Essen. Die Taxiunternehmen können die Kosten für Lohn und Sprit kaum noch stemmen. Nun bringt eine neue Hiobsbotschaft die Betriebe auf den Baum.

Die Taxibetriebe in Essen stecken in der Kostenfalle. Hohe Benzinpreise und der kräftige Anstieg des Mindestlohns auf 12 Euro machen den Unternehmen zu schaffen. Doch die neuen Taxitarife, die die enorm gestiegenen Kosten abfedern sollten, verzögern sich weiter. Die dringend erhoffte Erhöhung zum 1. November ist nicht mehr zu halten.

„Aktuell kann ich nicht wirtschaftlich arbeiten“, sagt Taxiunternehmer Jürgen Kowallik und macht seinem Unmut Luft: „Es reicht!“ Den Taxiunternehmern und -fahrern stehe das Wasser bis zum Hals. Jeden Tag verursache allein der neue Mindestlohn hohe Mehrkosten. Kowallik hat ausgerechnet: Im Oktober stiegen die Lohnkosten in seinem Betrieb mit vier Taxen um etwa 2000 Euro. Die Bundesregierung hatte den Mindestlohn von 10,45 auf 12 Euro die Stunde und damit um fast 15 Prozent angehoben. Kowallik macht klar: „Dass der Mindestlohn steigt, ist in Ordnung. Aber ich muss das weitergeben können. Anders geht es nicht.“

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Was die Branche in Essen derzeit auf den Baum bringt: Die längst beschlossenen höheren Taxitarife kommen frühestens Mitte November, obwohl der Mindestlohn schon seit dem 1. Oktober gilt. Einen früheren Termin kann der für die Eichung der Taxameter zuständige Landesbetrieb in Köln den Essenern nicht einräumen. Das liegt unter anderem daran, dass wegen des neuen Mindestlohnes die Taxipreise in vielen Kommunen angehoben wurden und dies nun zu einem Bearbeitungsstau führt.

Der Essener Taxiunternehmer Jürgen Kowallik ist sauer, weil er die Preise ab November nicht erhöhen kann, ihm die Kosten aber davon galoppieren.
Der Essener Taxiunternehmer Jürgen Kowallik ist sauer, weil er die Preise ab November nicht erhöhen kann, ihm die Kosten aber davon galoppieren. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

„Da gilt jetzt leider: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, sagt Volker Lohmeier zähneknirschend. Lohmeier ist Vorsitzender des Interessenverbandes der Mietwagen- und Taxiunternehmen (IVMT) in Essen und hat die höheren Taxitarife mit ausgehandelt. Er räumt ein, dass sein eigenes Gewerbe dabei keine gute Figur gemacht habe. Beide Taxiverbände in Essen, der IVMT und Taxi Essen, konnten sich lange nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Ein unabhängiges Gutachten, das die Stadt deshalb in Auftrag gegeben hatte, habe Taxi Essen zunächst angefochten, so Lohmeier. Erst nach der politischen Sommerpause im August konnte der Stadtrat schließlich über die neuen Taxipreise abstimmen. Im Amtsblatt veröffentlicht und damit rechtskräftig wurden sie im September. Das ist Voraussetzung, um beim Eichamt in Köln einen Termin anzumelden.

Taxipreise in Essen werden kräftig steigen

Dass sich die Essener beim Eichamt jetzt hinten anstellen müssen, liegt also an einer ganzen Reihe von Gründen. Lohmeier schwappt der ganze Groll in diesen Tagen entgegen. „Die Kollegen sind stinkesauer.“ Als Unternehmer ist er selbst betroffen: Die Kosten gehen in die Höhe, die Einnahmen nicht.

Deshalb sollen die Taxitarife in Essen künftig kräftig steigen: Fahrgäste müssen mit der Erhöhung je nach Strecke weit über 20 Prozent mehr fürs Taxi zahlen. Der Grundpreis von heute vier Euro wird um zehn Prozent auf 4,40 Euro angehoben. Bislang kostete jeder gefahrene Kilometer zwei Euro. Das wird künftig gestaffelt. Der erste und zweite Kilometer kosten dann 2,70 Euro, der dritte und vierte 2,60 Euro und ab dem fünften Kilometer werden jeweils 2,40 Euro fällig. Fahrgäste beispielsweise, die mit dem Taxi zwei Kilometer zurücklegen, zahlen jetzt noch acht Euro, künftig 9,80 Euro. Das sind rund 22 Prozent mehr.

Taxiunternehmer Kowallik hat seinen Unmut auch gegenüber dem städtischen Verkehrsamt kundgetan. Die Verschiebung des Eichtermins auf Mitte November sei „nicht akzeptabel“, schreibt er. Kowallik regt daher an, dass die Stadt eine Ausnahme macht und die Taxen schon vor dem Eichtermin die neuen Tarife kassieren dürfen. Doch die Stadtverwaltung winkt ab: Die entsprechende Verordnung lasse das nicht zu, betont eine Sprecherin auf Anfrage.

Landesbetrieb regt einheitlichere Tarife in den Kommunen an

Der Landesbetrieb Mess- und Eichwesen NRW in Köln bedauert die derzeitige Situation: „Wir sind uns der besonderen Herausforderungen – u.a. Pandemiesituation, gestiegene Kraftstoffpreise, Fachkräftemangel – die das Taxengewerbe betreffen, durchaus bewusst“, heißt es dort. Allerdings sieht das Eichamt derzeit keine Möglichkeit, den Prozess weiter zu beschleunigen. Die Behörde ist für die technische Prüfung der Taxitarife zuständig und dieser Vorgang sei durch die Anzahl der vorhandenen Prüfplätze und der verfügbaren Fachkräfte limitiert. Hinzu kämen coronabedingte Personalausfälle. Man versuche jedoch, soweit möglich, qualifizierte Vertretungen einzusetzen.

Um die derzeitige Situation künftig zu vermeiden, regt der Landesbetrieb möglichst einheitliche Taxitarife an. Dieser Ansatz sei bereits im Münsterland umgesetzt worden. Konkret hat sich dort die Stadt Münster mit den umliegenden Kreisen auf einen einheitlichen Taxentarif geeinigt.