsbedarf.
Charlotte Almus entmutigt all das nicht. Sie will nun schnell Kontakte in die Stadtgesellschaft knüpfen und zählt dabei auf die vorhandenen Netzwerke, um auch weiterhin „für die Menschen etwas zu bewegen“.