Essen-Rellinghausen. Essener Pflegeakademie bietet pflegenden Angehörigen jetzt die Möglichkeit, Hilfsmittel ganz praktisch zu testen. Warum das hilfreich sein kann.
- In Essen-Rellinghausen gibt es jetzt ein Simulationspflegezimmer.
- Dort können pflegende Angehörige Hilfsmittel testen.
- Akademie auf Schloss Schellenberg bietet Kurse und Beratungen an.
Wenn jemand plötzlich pflegebedürftig ist, stellt das die Angehörigen oft vor große Probleme. Sie müssen schnell und oft unvorbereitet mit der Situation klarkommen. So mancher wünscht sich in einem solche Fall Hilfe. Die Pflegeberatungsstelle „Gutbeachten“ im Schloss Schellenberg in Essen-Rellinghausen lädt Betroffene daher jetzt ein, den Umgang mit Rollstuhl, Pflegebett und Co. in einem Simulationspflegezimmer einfach selbst auszuprobieren.
Es ist ein Thema, das viele gern verdrängen, mit dem die meisten aber von einem auf den anderen Tag konfrontiert werden können. „Die Angehörigen sind in einer solchen Situation oft überfordert, haben viele Fragen“, weiß Akademieleiter Marcello Ciarrettino von der „Gutbeachten“ GmbH. In der Einrichtung im Schloss Schellenberg finden bereits seit drei Jahren Kurse für professionelle Pflegende, aber auch pflegende Angehörige in Kooperation mit der Krankenkasse Barmer statt.
Das Simulationspflegezimmer in Essen soll Angehörigen die Unsicherheit nehmen
Neu ist dagegen das Simulationspflegezimmer, das jetzt in der ersten Etage der Beratungsstelle eingerichtet ist. Der Raum ist wie ein privates Zimmer eingerichtet. Im Pflegebett liegt eine Puppe, an ihrem Hals ist ein Zugang simuliert.
Wer hier Rat sucht, kann die Puppe wie einen Pflegebedürftigen mit Hilfe eines sogenannten Transferhilfegürtels zum Festhalten aus dem Bett heben, das Bett in der Höhe verstellen. Dazu klärt Marcello Ciarrettino auf: „Ein Bettgitter bedeutet oft eine trügerische Sicherheit, denn gerade dementiell veränderte Menschen versuchen oft, über das Gitter aus dem Bett auszusteigen und könnten sich dabei verletzen.“
Die Fragen, die sich Angehörige in der akuten Situation stellen, sind vielfältig. Welche Hilfsmittel brauche ich? Auf welche Leistungen habe ich Anspruch? Was entlastet mich? Gerade für Neulinge in Sachen Pflege sei es wichtig, Hilfsmittel einfach mal anfassen und anlegen zu können, zum Beispiel, um bei Rollstühlen und Rollatoren das passende Modell zu finden oder sich darüber klar zu werden, ob ein Treppenlift für das eigene Haus eine lohnende Investition sein könnte. Auch Berührungsängste könnten so verschwinden. „Ein Toilettenschiebestuhl ist nicht mehr mit so negativen Gefühlen behaftet, wenn man sieht, dass er eigentlich einem normalen Stuhl ähnelt“, so der Akademieleiter.
Kurse für professionell Pflegende und pflegende Angehörige
„Wir sprechen bewusst von sorgenden und pflegenden Angehörigen, da ja auch Menschen, die Pflege ausschließlich organisieren, mit dem Thema befasst sind“, erklärt Marcello Ciarrettino, dessen Unternehmen auch Gutachten für die Pflegekasse erstellt und seit kurzem ebenso Verordnungen für pflegerische Hilfsmittel ausstellen kann. Die Kurse finden teils in Präsenz, teils online statt. „Wir vermitteln zudem Alltagshelfer, die für die Angehörigen einspringen, wenn diese bei uns einen Kurs besuchen wollen.“ Beratungstermine zu verschiedenen Themen kann man online buchen.
In Essen gebe es über 30.000 Menschen mit einem Pflegegrad, rund 20.000 davon würden von ihren Angehörigen gepflegt. Für Sozialdezernent Peter Renzel, der sich bei der Eröffnung des Simulationspflegezimmers im historischen Ambiente vom Schloss Schellenberg über die Einrichtung informierte, ist das Thema „Gewalt in der Pflege“ ein wichtiger Punkt.
„Pflege ist mit großer Verantwortung verbunden. Wie schnell kann man als pflegender Angehöriger etwas falsch machen, das dann am Ende zum Ausbruch von Aggressionen führt“, begrüßt Renzel die Einrichtung von solchen Hilfsangeboten, verweist aber auch auf die stationären und rotierenden Pflegestützpunkte der Stadt.