Essen. Kletterunternehmer Guido Krautkrämer hat eine ehemalige Krupphalle zu seiner vierten „Boulderbar“ umgebaut. Was Klettersportler dort erwartet.

Der Kletter-Trendsport Bouldern hat in Essen eine neue Adresse: Guido Krautkrämer hat vor wenigen Tagen seine „Boulderbar“ auf der Münchener Straße eröffnet. Es ist neben Wattenscheid, Bochum und Oberhausen die vierte Halle, die der Unternehmer mit seiner Firma Neoliet betreibt. „Der Start in Essen war super. Die Halle ist bislang genauso gut genutzt wie unsere beste in Gelsenkirchen“, berichtet Krautkrämer.

Beim Bouldern klettern die Sportlerinnen und Sportler an Wänden bis zu vier Meter hoch, ohne mit einem Seil gesichert zu sein. Dicke Matten am Boden sollen Verletzungen bei Abstürzen verhindern. Essen galt dabei einst sogar als Pionierstadt für diesen Sport. 2004 eröffnete mit „Citymonkey“ in Haarzopf die erste Halle in ganz Deutschland – es gibt sie bis heute.

Konkurrenz der Boulderhallen in und um Essen steigt

Obwohl in jüngster Zeit in den Nachbarstädten gleich mehrere Boulderhallen entstanden sind, ist Krautkrämer davon überzeugt, dass es in der Studentenstadt Essen noch Potenzial gibt. Allerdings musste er lange nach einem passenden Standort suchen. „Ich bin über viele Monate selbst immer wieder durch die Stadt gefahren. Schließlich habe ich diese Halle in einem Immobilienportal gesehen“, erzählt der 48-Jährige.

Die Immobilie in der Münchener Straße 106 liegt im Sirius-Businesspark und gehörte einst der Aufzugssparte von Thyssenkrupp. Neoliet hat sie für zehn Jahre gemietet und sich eine Verlängerungsoption für weitere zehn Jahre gesichert.

Guido Krautkrämer sitzt mit Betriebsleiterin Katharina Schäfer in der neuen Boulderhalle. Dort kann man nicht nur Klettern, sondern die Pausen dazwischen bei einem Kaffee auf dem Sofa verbringen.
Guido Krautkrämer sitzt mit Betriebsleiterin Katharina Schäfer in der neuen Boulderhalle. Dort kann man nicht nur Klettern, sondern die Pausen dazwischen bei einem Kaffee auf dem Sofa verbringen. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Auf den 2000 Quadratmetern hat Krautkrämer mehrere überdimensionale Blöcke einbauen lassen, an denen sich nun die Kletterer ausprobieren können. Den alten dunkelgrauen Fliesenboden hat Krautkrämer dabei ebenso in der Halle belassen, wie den Deckenkran aus Kruppzeiten. Auch lichte Stahlträger und -treppen sowie große Oberlichtfenster bewahren den alten Industrie-Charme. Für den Gastronomiebereich hat Krautkrämer gebrauchte, wulstige Sofas, Tische, Stühle sowie Kronleuchter auf Ebay erstanden. Ein alter Teppich seines Großvaters liegt nun unter einem der Tische. All das soll eine „Wohnzimmer-Wohlfühlatmosphäre“ ausstrahlen, auch wenn der Vergleich zugegeben in einer solch riesigen Halle eher schwierig ist.

Kletterer brauchen immer wieder einen neuen Kick

Der Erfolg der Boulderhallen entscheidet sich ohnehin in einem anderen Punkt. Nämlich wie es gelingt, für die Kletterer immer wieder neue Herausforderungen zu schaffen. Krautkrämer beschäftigt dafür ein eigenes 20-köpfiges Schrauberteam, das die Parcours aus Griffen an den Wänden stets verändert. Auch in der Essener Halle wird künftig jede Woche eine Wand neu gestaltet.

Die Kletterparcours haben verschiedene Schwierigkeitsstufen, die an den Wänden mit Nummern von 1 bis 9 gekennzeichnet sind. Auch Kinder und Anfänger können sich somit ausprobieren. Wer sich zum ersten Mal an die Kletterwand wagt, bekommt außerdem von einem „Teamer“ eine Einweisung, berichtet Betriebsleiterin Katharina Schäfer. Die besteht in erster Linie aus Sicherheitshinweisen. Beim Klettern selbst heißt es vor allem Ausprobieren. „Wer hier klettert, ist meist nicht lange allein. Die Sportler geben sich gerne gegenseitig Tipps. Bouldern ist ein äußerst sozialer Sport“, sagt die 32-Jährige.

In der Boulderhalle gibt es auch ein sogenanntes Kilter-Board. Per Smartphone-App lassen sich darauf Parcours von Kletterern aus der ganzen Welt anzeigen, bzw. kann man dort eigene „Klettertouren“ ausprobieren und anschließend in der App für andere zum Nachmachen einstellen.
In der Boulderhalle gibt es auch ein sogenanntes Kilter-Board. Per Smartphone-App lassen sich darauf Parcours von Kletterern aus der ganzen Welt anzeigen, bzw. kann man dort eigene „Klettertouren“ ausprobieren und anschließend in der App für andere zum Nachmachen einstellen. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Für einen Tag in der Boulderhalle zahlt man bei Guido Krautkrämer 11,50 Euro, Studenten, Schüler und Rentner 10,50 Euro. Es gibt außerdem Rabattkarten. Auch ein Jahresabo kann man abschließen. Ob sich die allgemein galoppierenden Lebenshaltungskosten dahingehend auswirken, dass sich der eine oder andere demnächst eine Klettertour spart, darüber mag Guido Krautkrämer nicht spekulieren. „Warum soll ich mir über Dinge Sorgen machen, die ich nicht ändern kann“, meint er. In seinen 15 Jahren als Unternehmer habe er schon mehrere Hochs und Tiefs durchlebt. Zuletzt die Corona-Krise, „bei der wir dank staatlicher Unterstützung mit einem blauen Auge davongekommen sind.“ Auch ein privater Investor aus den Niederlanden, den Krautkrämer seit Jahren an seiner Seite weiß, sei eine wichtige Stütze.

Krautkrämer selbst ist ein Kletterenthusiast, schon seit seiner Jugend. Nach einem Unfall als 16-Jähriger in einem Hattinger Steinbruch kam er zum Deutschen Alpenverein nach Essen, um in dessen Halle den Sport zu erlernen. Sein Studium als Sport- und Erdkundelehrer beendete er zwar, als Lehrer dagegen arbeitete er nie. Vor 15 Jahren machte Krautkrämer aus seiner Sportleidenschaft ein Unternehmen. Seine Firma Neoliet beschäftigt heute 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seinen Werdegang beschreibt er selbst mit einem Wort: „Unglaublich.“