Essen. Der Energiepreisschock ist da, dennoch können Verbraucher einiges tun. Antworten der Verbraucherzentrale Essen zu Fragen, die sich viele stellen.

Bereits bis Ende Juli registrierte die Verbraucherzentrale Essen doppelt so viele Anfragen zu Energiethemen als sonst üblich, und das, so Leiterin Manuela Duda, war erst der Anfang. Der Energiepreisschock trifft viele Essener hart, vielen ist wohl auch noch nicht klar, was da auf sie zukommt. Zu befürchten seien menschliche Tragödien.

„Ich erwarte eine neue Dimension der Beratung, wie ich sie in fast 30 Jahren Berufstätigkeit noch nicht erlebt habe“, sagt Ingo Döring, Verbraucherberater mit Schwerpunkt Energierecht. Das bedeute aber nicht, dass man schicksalergeben gar nichts tun könne. Im Folgenden einige Fragen an die Verbraucherberatung, die sich derzeit viele stellen.

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Darf mein Energieanbieter die Preise überhaupt so stark erhöhen?

„Dazu gibt es leider keine pauschale Antwort, denn das kommt sehr auf den jeweiligen Vertrag an“, sagt Ingo Döring. Gibt es vielleicht Garantieklauseln? Oder stehen im Kleingedruckten Sondervereinbarungen, die eine Erhöhung ausschließen? „Es empfiehlt sich, die Verträge genau zu sichten.“ Wer meint, damit überfordert zu sein, kann einen Termin für die Energie-Rechtsberatung vereinbaren, allerdings sind diese derzeit auf Monate ausgebucht. Grundsätzlich dürfen die Grundversorger die Preise erhöhen, wenn bestimmte Kostenfaktoren, auf die sie keinen Einfluss haben, ansteigen. Das dürfte in der derzeitigen Situation sehr häufig der Fall sein.

Ingo Döring, Energierecht-Experte bei der Verbraucherzentrale Essen.
Ingo Döring, Energierecht-Experte bei der Verbraucherzentrale Essen. © Ramona Richter / Funke Foto Services | Ramona Richter

Was ist, wenn ich an meinen Versorger nicht zahlen kann – droht mir dann eine Sperre?

Das könne sehr wohl passieren, warnen die Verbraucherberater, denn auch Strom sei rechtlich eine Ware und keineswegs ein unverlierbares Grundrecht. Allerdings gibt es klar definierte Regeln. Wer mit zwei Abschlagszahlungen in Verzug ist, die sich zusammen auf mindestens 100 Euro summieren, müsse mit Energiesperren rechnen, das gelte sowohl für Strom wie auch für Gas. Voraussetzung ist, dass der jeweilige Versorger vier Wochen vorher eine Sperrandrohung und eine weitere Sperrankündigung acht Tage vorher verschickt hat.

Was kann ich in einem solchen Fall unternehmen?

„Wir raten dringend, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern so früh wie möglich das Gespräch mit dem Energieversorger zu suchen“, sagt Manuela Duda. Vielleicht lassen sich Ratenzahlungen für die Schulden vereinbaren, wobei zu bedenken ist, dass die Energielieferungen weiterlaufen und ebenfalls bezahlt werden müssen. Noch aus einem anderen Grund sei es ratsam, Sperrandrohungen ernst zu nehmen: „Wenn man erst einmal gesperrt wurde, kann das Entsperren mehrere hundert Euro kosten“, so Manuela Duda. Daher der Rat: „Den Energierechnungen sollte man Vorrang einräumen.“

Was tun, wenn die Sache bereits eskaliert ist?

„Im Fall einer existenziellen finanziellen Bedrohung wird in der Verbraucherzentrale niemand abgewiesen“, verspricht Manuela Duda. Wem das Wasser bis zum Hals steht, dem versuche man trotz starker Belastung der Mitarbeiter zu helfen.

Hilft derzeit ein Wechsel zu einem anderen Energieanbieter oder in einen anderen Tarif?

