Essen. Die Orangerie, der zentrale Bau im Grugapark, soll einem Neubau weichen. Kosten: rund 9,4 Millionen Euro. Was im Park sonst noch zu tun ist.
Die Orangerie im Grugapark wird abgerissen. Das beschloss am Dienstag, 29. November, der Verwaltungsvorstand unter Leitung von Oberbürgermeister Thomas Kufen. Der Glasbau erfüllt zentrale Funktionen für den gesamten Park, gilt jedoch seit längerem als baulich marode. Neben Abriss und Neubau stand auch eine grundlegende Sanierung in Rede, doch hatten die Gruga-Verantwortlichen mit Umweltdezernentin Simone Raskob an der Spitze bereits früh die große Lösung als sinnvoller erachtet. Der Ratsausschuss für Umwelt muss dem Vorhaben noch zustimmen, die Ratskoalition aus Politikern von CDU und Grünen dürfte aber bereits mit im Boot sein.
Besonders alt ist der Orangerie-Komplex noch nicht, entstanden ist er erst in den 1980er Jahren im Zuge der letzten großen Park-Veränderung. Der postmoderne Glasbau beherbergt Räume für Veranstaltungen, Gastronomie, die Modelleisenbahnlandschaft „Oktorail“ und nicht zuletzt einen der wichtigsten Park-Eingänge.
Abriss und Neubau wird viele Jahre in Anspruch nehmen – Grugapark ist dann Baustelle
Bei den Abrissplänen stützt sich die Stadt auf eine von externen Fachleuten erstellte Machbarkeitsstudie, die von Sanierungen eher abriet. „Der gesamte Gebäudekomplex weist massive Schäden und Instandhaltungsrückstände auf und ist in erheblichem Umfang sanierungsbedürftig. Eine partielle Instandsetzung einzelner Gebäudeteile ist nicht möglich, sodass der Komplex kurzfristig bis auf die Primärkonstruktion (Pfosten-Riegelkonstruktion aus Stahl) zurückgebaut und vollständig erneuert werden müsste“, heißt es warnend in dem Gutachten. Teilweise sei nicht fachgerecht gebaut worden.
Melanie Ihlefeld, Leiterin des Grün und Gruga-Betriebs der Stadt, sprach dennoch von einem „schwierigen Abwägungsprozess“. Denn Abriss und Neubau ist nicht nur die teuerste, sondern für den Alltagsbetrieb des Grugaparks auch die folgenreichste Variante. Für mehrere Jahre wird der Grugapark an seinem zentralsten Ort zu einer Baustelle.
Kosten für das Neubauprojekt: rund 9,4 Millionen Euro
Wann der Abriss genau erfolgen soll und was stattdessen entsteht, ist derzeit noch offen und hängt vom weiteren Prozedere ab. Geplant ist – alle Beschlüsse vorausgesetzt – ein Architektenwettbewerb im Jahr 2023, dem 2024 der Abriss folgen könnte und in den zwei Jahren danach würde dann der Neubau entstehen. Die Gesamtkosten belaufen sich laut Gutachten auf rund 9,4 Millionen Euro. In einem ersten Schwung soll der Umweltausschuss 450.000 Euro für die Planung des Projektes freigeben.
Erhalten bleiben soll lediglich das Gebäude des ehemaligen Terrariums links von der Orangerie, der so genannte „Kubus“. Der quadratische Zweckbau beherbergte zu Zeiten, als der Grugapark noch mehr Tierhaltung besaß, Krokodile, Schlangen und anderes exotische Getier. Heute wird das Haus von der Gruga-Verwaltung genutzt.
Für die Oktorail-Modelleisenbahn ist die Zeit abgelaufen
Für den kompletten Neuanfang spreche, dass mit einem Neubau die Modernisierung der Gastronomie, der sanitären Anlagen und des Eingangsbereichs am besten umzusetzen und energetische Gesichtspunkte am leichtesten zu berücksichtigen seien, so Ihlefeld. Da sich die Gruga in den nächsten Jahren auch das Thema Klimaschutz in besonderer Weise auf die Fahnen schreiben will, sähe es nicht gut aus, wenn man selbst Architektur unterhält, in der Energie verschwendet wird. Daher soll der Neubau höchsten energetischen Anforderungen genügen, heißt es.
Mit der Entscheidung geht für das „Oktorail“ die Zeit im Grugapark definitiv zu Ende: „Der Vertrag endet Ende 2023 und wird auch nicht verlängert“, kündigt Ihlefeld an.
Die Modelleisenbahnlandschaft hat nur an Sonntagen geöffnet, der Zuspruch sei bescheiden. Man trenne sich aber nicht im Streit und führe konstruktive Gespräche mit dem Betreiber, dem man helfen wolle, auf Wunsch einen anderen Standort in Essen zu finden.
