Essen. Auch wenn der angespannte Essener Haushalt nur bescheidene Änderungen möglich macht: Die Ratsmehrheit will ein paar politische Duftmarken setzen.
So viele Ideen – und so wenig Geld in der Kasse: Wenn die Politik am Mittwoch den Essener Stadt-Etat für 2023 verabschiedet, bleiben von 3,6 Milliarden Euro an kalkulierten Einnahmen nach Abzug aller angepeilten Ausgaben gerade mal 9,5 Millionen Euro übrig. Klingt viel, ist aber für eine Großstadt vom Kaliber Essens ein Klacks. Ein wackeliger dazu, angesichts all der kostspieligen Krisen zwischen Corona und Krieg, und dennoch: Die „schwarze Null“, sie scheint immer noch groß genug, um der schwarz-grünen Rats-Koalition ein paar Sonderwünsche zu ermöglichen. Die haben CDU und Grüne jetzt formuliert.
Es ist eine Liste mit überschaubaren Beträgen, die wenigstens das Gefühl vermitteln, in finanziellen Fragen nicht gänzlich auf die Linie der Stadtverwaltung einschwenken zu müssen – auch wenn sich deren Zahlenwerk in weiten Teilen mit den eigenen Vorstellungen der Ratsmehrheit deckt.
20 zusätzliche Stellen – vor allem für Schule sowie Sicherheit und Ordnung
Hier und da noch einmal Geld locker zu machen, ist deshalb eher als politisches Signal zu verstehen: Seht her, das ist uns wichtig. Ablesbar etwa an der Frage, wo denn jene 20 zusätzliche Stellen angesiedelt sind, die CDU und Grüne jetzt über den bisherigen Stellenplan hinaus einrichten wollen: Acht zusätzliche Posten soll es im Schulbereich geben, für die Schulsozialarbeit, für Schulsekretariate und für die Suche nach mehr Schulraum.
Weitere acht Stellen firmieren unter der Rubrik „Sicherheit und Ordnung“, kommen unter anderem dem Ordnungsamt und der städtischen Ausländerbehörde zugute. Außerdem profitiert das Jugendpsychologische Institut bald von zwei zusätzlichen Kräften.
Mehr Geld für die Solarförderung, für Ruhrbahn, Kultur und Grugapark
Dahinter steckt der Gedanke, dass die schönsten Etat-Gelder nicht viel nützen, wenn es niemanden gibt, der sie sachgerecht verteilen, Projekte planen und umsetzen kann. Umgekehrt gilt: Es nützt auch keiner Belegschaft ein Etat, in dem die Mittel allzu fix verausgabt sind. Also gibt es mal erhöhte, mal neu veranschlagte Gelder, fürs nächste Jahr sieben Millionen Euro insgesamt.
Mit einer weiteren Million soll etwa das Solarförderprogramm der Stadt ausgeweitet werden, ebenfalls eine Million fließt in den städtischen Aktionsplan für nachhaltige Energie und Klima („Secap“). 750.000 Euro stehen für die Suche nach mehr Schulraum zur Verfügung, erforderliche Rückbauten inklusive, 360.000 Euro sind für Beschleunigungs-Vorhaben der Ruhrbahn reserviert, 300.000 für die kulturelle Projektförderung und 250.000 Euro für die Weiterentwicklung des Grugaparks, der 2029 sein 100-Jähriges feiert.
CDU: „Wir sind an die politisch akzeptable Schmerzgrenze gegangen“
Zudem soll die Schillerweise profitieren (200.000 €) und das Existenzgründerzentrum Triple Z (100.000 €), die Reithalle der Jugendfarm (100.000 €) und das Tierheim (100.000 €), das Pfingst-Open Air (100.000 €) wie auch all jene, vornehmlich kleinere Hauseigentümer, die sich an einem Hof- und Fassadenprogramm beteiligen (250.000 €). Und mehr als 500.000 Euro für öffentliche Toiletten sowie ein zusätzliches Bürgermobil, 100.000 Euro für mehr Sicherheit auf Friedhöfen sowie 50.000 Euro für Trinkwasserbrunnen im Stadtgebiet gibt’s auch.
„Wir sind“, bekennt CDU-Fraktionschef Fabian Schrumpf, im Ausnutzen des restlichen finanziellen Spielraums damit „an die politisch akzeptable Schmerzgrenze gegangen“. Will sagen: Für mehr reicht es nicht, schon gar nicht für großzügige Steuersenkungen wie sie etwa die Liberalen alle Jahre wieder und so auch diesmal beantragen. Unterm Strich schrumpft der Überschuss auf 1,8 Millionen Euro – bei einem 3,6 Milliarden Euro-Etat sind das ein Puffer von gerade mal 0,05 Prozent.
Grüne Projekte, für die aber die Prioritätenlisten korrigiert werden
Dennoch hat es gereicht für manchen „großen Schluck aus der Pulle“, wie die Grüne Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger mit Blick etwa auf die Schul-Ausgaben formuliert. Und es gibt am Ende doch ein paar Projekte, die über den Tag hinausreichen, mit denen deutlich wird, was Stephan Neumann, der grüne Fraktionschef, „moderne Mobilität“ nennt: Nicht weniger als acht Millionen Euro veranschlagen CDU und Grüne für den Bau eines Radhochweges, wie man sie etwa aus Kopenhagen kennt und derzeit in München plant.
Wo ein solcher Radweg auf Stelzen – zumindest als sinnvoller Teilabschnitt – entstehen könnte, ist noch offen. Ebenso die Frage, ob es am Ende wirklich eine Bioabfallvergärungs-Anlage auf Essener Stadtgebiet geben wird. Mittel zur Prüfung werden jetzt freigeschaufelt, ebenso für den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Immobilien in einer Größenordnung von bis zu zwei Millionen Euro. Allerdings sollen für die radweg- und Photovoltaik-Pläne andere Vorhaben in der Prioritätenliste nach hinten rutschen.
Zu wenig Geld ist eben zu wenig Geld.