Essen. Es liegt nicht nur an Corona und akuter Grippewelle: An Essener Schulen fällt derzeit noch mehr Unterricht aus als sonst. Notstand in den Kitas.

An Essener Schulen fällt derzeit noch mehr Unterricht aus als sonst. Mehrere Schulen im Stadtgebiet informieren auf ihren Internet-Seiten täglich aktuell die Eltern und Schüler, dass wegen vieler Krankheitsfälle nicht alle Stunden gegeben werden können. Doch es liegt nicht allein an akuten Krankheiten, dass im Stundenplan so viel gestrichen werden muss.

Schule meldet einen Tag mehr als 30 kranke Lehrer

Die Schonnebecker Gustav-Heinemann-Gesamtschule, eine der größten Schulen in Essen, informierte in der vergangenen Woche alle Betroffenen, dass „tagesaktuell über 30 Kolleginnen und Kollegen ausfallen“ und deshalb nicht mehr nur die sogenannten Randstunden entfallen müssen. Randstunden, die ersten und letzten Stunden eines Schultages, werden immer als Erstes gestrichen, weil das organisatorisch am einfachsten ist. Die Gesamtschule weist außerdem darauf hin, dass allgemein „bei nicht meldepflichtigen Erkrankungen wie Erkältungen oder Infekten kein Attest notwendig ist“.

Auch die Geschwister-Scholl-Realschule in Borbeck erklärte den Familien zuletzt, dass es „aufgrund des stark erhöhten personellen Krankenstandes zu vermehrten Unterrichtsausfällen kommen kann“. So war es auf der Internet-Seite der Schule zu lesen.

Schulleiter glaubt: Corona kommt in großer Welle zurück

Der Leiter einer Grundschule im Essener Norden berichtet, dass grundsätzlich etwa 15 Prozent seines Kollegiums krank seien – die aktuelle Grippe- und Erkältungswelle müsse da noch hinzugerechnet werden. Wolfgang Erdmann, Leiter der Gesamtschule Nord in Vogelheim, hat beobachtet: Es ist nicht nur die neue Grippe-Welle, sondern auch Corona sei noch immer nicht vorbei. „Immer wieder melden sich Kollegen mit positiven Corona-Ergebnissen ab. Das ist noch nicht durchgestanden, sondern ich habe den Eindruck, dass da eine neue Infektionswelle auf uns zukommt.“

Doch egal, ob Corona oder Erkältung: Die Schulen trifft jede Krankheitswelle besonders hart, weil die meisten Kollegien sowieso – auch ohne Krankheitsausfälle - dauerhaft unterbesetzt sind. Zu Beginn des laufenden Schuljahres waren an Essener Schulen offiziell etwas mehr als 50 Stellen nicht besetzt. Das Problem ist allerdings noch viel größer, denn Langzeiterkrankungen und Schwangerschaften tauchen in dieser Statistik gar nicht auf. Darüber hinaus sind aktuellen Zahlen der NRW-Schulverwaltung zufolge an den 13 Essener Förderschulen insgesamt 40 Stellen dauerhaft nicht besetzt – ausgerechnet jene Schulen, die nach zwei Jahren Pandemie und Schulschließungen besonders viel zu tun haben, weil dem Vernehmen nach die Zahl der Kinder, die sonderpädagogische Förderung benötigen, massiv steigt.

Wie ein Mediziner die Lage beurteilt

Manche glauben, die besonders hohe Zahl der Ausfälle in pädagogischen Einrichtungen sei indirekt eine Corona-Folge: „Viele Lehrer gehen nach den harten Jahren einfach auf dem Zahnfleisch und sind nicht mehr so belastbar“, sagt die Leiterin einer Grundschule im Essener Norden.

Warum die Infektionen die Menschen derzeit so hart treffen, begründet der Mediziner Michael Hill, Sprecher der Essener Hausärzte, so: „Unser Immunsystem ist nach Jahren durch dass Maske tragen und der Kontakt-Einschränkungen nicht mehr trainiert.“ Deshalb würden derzeit so viele Infekte sozusagen „nachgeholt“.

Situation in den Kitas dramatisch

Auch in den Kitas der Stadt Essen herrscht Personal-Notstand: In der vergangenen Woche fehlten insgesamt, über alle Tage verteilt, 215 der 800 Erzieher und Erzieherinnen. Der Krankenstand, berichtet Jugendamt-Sprecherin Stefanie Kutschker, sei „höher als in den Jahren zuvor.“

In den 50 Kitas der Stadt Essen mussten Betreuungszeiten in der vergangenen Woche teilweise reduziert werden. Eine einzelne Gruppe habe kurz schließen müssen. Der Fachkräftemangel, berichtet Stefanie Kutschker, würde derzeit voll durchschlagen.