Essen. Ein Gutachten empfiehlt die Überdachung des Nichtschwimmerbeckens im Grugabad. Die Sanierung des maroden Bades soll aber Vorrang haben.
Mit dem Grugabad verbinden viele Essenerinnen und Essener Kindheitserinnerungen. Architektonisch zählt das 1964 eröffnete Freibad zweifellos zu den herausragenden Bauten dieser Stadt, ja der Region. Mit den Jahren hat jedoch nicht nur der Besucherzuspruch gelitten, sondern auch die Bausubstanz. Die Stadt Essen will nun den nächsten Schritt gehen, um es von Grund auf zu sanieren und „zukunftsfähig“ zu machen.
Das verspricht sich die Politik von einem Umbau des Freibades in ein Ganzjahresbad. Ob es so kommt, bleibt abzuwarten nicht zuletzt angesichts gewaltiger Kosten. Die von der Stadt mit der Steuerung des Projektes beauftragte Ingenieurgesellschaft Constrata aus Bielefeld beziffert diese auf immerhin bis zu 90 Millionen Euro.
„Braucht die Stadt überhaupt ein Ganzjahresbad an diesem Standort?, fragt Heide Koch. Für die „Grugabadfreunde“ sei diese Frage noch nicht endgültig beantwort, sagt die Vorsitzende des 150 Mitglieder starken Vereins, der sich für den Erhalt des Bades stark macht.
„Die Stadt packt das Bad nun an“, das sei die gute Nachricht – fünf Jahre, nachdem die Stadt zu einem „Zukunftsworkshop“ geladen hatte und in denen „nicht viel passiert ist“, wie Heide Koch anmerkt.
Zum politisch erwünschten Ganzjahresbetrieb haben sich Bielefelder Ingenieure bereits Gedanken gemacht. Sie legen der Stadt eine Überdachung des Nichtschwimmerbeckens nahe, dessen Wasserfläche in einen Schwimmer- und einen Nichtschwimmerbereich aufgeteilt würde. Die Rutsche, deren Form an einen Elefanten erinnert, stünde also in einem Hallenbad, welches zum Freibadbereich und zu den Liegewiesen hin geöffnet werden soll.
Von der Alternative, der Überdachung des 50-Meter-Sportbeckens und der angrenzenden Tribüne, wo weitere Angebote wie Sauna und Rutschen geschaffen werden könnten, rät Constrata hingegen ab. Noch voluminöser wirkt dieser Entwurf. Einen zusätzlichen Bedarf für eine weitere Wettkampfstätte neben dem Bad am Thurmfeld und dem Schwimmzentrum Rüttenscheid sehen die Ingenieure nicht, dafür befürchten sie durch die Nähe zur Grugatherme einen „Verdrängungswettbewerb“ um Besucher.
Einer Einhausung des Wellenbades können die Gutachter ebenfalls wenig abgewinnen, böten sich dort weniger Optionen für weitere Angebote. Und auch der Vorschlag der Grugabadfreunde, gleich hinter der Tribüne eine neue Schwimmhalle zu errichten, wird von Constrata verworfen. Würde eine Schwimmhalle doch mehr Wasserfläche und noch höhere Betriebskosten bedeuten.
Als nächster Schritt will die Stadt nun einen Architektenwettbewerb ausloben, sofern die Politik zustimmt. Dieser Wettbewerb soll Optionen für einen Ganzjahresbetrieb, wie es heißt, „planerisch entwickeln“. Bei allem, was dann folgt, hätte die Denkmalpflege ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Seit September 2020 steht das Grugabad unter Denkmalschutz. Eine Überdachung des Nichtschwimmerbeckens werde von der Unteren Denkmalbehörde „nicht grundsätzlich abgelehnt“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung für die kommende Sitzung des für Sport und Bäder zuständigen Ausschusses des Stadtrates. Begeisterung klingt anders.
Priorität soll laut Verwaltung aber die längst überfällige Sanierung des Bades haben. Die zu erwartenden Kosten sind inzwischen deutlich gestiegen, Constrata geht von bis zu 47,6 Millionen Euro aus und weist nicht nur auf sichtbare Schäden an Beton und Armierung hin, sondern auf diverse Schadstoffe, die aufgrund des Baujahres vermutet werden, darunter Asbest und PCB. Da schlummert also womöglich noch die ein oder andere teure Überraschung. Einen Puffer in Höhe von 20 Prozent haben die Gutachter bei ihrer Kostenschätzung bereits mit eingeplant, auch wegen der zuletzt rasant gestiegenen Baukosten.
Den finanziellen Bedarf für die kommenden beiden Jahre beziffert die Verwaltung zunächst auf rund 7,2 Millionen Euro. Ein Baubeginn wird für 2025 angestrebt, wobei das Bad aufgrund des, wie es heißt, desolaten Zustandes, vorrangig saniert und die Überdachung erst zu einem späteren Zeitpunkt folgt. Die Grugabadfreunde, kündigt Heide Koch an, wollen derweil Nutzerinnen und Nutzer nach ihren Wünschen befragen.