Essen. Backwerk will sein Billig-Image ablegen. In Essen ist ein neuer Concept Store an den Start gegangen – als Vorbild für den deutschen Markt.

Die dynamisch wachsende Back-Gastronomie-Kette „Backwerk“ setzt am Standort Essen Akzente: An der Porschekanzel hat am Mittwoch (9. November) die Musterfiliale für den deutschen Markt ihre Pforten geöffnet. Das „neue Backwerk“ zeigt, wohin die Reise bei Deutschlands größtem Back-Gastronom gehen soll: weg vom Discount- und Billig-Image und hin zu „mehr Frische und Qualität“. Das alles versucht Backwerk weiterhin mit einem attraktiven Preisgefüge zu verwirklichen.

Im Laufe des nächsten Jahres sollen weitere deutsche Backwerk-Filialen genauso umgebaut werden wie der „Concept Store“ in bester Essener Innenstadtlage. Als Nächstes sei Hannover an der Reihe, verrät Backwerk-Manager Dick de Vilder. Als „Director Concept & Brand BackWerk“ soll der Niederländer von der Zentrale in der Limbecker Straße (130 Mitarbeiter) aus, die Expansion in Deutschland, Österreich, Schweiz und Niederlanden vorantreiben.

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Filialleiter Dr. Heinz Günter Zorn und sein Partner Vandy Supendik sind verantwortlich für den neuen Concept Store von Backwerk.
Filialleiter Dr. Heinz Günter Zorn und sein Partner Vandy Supendik sind verantwortlich für den neuen Concept Store von Backwerk. © FUNKE Foto Services | Julian Heppe

Gut vier Wochen haben sie für den Umbau der Backwerk-Filiale gebraucht und dabei das Lokal in Ausstattung und Design komplett umgekrempelt. Die Zeiten, als Backwerk sich als schlichte SB-Bäckerei verstand, sind längst vorbei. Die Musterfiliale präsentiert sich in trendigen Farben und viel Holz. Die Tische sind aus heller Eiche und die Stühle – so wie das Firmenlogo – schwarz und weiß. Wer die Schwelle zum Geschäft betritt, soll Platz nehmen und verweilen.

Erstmals werden bei Backwerk in Deutschland sogenannte Pinsa-Variationen und belegte Focaccia in den Variationen Caprese, Serrano, Falafel (Stück 2,50 Euro, zwei für 4,50 Euro) angeboten. Pinsa – das ist eine Mischung aus Pizza und Foccacia: knuspriger dünner Teig mit Belag zum Beispiel aus Käse, Salami/Schinken, Tomate und Ruccola. In ovalen gusseisernen Brätern werden zwei Suppen (3,90 Euro) angeboten: Kürbis und Tomate.

Auch die alte Trennung zwischen Kühl- und Heißtheke ist aufgehoben: Heiße Sandwiches und Snacks werden jetzt vor den Augen des Kunden frisch im Grill auf Temperatur gebracht. Zum neuen Selbstbewusstsein passt der Hinweis auf die eigenen Rezepturen. Der Gast passiert mit dem Tablett die lange Theke, aus der er sich bedienen kann. Auch den Kaffee – von Latte macchiato über Cappuccino bis Milchkaffee – wählt er per Tastendruck aus. Wer von Kaffees aus der neuen Siebträgermaschine profitieren möchte, wird vom Personal bedient. Abgerechnet wird zum Schluss an der Kasse.

Dass die Blicke der Kundschaft in die offene Küche hinter die Theke fallen, geschieht mit Absicht. Man will Transparenz zeigen: Die Herstellung ist ebenso sichtbar wie die frischen Zutaten, wie zum Beispiel den Käse aus einer holländischen Käserei. Das Lokal verfügt samt Terrasse über rund 100 Plätze.

Die Erfolgsstory von Backwerk: Mit einer SB-Bäckerei fing es 2001 an

Zwei Suppen bietet der Concept Store an: Kürbis und Tomate. Von der Theke fällt der Blick in die Küche.
Zwei Suppen bietet der Concept Store an: Kürbis und Tomate. Von der Theke fällt der Blick in die Küche. © FUNKE Foto Services | Julian Heppe

Backwerk hat zu Beginn des Jahrtausends damit begonnen, das bis dahin traditionell strukturierte deutsche Bäckereigewerbe aufzumischen. 2001 öffnete Backwerk in Düsseldorf Deutschlands erste SB-Bäckerei: ein neuer Typus Bäckerei, der immer mehr Marktanteile erobern sollte. Als große Discounter wie Aldi und Lidl ihrerseits lange Selbstbedienungs-Back-Zonen in ihre Märkte einzogen und Backwerk Konkurrenz machte, begann Backwerk damit, sich zusehends als Back-Gastronom zu positionieren.

In den vier Ländern Deutschland, Niederlande, Österreich, Schweiz betreibt die Kette inzwischen mehr als 340 Filialen, die meisten davon nach dem Franchise-System und stets in sogenannten Hochfrequenzlagen (z. B. Fußgängerzonen großer Städte oder Bahnhöfen).

Auch die Filiale an der Porschekanzel in Essen ist bis zum Umbau als Franchise-Unternehmen geführt worden. In der neuen Musterfiliale hingegen hat Backwerk wieder selbst das Sagen. Der alte Franchisenehmer bleibt aber weiterhin Chef der Filiale. Weitere Backwerks in Essen finden sich am Willy-Brandt-Platz, in Steele (Hansastraße), in Frohnhausen (Krefelder Straße) und zwei Mal im Hauptbahnhof.

Deutschland-Zentrale von Backwerk steht ebenfalls in Essen

Die Deutschland-Zentrale, das sogenannte „Franchise Center“, hat Backwerk ebenfalls in Essen aufgeschlagen: in der Limbecker Straße, nur ein Steinwurf vom neuen Concept Store entfernt. Vieles von dem, was jetzt in der neuen deutschen Musterfiliale umgesetzt wird, hat Dick de Vilder bereits in seiner niederländischen Heimat in leitender Position erfolgreich praktiziert. An der Spitze des Franchise-Centers soll er das „Food-Service-Format“ nun im lukrativen deutschen Markt samt Österreich und Schweiz neu ausrichten – nach dem Beispiel der Porschekanzel-Filiale. Das neue Essener Backwerk-Konzept sei in lediglich fünf Monaten umgesetzt worden, sagt de Vilder.

Das Unternehmen Backwerk ist 2017 von der Schweizer Valora-Gruppe für 190 Millionen Euro übernommen worden, die sich selbst als „führende Food-Convenience-Anbieterin“ bezeichnet. Erst vor einem Monat habe der mexikanische Femsa-Konzern die Valora-Gruppe übernommen, teilt das Unternehmen auf seiner Webseite mit. 2021 hatte Valora die Kette „Back Factory“ von Harry-Brot übernommen mit der Absicht, sie in das Backwerk-Netz einzugliedern. Bereits 2012 schluckte Valora die Brezelbäckerei Ditsch, die in Essen am Hauptbahnhof vertreten ist. Auch das Frittenwerk hat sich Valora 2021 einverleibt. Eine der beiden Essener Filialen befindet nur wenige Schritte von der neuen Musterfiliale entfernt: an der Porschekanzel/Ecke Kettwiger Straße.

Um das Essener Publikum auf den neuen Backwerk-Geschmack zu bringen, sind am Mittwoch als Kostprobe 1000 Gratis-Focaccia-Snacks unters Volk gebracht worden.