Essen-Stadtwald. Vertreter des Radentscheids halten die Vorschläge von CDU und Grünen für mehr Sicherheit auf der Wittenbergstraße in Essen für nicht akzeptabel.

  • Die Vorschläge von CDU und Grünen zum Radweg an der Wittenbergstraße rufen Reaktionen hervor.
  • Jetzt meldet sich die Initiative Radentscheid zu Wort.
  • Ihr gehen die Vorschläge der Parteien nicht weit genug.

Die Vorschläge von CDU und Grünen, die sich für mehr Sicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer auf der Wittenbergstraße in Essen-Stadtwald einsetzen, kommen bei der Initiative Radentscheid nicht gut an. Das sind die Gründe.

Der Tenor: Um wirklich sicher zwischen Stadtwald und Rüttenscheid unterwegs zu sein, bräuchten Radfahrer eine deutlich breitere Spur von 2,5 Metern, die sie allein nutzen könnten. Um den nötigen Raum dafür zu gewinnen, müsse man den Autofahrern wiederum eine Spur pro Richtung wegnehmen, so Stephan Rütt vom Radentscheid. Für die Initiative gehen die Vorschläge von CDU und Grünen nicht weit genug. CDU-Vertreter hatten sich für eine „Protected Bike Lane“ mit Kunststoffschwellen und überfahrbaren „Schildchen“ starkgemacht. Die Grünen hatten für eine Umweltspur plädiert, die Busse und Radfahrer gemeinsam nutzen könnten.

Vertreter des Radentscheids Essen lehnen die Vorschläge von CDU und Grünen ab

Die Vertreter des Radentscheids begrüßen zwar das Engagement der Politik für mehr Sicherheit für Radfahrer auf der Wittenbergstraße, halten aber die Vorschläge für wenig hilfreich. Sie gingen nicht weit genug und entsprächen nicht den im Radentscheid definierten Zielen und Standards, die der Rat im August 2020 mit den Stimmen von CDU, Grünen, SPD und anderen beschlossen habe. Die Politik müsse sich an den Standards, die sie selbst beschlossen habe, orientieren, statt „halb gare Ideen zu verfolgen“, so Stephan Rütt. „Wir fühlen uns von Stadt und Politik mit unseren Einwänden oft nicht gehört“, ärgert sich Claudia Harfst vom Radentscheid über den Umgang mit der Initiative.

Weil die Fahrspuren sehr eng sind, überfahren Lkw und größere Pkw oft die Grenze zum Radstreifen und gefährden so Radfahrer.
Weil die Fahrspuren sehr eng sind, überfahren Lkw und größere Pkw oft die Grenze zum Radstreifen und gefährden so Radfahrer. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Diese hält die Gestaltung der Wittenbergstraße ohnehin für eine Fehlplanung. Die Straße gehöre zum Hauptroutennetz für den Radverkehr und werde als zentrale Nord-Süd-Verbindung zwischen Rüttenscheid und Stadtwald entsprechend intensiv von Radfahrenden genutzt. Trotz ihrer Bedeutung für den Radverkehr weise die Straße lediglich Radfahrstreifen mit einer Breite von teils nur einem Meter auf. In der Praxis führe das regelmäßig zu Abständen zwischen Kraftfahrzeugen und Radfahrenden, die unter den geforderten anderthalb Metern lägen. Dies belegten erste Auswertungen des Open-Bike-Sensor-Projektes, bei dem Radfahrer mit Hilfe von am Rad montierten Sensoren die Abstände zu Kraftfahrzeugen messen und dokumentieren können.

Zwei schmale Fahrstreifen böten zu wenig Raum für moderne und größere Fahrzeuge, um sicher nebeneinander zu fahren. In der Folge wichen die Kraftfahrzeuge regelmäßig auf den Radfahrstreifen aus und gefährdeten so die Radfahrer. Die Breite der Fahrstreifen unterschreitet laut Radentscheid das Mindestmaß von 1,85 Metern. Für Verkehrssituationen wie an der Wittenbergstraße seien Fahrstreifenbreiten von zwei Metern empfohlen.

Kunststoffschwellen mit biegsamen Schildchen verhindern Überholvorgänge

„Die vom Rat beschlossenen Ziele des Radentscheids sehen für Radverkehrsanlagen, die zu den Hauptrouten zählen und an Hauptstraßen liegen, eine Breite von 2,5 Metern vor“, so Stephan Rütt vom Radentscheid. „Eine solche angemessene Breite von 2,5 Metern ist hier nicht nur aufgrund der Beschlüsse zwingend. Sie ist ebenso aufgrund der Verkehrsbelastung und der Höhenunterschiede im Verlauf der Wittenbergstraße notwendig. Überholen, auch von Lastenrädern oder Fahrrädern mit Anhängern, muss hier für schnellere Radfahrende möglich sein.“

Auf der Strecke würden sich zwangsläufig Überholvorgänge ergeben. Bereits aus diesem Grund scheide der Vorschlag der CDU aus, da eine bauliche Ergänzung des heutigen einen Meter breiten Fahrstreifens mit Kunststoffschwellen und biegsamen Schildchen Überholvorgänge über lange Strecken ausschließe. „Sie stellen also eher ein Hindernis und Sicherheitsrisiko für Radfahrende dar“, so Rütt.

Die Geschwindigkeitsunterschiede schlössen darüber hinaus – speziell für die Fahrtrichtung nach Süden – die von den Grünen vorgeschlagene Umweltspur aus. Denn dort müssten die Busse der Ruhrbahn über eine längere Strecke hinter den Radfahrenden bleiben, die sich mit teils sehr geringen Geschwindigkeiten bewegten. „Nicht jeder fährt ja ein E-Bike“, betont Claudia Harfst.

Radfahrer haben Angst auf kombinierten Fahrstreifen

„Der Radentscheid lehnt die Idee der Grünen zu einer Umweltspur darüber hinaus ab, weil die Erfahrung zeigt, dass Radfahrende solche kombinierten Fahrstreifen aus Angst meiden. Die zahlreichen negativen Reaktionen auf die Umweltspur in der Innenstadt untermauern das. Was umgangssprachlich Umweltspur heißt, ist rechtlich ein Sonderfahrstreifen für Busse, der für den Radverkehr freigegeben ist“, heißt es in der Stellungnahme der Initiative.

Mit Blick auf die Nähe des Alfried-Krupp-Krankenhauses könne man überlegen, den Radfahrstreifen so weit zu verbreitern, dass er im Einsatzfall problemlos von Polizei und Rettungskräften befahren werden könne. „Je nach der Ausgestaltung und Anordnung der Kunststoffschwellen könnte die von der CDU geforderte bauliche Trennung hier zum Einsatz kommen, unter der Voraussetzung einer Breite von 2,5 Metern für den Radfahrstreifen“, so Stephan Rütt.

Die Wittenbergstraße lasse über weite Strecken ihres Verlaufs eine Installation von baulichen Schutzelementen zu. Rütt: „Die Essener Parteien und das Amt für Straßen und Verkehr haben hier aus unserer Sicht eine sehr gute Gelegenheit, eine Vorzeigelösung für unsere Stadt zu schaffen.“