Essen. CDU und Grüne planen einen Radhochweg und sprechen von einem Leuchtturmprojekt. Nun wird ein geeigneter Standort gesucht.
Es war schon eine faustdicke Überraschung, die Fabian Schrumpf in seiner Haushaltsrede aus dem Hut zauberte: CDU und Grüne planen einen „hochattraktiven Radweg, der über den Straßen schwebt“, ließ Schrumpf das Auditorium wissen. „Ein Leuchtturmprojekt“, fügte der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion noch hinzu.
Baustellen gibt es genug im Essener Radverkehr. Interessengruppen wie der ADFC und „Radentscheid Essen“ werden nicht müde darauf hinzuweisen. Ein Radhochweg gehörte bislang nicht dazu. Immerhin acht Millionen Euro darf sich die Stadt ein solches Vorhaben kosten lassen, so viel Geld hat die Ratsmehrheit dafür in den städtischen Haushalt eingestellt.
In europäischen Städten gibt es teils spektakuläre Beispiele für Radhochwege
Spektakuläre Referenzprojekte gibt es in europäischen Städten: In Kopenhagen überbrückt ein Hochradweg ein ganzes Hafenbecken, in Eindhoven radeln Radfahrer sicher in der ersten Etage auf einem schwebenden Kreisverkehr. Ein spektakuläres Bauwerk. Wäre das auch etwas für den Berliner Platz?
Hochradwege scheinen jedenfalls en vogue. In München denken sie darüber nach. Auch in Essen war schon davon die Rede. Der damalige Planungsdezernent Hans-Jürgen Best brachte einen solchen vor einigen Jahren ins Spiel – als Alternative zum wuchtigen Bahndamm, der das Eltingviertel von der Innenstadt trennt. Es blieb bei der Idee. Der Bahndamm bleibt, soll aber an beiden Seiten abgetragen werden, um Platz zu schaffen.
Nun nehmen CDU und Grüne einen neuen Anlauf für einen Radhochweg. Wobei der Applaus von Grünen-Seite eher pflichtschuldig klingt. In der Verkehrspolitik liegen die beiden Kooperationspartner im Rat häufig über Kreuz. Die Grünen reden dabei gerne einer Umverteilung des öffentlichen Raumes das Wort – zulasten des Autoverkehrs und zugunsten von Radfahrern und Fußgängern. Ein Radhochweg würde den Verkehrsraum nicht neu verteilen, sondern vergrößern. Claudia Harfst vom „Team Radentscheid Essen“ nennt es deshalb „ein CDU-Projekt nach dem Motto: Radfahrer runter von der Straße“.
Der ADFC Essen nennt eine Radhochbrücke eine innovative Idee
Hinter vorgehaltener Hand heißt es auch vonseiten der Grünen, dass man sich statt eines Leuchtturmprojektes lieber machbaren und drängenderen Konzepten für den Radverkehr widmen sollte. Ein Leuchtturmprojekt des Leuchtens willen brauche es nicht. „Ein Radhochweg muss seinen Zweck erfüllen“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Ulrich Beul, dazu.
Mirko Sehnke, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) nennt den Radhochweg „eine innovative Idee“, stellt aber die entscheidende Frage: „Wo soll er hinkommen?“ Und wo erfüllt er seinen Zweck? „An sinnvoller Stelle“, sagte CDU-Fraktionschef Fabian Schrumpf in seiner Haushaltsrede.
Ein Brückenschlag vom Universitätsviertel über die Friedrich-Ebert-Straße hinweg in die nördliche Innenstadt wäre eine solche, meint Mirko Sehnke. Auch eine neue Querung über den Niederfeldsee, breiter als der heutige schmale Steg, könnte hilfreich sein.
Städtebaulich müsste ein Radhochweg in das Umfeld passen
Städtebaulich muss ein Radhochweg jedenfalls in das Umfeld passen. Welchen Hausbewohnern wäre es schon zuzumuten, dass man ihnen einen Radweg auf Stelzen vor die Fenster stellt? Aus CDU-Kreisen wird die Alfredstraße als geeignete Stelle genannt, jedenfalls aus verkehrlicher Sicht. Und zwar dort, wo die Bundesstraße parallel verläuft zur schmaleren Bredeneyer Straße; die Straßenbahn und der Autoverkehr lassen dort nur wenig Platz für Fahrradfahrer.
Aber passt ein Radhochweg auf die Alfredstraße? Verkehrs- und Stadtplaner werden sich im kommenden Jahr darüber Gedanken machen. Claudia Harfst vom Team „Radentscheid Essen“ bleibt skeptisch, nicht nur was die Alfredstraße als potenziellen Standort angeht: „Wir glauben erst an einen Radhochweg, wenn dazu konkrete Pläne vorliegen.“