Theoretisch kann das eine Option sein, wenngleich Ingo Döring nicht den Eindruck hat, dass derzeit viele oder gar günstige Angebote auf dem Markt sind. Doch auch bei diesem Thema helfe nur Eigeninitiative, sprich: Das Durchforsten von Vergleichsportalen wie etwa „Check 24“. Vor allem gelte es aber kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht vorschnell von günstig erscheinenden Angeboten blenden zu lassen, schon gar nicht auf der Straße oder an der Haustür. Denn es seien auch unseriöse Anbieter unterwegs.

Wer muss die Gasumlage als Zusatzabgabe zahlen?

Die politische Diskussion über die Umlage ist neu entflammt, aber nach jetzigem Stand müssen alle privaten und gewerblichen Gaskunden zahlen, unabhängig davon, ob es bereits eine Preiserhöhung aus anderen Gründen gegeben hat. Auch Fernwärmekunden seien nicht aus dem Schneider, da die eingespeiste Energie vielfach mit Gas produziert würde.

Wenn ich meine Fernwärme beispielsweise aus dem Müllheizkraftwerk Karnap beziehe – bin ich dann bei Preissteigerungen außen vor?

„Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Manuela Duda. Fernwärmeanbieter arbeiteten mit Mischkalkulationen, da spiele es keine Rolle, ob man in der Nähe einer Fernwärme abgebenden industriellen Anlage lebe, die – wie in diesem Fall – kaum oder gar kein Gas verbraucht.

Thema Mietnebenkosten: Ist die Erhöhung von Abschlägen durch den Vermieter nur jährlich möglich oder bereits jetzt?

Die Wirtschaftspläne für das Jahr 2023 dürften für Wohnungen und Häuser in der Regel bereits vorliegen und in der Regel erheblich höhere Abschläge für Heizenergie enthalten. Auch die Umlage dürfe von Vermietern kurzfristig weitergereicht werden, sie müssen nicht bis zur nächsten regulären Jahresabrechnung warten. „Es empfiehlt sich, dass Vermieter und Mieter miteinander reden“, sagt Manuela Duda. „Keine Seite sollte überrascht werden, und spätere große Nachzahlungen sind auch keine Lösung.“

Wie behalte ich meinen Energieverbrauch unter Kontrolle?

Vor der Kontrolle müsse zunächst das Wissensdefizit beseitigt werden, denn viele Menschen haben nach Erfahrung der Verbraucherberater keinen Überblick über ihren Verbrauch. Manuela Duda rät, vierteljährlich oder gar monatlich den Stromzähler abzulesen, die Zahlen zu notieren und nicht erst auf eine Jahresrechnung warten. Wer kontinuierlich den Überblick behält, sieht nicht nur früher, ob die Kosten davonlaufen, es lassen sich so auch leichter Stromfresser identifizieren, die es in vielen Wohnungen gebe.

Worauf sollte ich in meiner Wohnung achten?

Vielen fallen da vielleicht nur die berühmten Stand-by-Schalter an den sichtbaren stromverbrauchenden Elektrogeräten ein, aber damit erschöpft es sich laut Manuela Duda bei weitem nicht: „Muss im Bad das kaum beachtete Untertischgerät immer laufen, braucht es eigentlich die riesige Kühltruhe, hat die Dusche einen Energiesparduschkopf, muss der Computer den ganzen Tag laufen, ist der alte Kühlschrank noch effizient oder würde sich ein Neuer rasch rentieren?“ Beispielhafte Themen, an denen Verbraucher ansetzen könnten. In der Summe kommen da durchaus nennenswerte Beträge zusammen, zumal eingedenk der gerade empfindlich steigenden Strompreise.

Fazit der Verbraucherberater: Als Verbraucher ist man beileibe nicht nur Opfer. Wer die Kosten unter Kontrolle behalten will, müsse allerdings die Komfortzone verlassen, selbst aktiv sein und sich informieren. Individuelle Termine – auch durch Energieberater zu Hause – seien möglich, aber derzeit praktisch ausgebucht. „Umso wichtiger ist es, die Webseite der Verbraucherzentrale als Chance wahrzunehmen, seine Rechnungen zu reduzieren.“ Mehr Infos: https://www.verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/essen