Essen. Herzklappenfehler, an denen Patienten früher starben, behandelt man nun minimalinvasiv. In Essen tauschen sich Kardiologen zu den Eingriffen aus.
Sie kennen und schätzen sich, arbeiten schon länger zusammen, nun organisieren zwei Herzspezialisten von Uniklinik und Elisabeth-Krankenhaus Essen gemeinsam eine Fortbildung für Kollegen und Kolleginnen aus der Stadt und der Region. Thema ist die interventionelle Kardiologie: Die umfasst all jene Eingriffe am Herzen, die minimalinvasiv per Kathetertechnik erfolgen und so oft eine schnellere und schonendere Behandlung für die Patienten bieten.
Prof. Dr. Tienush Rassaf ist Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie (Herz- und Gefäßmedizin) an der Uniklinik Essen, Dr. Thomas Schmitz ist Chefarzt im selben Bereich am Elisabeth-Krankenhaus. Beide Häuser bieten das komplette Spektrum der interventionellen Kardiologie und haben hier jeweils 5000 bis 6000 Eingriffe im Jahr. Es handle sich natürlich nicht allein um Patienten aus Essen, sagt Rassaf „Wir haben eine große Strahlkraft in die Region.“
Mit der Veranstaltung „Essen Intervention“ am 11. November auf Zollverein wollen die Krankenhäuser (neue) Möglichkeiten der interventionellen Kardiologie vorstellen „und unsere Kooperation sichtbarer machen“, sagt Schmitz. Unter den bisher gut 100 Medizinern und Medizinerinnen, die die Hybridveranstaltung vor Ort oder online verfolgen wollen, seien neben Kollegen von ähnlichen Zentren auch Fachärzte, die niedergelassen oder an kleineren Häusern arbeiten.
Diese sehen die Patienten oft als erste, überweisen sie an die spezialisierten Zentren und kümmern sich später um die Nachsorge. „Viele von ihnen wollen wissen, worauf sie achten müssen oder welche Bilder wir brauchen“, sagt Schmitz. „Und was möglich ist.“ Wie die Behandlungen im Katheterlabor aussehen können, erleben die Teilnehmer auf Zollverein anhand von vier „Live-in-the-Box“-Fallvorstellungen. Diese gefilmten Eingriffe können jederzeit für Erklärungen unterbrochen werden.
Die Herzmedizin hat eine hohe Dynamik
Das seien spannende Aufzeichnungen, verspricht Rassaf: „Die Herzmedizin hat eine extreme Dynamik.“ Für viele Patienten mit einem Herzklappenfehler heißt das, dass sie heute keine große Herzoperation mehr benötigen, sondern mit einem interventionellen Eingriff über die Leiste behandelt werden können. „Wir sprechen uns natürlich immer mit der Chirurgie ab, für welche Fälle die Intervention infrage kommt“, betont Rassaf. Man lerne ständig dazu, könne immer mehr Patienten interventionell behandeln.
„Für viele dieser Patienten gab es früher keine gezielte Behandlungsmöglichkeit“, ergänzt Thomas Schmitz. Noch vor zehn, 15 Jahren habe die interventionelle Kardiologie vor allem „der Reparatur der Herzkranzgefäße“ gedient. Heute werden auf diese Weise Aorten- und Mitralklappe behandelt, inzwischen auch die Trikuspidalklappe. So kann mehr Betroffenen geholfen werden, können mehr Leben gerettet werden.
Ältere Patienten kommen schneller wieder auf die Beine
Von den minimalinvasiven Eingriffen können sich die oftmals älteren Patienten außerdem rascher erholen. Vielfach erfolgen die Eingriffe mit örtlicher Betäubung und vergleichsweise schnell. 20 Minuten könne man etwa für die Aortenklappe veranschlagen, sagt Rassaf. Und während die Patienten nach einer Herzoperation auf die Intensivstation kommen und einige Tage liegen müssen, könnten sie nach den interventionellen Eingriffen praktisch sofort wieder aufstehen. „Der Patient ist erheblich schneller wieder mobil“, betont Schmitz. So bauen sich seine Muskeln nicht so stark ab und die Thrombosegefahr sinkt.
„Das Gesamtpaket in der Kardiologie habe sich unglaublich verkürzt“, fasst Rassaf zusammen. In einer älter werdenden Gesellschaft sei das eine wichtige Botschaft. Auf Zollverein kämen nun einige der „Taktgeber“ dieser dynamischen Disziplin zusammen.