Essen-Kettwig. In Essen-Kettwig geht es zu Karneval wieder rund. Wie der FSV Berleburg entstand und sich tapfer als kleinster Narrenverein im Stadtteil schlägt.
Aus einer Bierlaune heraus wurde in Kettwig vor bald 60 Jahren ein Karnevalsverein gegründet: Seitdem schlägt sich der FSV Berleburg tapfer als kleinster Verein neben zwei festen Größen im Stadtteil.
Zu den Gründungsmitgliedern zählte Willi Maul, der ehemalige Wirt vom Deutschen Haus. Über ihn kam Wolfgang Weber zum Kettwiger Karneval. Aus Oberhausen-Osterfeld zog der inzwischen 71-Jährige in den 1970er Jahren der Liebe wegen nach Kettwig: Um die Tochter von Willi Maul zu heiraten.
In der Bütt: Putin wird sein Fett abbekommen
„Corona hat auch uns getroffen“, fasst Weber kurz zusammen. Was seit dem letzten gefeierten Karneval 2019 noch alles passiert ist, will er bald gereimt in einer Büttenrede den jecken Gästen präsentieren. Die närrischen Verse schreibt er – wie immer – erst kurz vorher. Aber eines sei sicher: „Auch der Putin kriegt eine Strophe, so geht das ja nicht.“
In den närrischen Tagen mischt Weber, gelernter Kaufmann, in Kettwig vorne mit. Unter der grün-weißen Narrenkappe nimmt er kein Blatt vor den Mund. „In Osterfeld habe ich den Kinderkarneval mit organisiert, hier moderiere ich den Zug am Rosensonntag“, fügt er hinzu. Der FSV Berleburg Kettwig sei für ihn eine Herzenssache, nicht nur wegen seiner Anke.
Bunter Abend im Deutschen Haus
Zu Karneval stemmt der FSV Berleburg wieder zwei Veranstaltungen: Am Samstag, 18. Februar, winkt der „Bunte Karnevalsabend“ im Vereinslokal Arne im Deutschen Haus, Corneliusstraße 55. Beginn ist um 20.11 Uhr. Der Eintritt kostet 11,11 Euro pro Person.
Zur „Hoppeditz Beerdigung“ lädt der FSV Berleburg am Veilchendienstag, 21. Februar, ab 20.11 Uhr ein. Der Eintritt ist frei. Die Veranstaltung findet ebenfalls im Vereinslokal Arne im Deutschen Haus statt.
Eintrittskarten sind beim ersten Vorsitzenden erhältlich. Kontakt: Hermann Eichholz, 01520 90 71 429.
Sogar einen eigenen Mottowagen hat Kettwigs kleinster Karnevalsverein, der im größten Essener Stadtteil ansässig ist. Damit nehmen die rund 25 treuen Mitglieder nicht nur am lokalen Umzug, sondern am Rosenmontag auch in Ratingen teil. „Umgebaut wird nichts, der Wagen hat immer das gleiche Fußball-Design.“ Denn das verrät den Ursprung dieser ungewöhnlichen Narrentruppe:
Frauen wurden erst später aufgenommen
Vor der Gründung der Karnevalsabteilung traf sich ein harter Kern regelmäßig an den Wochenenden zum Kicken auf dem Platz an der Ruhrtalstraße. An der Theke im Deutschen Haus wurden anschließend die Spiele analysiert. Die Gasstätte war schon damals als „Berleburg“ an der Corneliusstraße im Ort bekannt.
„Man hatte viel Spaß gemeinsam beim ein oder anderen Bier“, weiß Weber, der viele der damals noch ausschließlichen Männertreffen in der Gaststätte des Schwiegervaters miterlebte. Frauen seien erst später aufgenommen worden.
Spielergrößen wie Rolf Rüssmann kickten in Kettwig
Spieler des FC Schalke 04 brachten die „Berleburger“ weg vom Fußball. Das war 1988. „Die Thekenmannschaft hatte die Schalker aus Jux zu einem Fußballspiel eingeladen“, erzählt er. Die sagten zu. Nicht nur das: Mit Spielergrößen wie Rolf Rüssmann, Jupp Tenhagen und Charly Neumann im Team setzten die Gelsenkirchener den Kettwigern arg zu. „Der FSV Berleburg hat das Spiel haushoch verloren. Die Fußballschuhe wurden danach an den Nagel gehängt“, so Weber weiter.
Umso intensiver kümmerte man sich um den Karneval. „Es ging es immer lustig zu, der Verein nimmt sich selbst nicht so ernst.“ Zu den großen Karnevalsgesellschaften in Kettwig – dem Kettwiger Karnevals Club Blau-Weiß 1964 (KKC) und der KG Fidelio Kettwig/Mintard – pflegen die Berleburger seit Jahren beste Kontakte.
Die kleinste Narrenvereinigung hat keine Showgarde und keinen Elferrat. „Dennoch sind unsere Sitzungen gut besucht“, so Weber. FSC Berleburg Helau!
„Ganz nach dem Motto ‚Los mer fiere‘ würden wir uns freuen, bald wieder viele bekannte Gesichter oder neue Jecken zu begrüßen“, fügt Hermann Eichholz an, der seit zehn Jahren als erster Vereinsvorsitzender wirkt. Das Stammlokal führt mittlerweile Arne Weber, Wolfgang Webers Sohn.
Der Ursprung des Namens „Berleburg“
Zum guten Schluss sei der Ursprung des Namens „Berleburg“ erklärt. Bei einem Urlaub im Rothaargebirge in den 1920er Jahren entdeckten die damaligen Wirtsleute – Familie von Eicken, die Vorfahren der Mauls – in Bad Berleburg ein Bier, das ihnen außerordentlich gut schmeckte. So sehr, dass sie es fortan selbst im Ausschank haben wollten. „Es stammte aus einer kleinen, lokalen Brauerei und wurde in Holzfässern mit dem Pferdewagen ausgefahren.“
Bis nach Kettwig war der Weg dafür zu weit. So rollte das Bier in der Eisenbahn ins Rheinland. Und fand viel Anklang. Die Brauerei wurde geschlossen, doch der Name lebt auch in Essen weiter.