Essen. Auf Anfrage der Essener SPD-Landtagsabgeordneten nennt das Land einen Zeitplan für den Weiterbau des RS1. Die Reaktion: Kritik und Enttäuschung.
„Der schnellste Weg durchs Revier!“ Mit diesen Worten wirbt das Land NRW für den Radschnellweg RS1. Was Planung und Bau der Trasse angeht, ist der Radschnellweg jedoch längst zum Radschleichweg verkommen. In diesem Eindruck fühlen sich zumindest die Essener SPD-Landtagsabgeordneten Julia Kahle-Hausmann, Frank Müller und Thomas Kutschaty nach einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung bestätigt. Denn diese legt in ihrer Antwort folgenden Schluss nahe: Vor 2029 wird das wohl nichts mit der Radautobahn durchs Ruhrgebiet.
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Deutliche Kritik üben die drei Parlamentarier in diesem Zusammenhang am mit den Planungen betrauten Landesbetrieb Straßen.NRW. Zum wiederholten Male habe es der Landesbetrieb versäumt, sich mit anderen beteiligten Behörden abzustimmen. Frank Müller spricht gar von einem Planungsfehler.
Dem Landesbetrieb Straßen.NRW werfen die SPD-Abgeordneten Planungsfehler vor
Der Vorwurf des Krayer Abgeordneten zielt auf die vorgesehene Entwässerung des 1,8 Kilometer langen Trassenstücks zwischen Kray-Nord und der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen. Die Umweltbehörde der Stadt Essen hatte den Entwurf wie berichtet zurückgewiesen. Die Landesregierung nennt in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage dazu nun nähere Details. So wollte der Landesbetrieb das Oberflächenwasser in eine Mulde ableiten. Die Untere Wasserbehörde verwies jedoch auf den hohen Grundwasserspiegel und verweigerte ihre Zustimmung.
Dies sei nicht gerade ein Beispiel für die Planungskompetenz von Straßen.NRW, so der Kommentar der drei Essener Abgeordneten. „Dieser Eindruck verfestigt sich nach der Posse um Masten, die mitten auf der Radwegtrasse aufgestellt wurden“, moniert Frank Müller.
In Essen-Kray soll es mit dem Bau des RS1 nun erst 2023 weitergehen
Zur Erinnerung: Deutsche Bahn hatte auf der für den Radschnellweg vorgesehenen Trasse 83 Strommasten platziert, offenbar in Unkenntnis der Planungen des Landesbetriebes. Während sich Straßen.NRW auf Anfrage der Redaktion noch im September nicht auf einen Baustart für den Krayer Streckenabschnitt festlegen wollte, wird die Landesregierung zumindest etwas konkreter. Der Baubeginn für diesen Abschnitt sei für 2023 vorgesehen.
Davon ist Straßen.NRW im nördlich der Essener Innenstadt gelegenen Eltingviertel noch Jahre entfernt. Die Radautobahn soll dort über den Bahndamm geführt werden, der das Eltingviertel von der Innenstadt trennt. Um Platz für neue Wohnungen zu schaffen, soll der Damm teilweise abgetragen werden. Die Stadt Essen bereitet einen entsprechenden Bebauungsplan-Entwurf. So weit, so bekannt.
Mit dem Bau des RS1 im Eltingviertel ist frühestens Ende 2026 zu rechnen
Und das ist nicht die einzige verbliebene Baustelle entlang der geplanten Trasse: Erst wenn im Eltingviertel Baurecht besteht, will Straßen.NRW mit den Planungen für einen Brückenschlag vom Universitätsviertel über die Gladbecker Straße ins Eltingviertel beginnen. So hatte es der Landesbetrieb gegenüber der Redaktion angekündigt. Zweieinhalb Jahre nehmen Planung und Genehmigung nach Angaben der Landesregierung in Anspruch.
Die Landesregierung lässt auf Anfrage der Essener Landtagsabgeordneten nun wissen, dass mit dem Bau des RS1 durchs Eltingviertel frühestens Ende 2026, Anfang 2027 zu rechnen sei. Da der Bahndamm zur Andienung des östlich des Werksgeländes von Evonik/Goldschmidt genutzt wird, muss zunächst ein neuer Gleisanschluss gebaut werden, erst dann können die bisher genutzten Gleise eisenbahnrechtlich entwidmet und schließlich zurückgebaut werden.
Essener SPD-Abgeordnete sprechen mit Blick auf den RS1 von bitterer Enttäuschung
Straßen.NRW hatte angekündigt, die Planungen für einen neuen Gleisanschluss beim zuständigen Eisenbahnbundesamt im kommenden Jahr einreichen zu wollen. Laut Landesregierung dürfte die Genehmigung spätestens im Herbst vorliegen, nach Ausführungsplanung und Ausschreibung soll der Bau des neuen Gleisanschlusses ein Jahr später beginnen. Anfang 2027 könnte der Bahndamm dann von seinem bisherigen Betriebszweck befreit werden. Erst dann ging es an den Bau der Radtrasse. Im Idealfall seien die Bauarbeiten Ende 2029 beendet, konstatieren die Essener SPD-Abgeordneten.
„Wir haben mit vielen anderen Essenern auf die schnelle Umsetzung des RS1 gehofft. Acht Jahre nach Umsetzungsbeschluss wurde noch nicht einmal die Gleisanschlussplanung erstellt. Das ist eine bittere Enttäuschung für uns alle“, kommentiert Julia Kahle-Hausmann den sich dahinschleppenden Bau des Radschnellweges.
Ihr Kollege Frank Müller wirft die Frage auf, mit welcher Ernsthaftigkeit das Land den Weiterbau, der vielfach als Leuchtturmprojekt beschriebenen Radautobahn verfolgt. Die Prioritäten lägen offenbar woanders.