Essen. Fahrgäste erleben in Essen kuriose Zustände. Taxifahrten sind je nach Taxi unterschiedlich teuer. Warum das so ist und was die Unternehmen sagen.
Normalerweise gilt in einer Stadt ein einheitlicher Taxitarif. Doch wie viel Taxikunden derzeit für eine Fahrt in Essen zahlen, gleicht einem Glücksspiel: Denn der Preis kann zurzeit deutlich variieren. Viele Taxiunternehmen fahren nämlich noch nach dem alten Tarif, einige andere bereits nach dem neuen. Dieser ist immerhin fast 20 Prozent teurer. Ein Kuriosum, das es so in Essen wahrscheinlich noch nicht gegeben hat.
Die Taxibranche selbst ist darüber nicht glücklich. Der Vorstandsvorsitzende der Funkzentrale Taxi Essen, Michael Rosmanek, spricht von einem regelrechten „Kuddelmuddel“, das zurzeit herrsche. „Was sollen die Kunden denken, wenn es der eine so, der andere so macht?“, beklagt sich Rosmanek. Auch Taxiunternehmer sprechen von einer unhaltbaren Situation. „Das führt bei den Kunden zu einem Vertrauensverlust“, glaubt Taxiunternehmer Jürgen Kowallik.
Taxi-Kunden reagieren verärgert
Momentan spielen sich in so manchem Taxi deshalb Diskussionen mit den Fahrgästen ab. „Die allermeisten akzeptieren die höheren Preise, aber es gibt auch Kunden, die die Rechtmäßigkeit anzweifeln“, berichtet Volker Lohmeier, selbst Taxiunternehmer und gleichzeitig Vorsitzender des Interessenverbandes der Mietwagen- und Taxiunternehmen (IVMT) in Essen.
In der Praxis läuft es so: Die Taxifahrer, die bereits nach dem neuen Tarif abrechnen, zücken zum Fahrtende eine entsprechende Preisliste. Sie müssen jedoch vor Fahrtantritt die Kunden auf diese Abrechnungsmethode hinweisen. Dennoch will nicht jeder die Abweichung zum Taxameter akzeptieren. Manch Taxiunternehmer hat deshalb vorsorglich sein Taxameter mit Tesaband überklebt. „Wenn der Fahrer zu Beginn der Fahrt den Kunden aufgeklärt hat, dann ist dieser auch verpflichtet, den Fahrpreis zahlen“, weist Verbandschef Lohmeier auf die rechtliche Seite hin.
Bezirksregierung erteilt Sondergenehmigung
Wie konnte es zu diesem Preischaos kommen? Der Stadtrat hatte dem neuen Taxitarif bereits im August 2022 zugestimmt und beim zuständigen Landesamt in Köln eine Eichung der Taxameter beantragt. Doch der Landesbetrieb stößt derzeit an seine Kapazitäten, weil die Taxipreise in vielen NRW-Städten mit Einführung des neuen Mindestlohnes Anfang Oktober angehoben wurden.
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat deshalb den Essener Unternehmen eine Übergangslösung erlaubt: Sie dürfen auch ohne Umstellung der Taxameter nach dem neuen Tarif abrechnen. Die entsprechende Kilometer-Preisliste ist der jeweiligen Sondergenehmigung angefügt. Allerdings: Jeder Taxiunternehmer muss diese Erlaubnis für sich beantragen.
Nach Auskunft der Bezirksregierung haben dies bis Montagmittag 18 Taxibetriebe aus Essen getan. Wie viele Fahrzeuge sie besitzen, ist jedoch nicht bekannt. Lohmeier schätzt, dass derzeit mindestens 80 von 400 Taxen zu den höheren Preisen unterwegs sind. Taxiunternehmer Kowallik beispielsweise hat sich die Genehmigung eingeholt, überlässt es jedoch seinen Fahrern, ob sie den alten oder neuen Tarif verlangen. „Nicht jeder traut sich zu, dies gegenüber den Kunden durchzusetzen“, meint er.
Eichamt in Köln: Eichung frühestens ab Ende Februar 2023
Die neuen Taxitarife liegen im Schnitt mehr als 20 Prozent über den alten. Viele Taxibetriebe zögern dennoch, diese von den Fahrgästen zu verlangen. Möglich ist, dass sie die Ausnahmeregelung noch nicht kennen, oder sie befürchten, somit Kunden zu verlieren. „Wer behauptet, er könne das trotz gestiegener Kosten verkraften, der lügt“, meint Lohmeier. Der Umsatz bei ihm ist mit den neuen Tarifen um rund 15 Prozent gestiegen. „Dieses Plus brauchen die Taxiunternehmer auch, wenn sie nicht pleite gehen wollen.“
Kowallik wie auch Lohmeier hoffen, dass alsbald wieder Einheit in den Essener Taxen herrschen wird. „Wir müssen die Eichung haben“, fordert Letzterer. Bis dies allerdings soweit sein wird, könnten noch Wochen, wenn nicht gar Monate vergehen. Das zuständige Landesamt in Köln teilte auf Nachfrage mit: „Eichungen für die neuen Tarife können durch die zuständigen Betriebsstellen nach derzeitiger Planung voraussichtlich ab Ende Februar 2023 durchgeführt werden.“