Essen. Zwei Jahre wurde geplant, gewerkelt und geputzt. Nun gibt’s im Haus oberhalb der großen Tummelwiese wieder Lesebetrieb und Veranstaltungen.

Sich spontan für eine ehrenamtliche Aufgabe zu begeistern, ist das eine. Zwei Jahre lang durchzuhalten und manches Wochenende zu opfern, ist dann noch mal etwas anderes. Brigitte und Christian Gnaß haben mit einem Dutzend Unterstützern geschafft, was die Gruga-Verwaltung kaum noch zu hoffen wagte: Der lange vor sich hindümpelnde historische Glaspavillon oberhalb der großen Tummelwiese wird am kommenden Wochenende als „KUBIG400 – Kulturbau im Grugapark“ – neu eröffnet.

Das Nutzungskonzept ruht auf zwei Säulen: Im Sommerhalbjahr wird sonntags wieder ein Leseraumbetrieb angeboten, wie es ihn hier schon früher einmal gab. Zur freien Verfügung stehen Bücher über Landschaft, Kunst, Kultur, Reise und Architektur, sowie etliche Kinderbücher. Ferner gibt es regionale Sachbücher und natürlich einiges über den Grugapark. Der Lesestoff wurde gespendet, teils aber auch vom Ehepaar Gnaß privat gekauft, etwa aus Alt-Beständen der Stadtbibliothek. Ausleihe ist nicht möglich, eine ehrenamtliche Aufsicht soll unerwünschte „Mitnahmeeffekte“ verhindern.

„Perfekter Raum für künstlerische Experimente“

Ambitionierte Veranstaltungen sind das zweite Standbein. In einer im April startenden Reihe „Kabinett-Adapter“ verknüpft der Essener Künstler Florian Walter visuelle mit akustischen Phänomenen. „Der Pavillon ist der perfekte Raum für Experimente dieser Art“, schwärmt Gnaß. Im Juni 2016 beginnt dann die Reihe „Grenzgänge“. Es geht um Improvisationen und Klang-Erforschungen der menschlichen Stimme, das Konzept hat die Jazz-Sängerin Imke Johanne Spöring erarbeitet.

Errichtet wurde das elegante Lesehaus für die Bundesgartenschau 1965 „als bewusst kubischer Kon­trast zur umgebenden Parklandschaft“, weiß Christian Gnaß, der Gestaltung studierte und in einem Architekturbüro arbeitet. Die klassische Moderne liebte solche Natur-Kultur-Kontraste, die aber nur selten in Parks erhalten blieben.

Der Name Kubig400 spielt auf die rund 400 Kubikmeter Raumvolumen an, soll Abkürzung sein und an die architektonische Grundidee des letzten baulichen Buga-Relikts erinnern. Der Wert des Pavillons wurde lange unterschätzt, die Substanz war entsprechend marode.

Gruga-Verwaltung half mit Geld für wichtige Sanierungsarbeiten

Immerhin aber: Vor einem Abriss scheute die Gruga-Leitung zurück. Als klar war, dass der Verein Kubig400 der Anfangsbegeisterung auch Taten folgen lassen würde, kratzte die Gruga Restgeld zusammen, ließ den Eingangsbereich, das undichte Flachdach, die Deckenverkleidung und die Elek­trik sanieren. Gnaß’ Verein sorgte in Eigenleistung für Reinigungen, kleinere Reparaturen und Umbauten und besorgte gebrauchte, wertige Sitzmöbel. Details wie eine Bodensanierung und die Entfernung alter Klimaanlagen aus den Glas-Wänden sollen irgendwann folgen.

„Zu unser aller Glück ist das Kubig-Team auf dem langen Weg zusammengeblieben und nun startklar“, freut sich Christian Gnaß. Alle haben sich ein wenig in den Pavillon verliebt, Geist und Herzblut investiert, waren sich aber auch nicht zu schade, den Putzlappen zu schwingen – und hoffen nun, dass neue und alte Grugafreunde ihren Enthusiasmus belohnen.