Essen. Mit Farbe ist am Mittwoch die RWE-Zentrale besprüht worden. Zu den Demonstranten der „Letzten Generation“ gehört auch ein Philosophie-Professor.
Klimaaktivisten der sogenannten „Letzten Generation“ haben am Mittwochmorgen die Zentrale des Energieversorgers RWE in Essen mit Farbe besprüht. Die Polizei nahm die Personalien der zwei Aktivisten auf und sprach Platzverweise aus. Menschen wurden nicht verletzt. Die Täter müssen mit einer Strafanzeige wegen Sachbeschädigung rechnen. Der RWE-Konzern äußert sich ausdrücklich nicht zu diesem Vorgang.
Die zwei Aktivisten benutzten Feuerlöscher, die mit orangener Farbe gefüllt waren, um die Fassade des Gebäudes an der Altenessener Straße großflächig zu verunstalten.
Letzte Generation: „Das ist eine Rache für Lützerath“
Die Protestanten erklärten, dass ihre Aktion „eine Rache für Lützerath“ sei. „Wir nehmen nicht länger hin, dass fossile Konzerne wie RWE unsere Grundrechte mit Füßen treten und dabei auch noch Rückendeckung von der Bundesregierung erhalten“, hieß es kurze Zeit später in einer Mitteilung der „Letzten Generation“.
Der Essener Energiekonzern RWE wird dafür kritisiert, dass das Dorf Lützerath am Rand des Braunkohletagebaus Garzweiler für den Abbau von Braunkohle abgerissen wurde. Basis dafür sind demokratische Entscheidungen der Parlamente.
Als die zwei Demonstranten um zehn Uhr mit ihrer Aktion begannen, rief der Sicherheitsdienst, der vor und um das RWE-Gebäude platziert ist, sofort die Polizei. Vier Minuten später trafen Beamte ein, nahmen die Personalien der zwei Männer auf, sprachen Platzverweise aus und beschlagnahmten die Feuerlöscher.
Mutter begleitet ihren Sohn zu der Farbaktion in Essen
Nach ihrer Farbaktion postierten sich die zwei Demonstranten vor dem Portal des RWE-Gebäudes und hielten ein Banner in die Höhe: „Artikel 20A Grundgesetz = Leben schützen“. „Letztendlich wollen wir, dass der Wissenschaft zugehört wird“, rechtfertigt einer der beiden Aktivisten, Christopher Sappok (53), Philosophie-Dozent an der Uni Köln, die Aktion.
Sein Mitstreiter, der Bottroper Soziologie-Student Malte Nierobisch (19), war bereits an vielen Aktionen der „Letzten Generation“ beteiligt. Nach einer Straßenblockade in München saß er 23 Tage lang im Gefängnis. „Ich würde immer wieder in Haft gehen für unsere Sache“, sagte Nierobisch gegenüber unserer Redaktion. „Wir werden so lange unsere Proteste fortsetzen, bis die Bundesregierung handelt.“ Die Aktion „Letzte Generation“ würde sehr genau darauf achten, dass bei den Protesten keine Menschen oder Tiere zu Schaden kommen.
Wie bekommt man festgeklebte Hände vom Asphalt?
Nierobisch, der auch Erfahrung mit Klebe-Aktionen hat, war übrigens in Begleitung seiner Mutter, die die Aktivitäten ihres Sohnes gutheißt: „Ich habe eingesehen, dass es keine andere Möglichkeit gibt, als so radikal für den Erhalt unserer Erde zu demonstrieren.“ Ihr Sohn hat noch Reste von Sekundenkleber an seiner Jacke – die Mitglieder der „Letzten Generation“ nehmen auch persönliche Verletzungen in Kauf, um die Ernsthaftigkeit ihres Protests zu unterstreichen: „Wir haben unsere Hände auf der Straße festgeklebt – sie wieder zu lösen, ist dann Angelegenheit der Polizei“, erzählt Christopher Sappok.
Mit Speiseöl und einem Holzspatel könne man die festgeklebten Hände wieder vom Asphalt befreien – wobei regelmäßig Haut auf der Strecke bleibt. „Ein Freund von mir musste danach eine Transplantation über sich ergehen lassen, bei der ihm Haut aus dem Oberarm entnommen und neu eingesetzt werden musste.“
Bereits am 10. Dezember hatten Aktivisten der „Letzten Generation“ eine Farbattacke an gleicher Stelle verübt. Damals wurde gegen eine 20-jährige Frau und einen 23-jährigen Mann Strafanzeige wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsrecht gestellt: Von der Polizei hieß die Begründung dazu, weil die Aktion „den Charakter einer politischen Meinungskundgebung“ hatte.
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