Essen. Essens Sozialdezernent kritisiert das Bürgergeld: Arbeit lohne sich weniger, Steuerzahler müssten Leute alimentieren, die nicht bedürftig sind.

Essens Sozialdezernent Peter Renzel (CDU) hat seine scharfe Kritik am geplanten Bürgergeld erneuert. Im sozialen Netzwerk Facebook nannte er das Bürgergeld „ein richtig schlechtes Gesetz“, das so nicht beschlossen werden dürfe. „Es ist ein Schlag ins Gesicht derer, die jeden Tag mit eigener Hände Arbeit für ihren Lebensunterhalt sorgen und nicht auf die Leistungen des Staates angewiesen sein wollen“, erklärte Renzel, dem die Leitung des städtischen Jobcenters untersteht.

Das neue Bürgergeld soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten und Hartz IV ablösen. Das Bundeskabinett hatte dem Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Mitte September zugestimmt. Vorvergangene Woche debattierte erstmals der Bundestag darüber. Regierungsparteien und Opposition lieferten sich einen heftigen Schlagabtausch.

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Das Bürgergeld-Gesetz sieht unter anderem eine sechsmonatige „Vertrauenszeit“ vor, in der das Jobcenter möglichst keine Sanktionen aussprechen soll. Das bisherige Prinzip des „Förderns und Forderns“ wird abgelöst durch eine Praxis, die auf Kooperation und weniger Kontrolle setzt. Außerdem werden in den ersten beiden Jahren die Wohnkosten vom Jobcenter finanziert und Ersparnisse stärker als bislang geschont.

„Wir (die Stadt, Anm. d. R.) sollen zwei Jahre lang tatsächlich für jeden neuen Hilfeempfänger jegliche Miete inklusiv der anfallenden Heizkosten übernehmen. Diese Regelung liegt völlig konträr zum bisher geltenden gesellschaftspolitischen Grundsatz der Subsidiarität“, kritisiert Renzel.

Renzel zum Bürgergeld: Schonvermögen „unverhältnismäßig hoch“

Gleiches gilt aus seiner Sicht beim neuen Schonvermögen in den ersten beiden Jahren. Die Vermögensfreigrenze soll 60.000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 30.000 Euro für jede weitere Person der Bedarfsgemeinschaft betragen. Dies sei „unverhältnismäßig hoch“. So könnte beispielsweise ein Ehepaar mit zwei Kindern trotz 150.000 Euro Spar- und Barvermögens, weiterem Vermögen, das der Altersvorsorge dient, zwei Kraftfahrzeugen und selbst genutzten Wohneigentums - jeder Größe - Bürgergeld erhalten. „Diese Regelung führt tatsächlich dazu, dass wir Steuerzahler für zwei Jahre mit dem Leistungsbezug von Personen belastet werden, bei denen grundsätzlich von einer ausreichenden Eigenleistungsfähigkeit ausgegangen werden kann“, so Renzel.

Bereits vor einigen Wochen hatte der CDU-Politiker die und geplante Abkehr vom Prinzip „Fördern Fordern“ kritisiert. Die nunmehr deutliche Lockerung der Sanktionspraxis in den Jobcentern hält Renzel für den falschen Weg: „Nach den Erkenntnissen auf allen Ebenen gibt es klare Hinweise, dass die Möglichkeit, bei Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen auf Sanktionen zurückzugreifen, eine wichtige Rolle für eine wirksame Arbeit der Jobcenter spielen.“

Renzel fordert: Anhebung des Regelsatzes vom Bürgergeldgesetz abkoppeln

Mit dem Bürgergeld ist auch eine Anhebung des monatlichen Regelsatzes für Hartz-IV-Empfänger verbunden. Renzel lobt dies ausdrücklich, fordert jedoch, die Erhöhung von der Verabschiedung des neuen Bürgergeld-Gesetzes abzukoppeln. „Die Taktik der Ampelkoalition in Berlin ist für mich aktuell leider sehr durchschaubar: Wenn die Opposition dem Bürgergeld-Gesetz im Bundestag nicht zustimmt und die Länder im Bundesrat auch keine Mehrheit zustande bekommen und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Grundsicherungsleistung nicht vom Gesetzesvorhaben abkoppelt und anhebt, wird die Ampel mit dem Finger auf die Opposition zeigen, die dann Schuld ist, dass die Grundsicherungsempfänger nicht mehr Geld bekommen. Ein perfider Plan auf dem Rücken der Grundsicherungsempfänger.“