Essen. Für ein Trassenstück in Essen-Kray fehlen Genehmigungen, im Eltingviertel gibt es noch kein Baurecht. Wann und wo es mit dem RS1 weitergeht.

Er gilt als Leuchtturmprojekt, doch der Bau des Radschnellweges RS1 entpuppt sich längst als zähe Angelegenheit. Auf Essener Stadtgebiet geht es nur schleppend voran.

Das gilt auch für das 1,8 Kilometer lange Teilstück zwischen Kray-Nord und der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen. Anfang des Jahres hatte der zuständige Landesbetrieb Straßenbau NRW die geplante Trasse freigeschnitten. Begonnen haben die Bauarbeiten bislang aber nicht. Auf einen Termin will sich der Landesbetrieb nicht festlegen. Es fehlten noch „umweltbehördliche Genehmigungen“ durch die Stadt Essen.

Auf einen Termin für den Baustart will sich Straßen.NRW nicht festlegen

Nach Angaben des städtischen Umweltamtes handelt es sich um die Erlaubnis für die Entwässerung der Radtrasse in einen Bachlauf und um eine Befreiung nach Landschaftsrecht durch die Untere Naturschutzbehörde. Der Landesbetrieb habe die dafür notwendigen Unterlagen noch nicht eingereicht. Sobald diese vorlägen, werde der Antrag mit Priorität bearbeitet. Die Umweltbehörde geht davon aus, dass die Genehmigung noch im Laufe des September erteilt werden könnte. Ob die Bauarbeiten an der Radtrasse durch Straßenbau NRW noch in diesem Jahr aufgenommen werden, bleibt offen.

Das Trassenstück zwischen Kray und Gelsenkirchen ist nur ein Mosaikstein des Radschnellweges auf Essener Stadtgebiet. „Immerhin wäre es das erste Teilstück, das nach dem RS1-Standard gebaut wird“, sagt Mirko Sehnke, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), mit ironischem Unterton.

2017 präsentierte das Stadtplanungsamt spektakuläre Entwürfe für den Verlauf des Radschnellweges RS1 durchs Eltingviertel nördlich der Innenstadt. Die Stadt ist inzwischen davon abgerückt, die Trasse durch Häuser zu führen.
2017 präsentierte das Stadtplanungsamt spektakuläre Entwürfe für den Verlauf des Radschnellweges RS1 durchs Eltingviertel nördlich der Innenstadt. Die Stadt ist inzwischen davon abgerückt, die Trasse durch Häuser zu führen. © FUNKE Foto Services | Stadtplanungsamt Essen

Die Trasse wird 7,50 Meter breit, davon sind 2,50 Meter für Fußgänger vorgesehen. Im Essener Westen, wo der Radweg auf der alten Trasse der Rheinischen Bahn verläuft, bevor daraus der RS1 werden sollte, gilt dieser Standard nicht.

Aus Sicht des ADFC kann es also nur besser werden. Denn Essens Fahrradverbände sind enttäuscht darüber, dass der Bau des Radschnellweges nicht endlich Fahrt aufnimmt. Das gilt allen voran für die geplante Trasse durch das nördlich der Essener Innenstadt gelegene Eltingviertel. Es wäre das Herzstück des RS1.

Der Bahndamm, der das Viertel von der Innenstadt trennt, soll teilweise abgetragen werden, um Platz für neue Wohnungen zu schaffen. Die Gleistrasse, die auf dem Bahndamm verläuft, soll zum Radschnellweg umgebaut werden. Doch noch werden die Schienen gebraucht. Güterzüge, die das Werksgelände von Evonik Goldschmidt östlich der Schützenbahn anfahren, nutzen es zum Rangieren.

Der Bau des Radschnellweges durchs Eltingviertel hängt an der Verlegung eines Gleises

Der Gleisanschluss muss zunächst verlegt werden. Auf Anfrage der Redaktion erklärt der Landesbetrieb Straßenbau, dass die dafür notwendigen Planungen dem Eisenbahnbundesamt in der ersten Jahreshälfte 2023 vorgelegt werden sollen.

Erst wenn der neue Gleisanschluss in Betrieb ist, können die Gleise auf dem Bahndamm entwidmet werden, da sie für Eisenbahnzwecke nicht mehr benötigt werden. Danach würde Straßenbau NRW mit den Planungen für den Radschnellweg durchs Eltingviertel beginnen. Wann dies der Fall sein wird, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht belastbar benennen, heißt es vonseiten des Landesbetriebes.

Fünf Jahre, nachdem die Stadt Essen der Öffentlichkeit spektakuläre Entwürfe für einen Radweg vorgelegt hat, der im Eltingviertel durch Häuser und über Dächer führen sollte, ist man keinen sichtbaren Schritt weitergekommen. Auch wenn die Stadt von den ehrgeizigen Plänen längst Abstand genommen hat. Die Neugierde, die der damalige Planungsdezernent Hans-Jürgen Best damals für den RS1 in Essen weckte, ist einer ermüdenden Routine gewichen, mit der das Projekt weiterverfolgt wird.

Anlässlich der Eröffnung der Radbrücke über den Berthold-Beitz-Boulevard im Juni 2021 demonstrierten Vertreter der Essener Radfahrinitiativen für den Weiterbau des RS1.
Anlässlich der Eröffnung der Radbrücke über den Berthold-Beitz-Boulevard im Juni 2021 demonstrierten Vertreter der Essener Radfahrinitiativen für den Weiterbau des RS1. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Auch die Planungen für eine Radbrücke über die Gladbecker Straße lassen weiter auf sich warten. Eine Sprecherin des Landesbetriebes weist auf Anfrage der Redaktion daraufhin, dass noch kein Baurecht für den RS1 durchs Eltingviertel besteht. Sobald der Bebauungsplan der Stadt Essen rechtskräftig sei, werde Straßenbau NRW mit den Planungen der Brücke beginnen. Die städtische Planungsverwaltung bereitet derzeit die Offenlage des Bebauungsplanes vor. Im kommenden Jahr soll der Plan politisch beschlossen werden.

Allen, die nun schon seit Jahren auf die Fertigstellung des Radschnellweges in Essen warten, bleibt nichts anderes übrig, als sich weiterhin in Geduld zu üben. Für den ADFC kündigt Sprecher Mirko Sehnke noch für dieses Jahr eine weitere Protestaktion an, „damit das Projekt nicht in Vergessenheit gerät“.