Der Lesepavillon an der Tummelwiese ist geschlossen, seine Zukunft unklar
Auch an anderer Stelle im Park ist etwas zu Ende gegangen: Seit langem wirkt der Lesepavillon an der großen Tummelwiese verwaist, und das hat seinen Grund: Das Projekt „Kubig400“ ist beendet, der Trägerverein hat sich nach Angaben der Grugaverwaltung im Sommer aufgelöst. Der „Kulturbau im Grugapark“ konnte sich nicht durchsetzen, die Mischung aus ambitionierten Musikveranstaltungen und sonntäglichen Lesebetrieb im Sommerhalbjahr ist leider Geschichte.
Zurzeit ist der aufwendig sanierte Pavillon, der zur Bundesgartenschau 1965 entstand, für Parkbesucher nicht mehr zugänglich. Wie es genau weitergeht, ist laut Grün und Gruga-Chefin Melanie Ihlefeld noch nicht klar. Man wolle den Bau im Stil der klassischen Moderne aber weiter nutzen, in jedem Fall für interne Veranstaltungen und die „Schule Natur“. Möglicherweise soll der Pavillon aber darüber hinaus auch zum Beispiel mit Ausstellungen wieder in begrenztem Umfang für jedermann offen sein.
Für das frühere Restaurant „Landhaus“ stehen die Zeichen auf Abbruch
Schon seit Jahren leer steht auch das frühere Restaurant „Landhaus“, das es in einer etwas ruhigeren Ecke des Parks neben der Rollschuhbahn immer schon schwer hatte. „Das Landhaus ist laut unserem Gastronomiekonzept überflüssig“, sagt Ihlefeld, deshalb soll es abgerissen werden. Wann ist aber noch offen, zumal der benachbarte Kiosk, der erhalten bleibt, den Kühlraum des Landhauses seit jeher mit nutzt und darauf auch weiterhin angewiesen ist. „Hierfür brauchen wir noch eine Lösung, und auch für die öffentlichen Toiletten im Gebäude des Landhauses“, sagt Ihlefeld. Sie sind in diesem Teil des Parks unentbehrlich.
Wenn diese Fragen geklärt sind und der Abriss möglich ist, kann der Grugapark faktisch sogar um einige hundert Quadratmeter wachsen. Neben dem dann freien Landhaus-Grundstück selbst, gibt es noch eine große Fläche dahinter, die derzeit als Abstellplatz genutzt wird. Dort stehen zum Beispiel überzählige Stelen, für die das Grüne-Hauptstadt-Büro offenbar keine geeigneten Aussichtspunkte in Essen mehr gefunden hatte. „Was wir mit dieser gesamten Fläche genau machen, ist noch offen“, sagt Parkleiter Christian Kamer.
Marode Brücken: Ausgang Hirschgehege bleibt bis auf weiteres gesperrt
Seit langem gesperrt ist der Park-Ausgang Hirschgehege, und nicht nur das, auch der Weg dorthin. Dieser wurde durchaus von Grugapark-Besuchern auch dann genutzt, wenn sie nicht hinausgehen wollten – etwa um das Rotwild zu beobachten.
Nach Auskunft der Gruga-Verwaltung wird die Sperrung noch eine ganze Weile bleiben, denn die hölzernen Brücken, die kurz vor dem Ausgang das Bachtal queren, sind marode und nicht mehr verkehrssicher. Eine Weile behalf sich die Gruga-Verwaltung mit Provisorien, doch sei auch dies nicht mehr verantwortbar. Eine Sanierung stellte Ihlefeld für die Jahre 2023/24 in Aussicht.
Der Rollschuhverein hat jetzt eine eigene Halle
Aufmerksamen Park-Besuchern mag aufgefallen sein, dass an der alten Rollschuhbahn einige marode Nebengebäude abgerissen wurden, stattdessen mitten auf der einst offenen Fläche nun eine neue Halle steht. „Die Halle ist ein alter Wunsch des Roll- und Eissportvereins Gruga, um wetterunabhängiger zu sein“, sagt Melanie Ihlefeld. Finanziert worden sei das Projekt mit Fördergeldern. Die Wellblech-Optik der Halle zahlt nicht gerade auf das Konto Park-Ästhetik ein, laut Ihlefeld ist aber eine Begrünung vorgesehen.
Ein weiteres Thema ist der Rosengarten, der nach seiner Sanierung und edlen Umzäunung zu den ästhetisch wirklich gelungenen Park-Bereichen zählt. Nach starken Regenfällen ist er jedoch in Teilen mit normalem Schuhwerk unpassierbar, und das noch Tage nach dem Regen-Ereignis.
Am Rosengarten kann nach starken Regenfällen das Wasser nicht abfließen
Der Grund ist auch für den Laien erkennbar: Es gibt ein Gefälle zum Teich hin, auf den Wegen um den Teich sammelt sich dann das Wasser und kann dort nicht abfließen, nur verdunsten, und das dauert eben. Im Winter sind hier bei Minus-Temperaturen rutschige Eisflächen zu erwarten.
Grün und Gruga-Chefin Ihlefeld sieht den Grund für dieses Malheur in einer während der Bauphase erfolgten Verdichtung des Bodens, sodass Regenwasser nun nicht mehr wie vorher versickern kann. Um das zu verbessern, will man so schnell wie mögliche kleine Gräben ausheben und den Boden wieder auflockern.