Essen-Bergerhausen. Moni Kuhlen aus Essen-Bergerhausen lebt seit über 20 Jahren mit einem Spenderorgan. Warum das Werben für Organspenden für sie Lebensaufgabe ist.
- Vor über 20 Jahren hat die Essenerin Moni Kuhlen eine neue Leber erhalten.
- Seitdem engagiert sie sich zum Thema Organspende.
- Sie klärt auf Stadtteilfesten und Messen auf.
Vor 22 Jahren begann das zweite Leben von Moni Kuhlen aus Essen-Bergerhausen. Damals erhielt die heute 65-Jährige eine neue Leber. Aus Dankbarkeit und weil ihr das Thema wichtig ist, engagiert sie sich seit 20 Jahren für die Essener Gruppe des Vereins „Lebertransplantierte Deutschland“, klärt über Organspende auf und erzählt ihre Geschichte.
Dass sie ihre drei Enkel aufwachsen sehen kann, ist nicht selbstverständlich für Moni Kuhlen. Im Jahr 2000 hatten die Ärzte sie bereits aufgegeben, schickten sie aus dem Krankenhaus nach Hause, damit sie ihr letztes Weihnachtsfest mit ihrer Familie verbringen konnte. Am 27. Dezember bekam Moni Kuhlen dann die Nachricht, die ihr Leben verändern sollte: Eine Spenderleber war gefunden. Bis heute lebt die Mutter von zwei Töchtern gut mit dem neuen Organ, das sie sofort als ihr eigenes akzeptierte.
Essenerin erhielt die Leber einer 18-Jährigen
„Ich kann ganz normal leben, meinen Alltag bewältigen, einkaufen gehen. Ich habe keine Schmerzen, es ist von Anfang alles sehr gut gelaufen, ich habe mich nach dem Krankenhaus-Aufenthalt und der Reha schnell erholt“, blickt Moni Kuhlen zurück. Doch bis sie am 28. Dezember – „quasi ein verspätetes Weihnachtsgeschenk“ – die Leber einer verstorbenen 18-Jährigen erhielt, hatte die Bergerhauserin bereits einen langen Leidensweg hinter sich.
Bereits mit sechs Jahren erkrankte sie an Hepatitis A, mit 13 Jahren wurde eine extreme Fettleber bei ihr diagnostiziert, mit 17 und 18 Jahren erkrankte sie jeweils an einer Leberentzündung. In den 1980er Jahren nahm sie Medikamente gegen Migräne sowie Antidepressiva. „Dann hat mir eine mir nahestehende Person zum Alkohol geraten, weil ich schlecht einschlafen konnte. Ich wollte eigentlich keinen Alkohol trinken, weil meine Eltern Alkoholiker waren, habe es dann aber doch getan und konnte gut einschlafen.“
Erst habe sie täglich eine Flasche Bier getrunken, dann wurden es immer mehr. „Richtig harte Sachen habe ich nie getrunken“, sagt Moni Kuhlen. Von 1993 bis 1999 dauerte diese Phase, ihre Leberwerte wurden immer schlechter. „Irgendwann stand ich vor der Entscheidung, mich zu Tode zu trinken oder weiterleben zu wollen, auch für meine Kinder. Und ich habe mich für das Leben entschieden und den Entzug selbst zu Hause gemacht – und geschafft.“ Immer, wenn das Bedürfnis nach Alkohol zu groß geworden sei, habe sie Wasser getrunken.
Vereinsmitglieder halten Vorträge
Für Informationen ist Moni Kuhlen vom Verein Lebertransplantierte Deutschland als Ansprechpartnerin für Essen, Gelsenkirchen, Mülheim, Oberhausen und Bottrop zu erreichen unter 0201 3657664 (10.30 bis 18 Uhr) oder per E-Mail unter moni.kuhlen@lebertransplantation.de .
Sie und die anderen Vereinsmitglieder sind auch für Vorträge zu buchen.
Doch es kam noch schlimmer: Die gelernte Uhren- und Schmuckverkäuferin bekam eine schwere Ammoniakvergiftung. „Ich bin gelb angelaufen, war orientierungslos, bin immer wieder ins Koma gefallen.“ Alkohol und Medikamente hatten ihre Leber zerstört, ihr Zustand sei lebensbedrohlich gewesen. „Ich hatte dann selbst den Gedanken, dass mir nur eine Transplantation helfen könnte“, sagt die Essenerin, die erst einmal Probleme hatte, auf eine Warteliste für ein neues Organ zu kommen. In Bonn gelang es ihr schließlich.
Für Spenderorgane gibt es lange Wartelisten
„Voraussetzung ist, dass man ein halbes Jahr trocken ist und bereit ist, lebenslang eine Gesprächstherapie zu machen, um einen Alkoholrückfall zu vermeiden“, erläutert die 65-Jährige. Die Ärzte gaben ihr damals nur noch wenige Monate. „Meine Familie wusste das, ich selbst nicht. Deshalb habe ich mich riesig gefreut, dass ich im September endlich gelistet und am 21. Dezember 2000 noch einmal höher gestuft wurde.“
Als der Anruf am 27. Dezember kam, musste alles ganz schnell gehen. „Am 28. Dezember bin ich operiert worden. Alles ging gut, ich hatte von Anfang an ein positives Gefühl mit meiner neuen Leber.“ Nach drei Wochen Krankenhausaufenthalt konnte sie nach Hause, weitere drei Wochen Reha folgten. Moni Kuhlen ist dankbar für ihr neues Leben, zündet an jedem 27. Dezember in der Kirche eine Kerze für ihre Spenderin und die Angehörigen an, erzählt sie.
Mit der neuen Leber kann die Bergerhauserin normal leben
Damit die Spenderleber nicht abgestoßen wird, muss die Bergerhauserin lebenslang Medikamente nehmen, anfangs wurden ihre Leberwerte wöchentlich überprüft. „Ich darf keine Grapefruit essen oder deren Saft trinken, soll möglichst kein rohes Fleisch essen und wegen der großen Narbe nicht schwer heben. Aber sonst gibt es keine Einschränkungen.“
Über 20 Jahre lebt Moni Kuhlen jetzt mit der neuen Leber. „Leber und Niere können gut 100 Jahre alt werden. Im Prinzip kann ich meine Leber sogar noch spenden“, sagt sie. Dass man mit einer transplantierten Leber 30 oder auch 40 Jahre gut lebe, sei keine Seltenheit. „Leider gibt es sehr wenige Organspenden, denn eigentlich kommen dafür nur Organe von Menschen in Frage, die im Krankenhaus durch eine Hirnblutung nach einem Schlaganfall oder einem gerissenen Aneurysma sterben“, sagt Kuhlen. Dass es sich bei den Spendern meist um junge Unfalltote handele, sei eine falsche Annahme.
Nur wenige Menschen kommen als Organspender in Frage
Schon wenige Monate nach der Transplantation sei ihr die Todesanzeige eines 38-Jährigen aufgefallen, unter der stand: „Organspende hätte sein Leben retten können.“ Moni Kuhlen wurde daraufhin Mitglied im Verein Lebertransplantierte Deutschland, berät und betreut inzwischen seit über 20 Jahren Leberkranke, Patienten auf der Warteliste, Lebertransplantierte und deren Angehörige, informiert auf Stadtteilfesten und Messen zu Themen wie Hirntod-Diagnose und Organspende, laminiert Spenderausweise, hält Vorträge in Schulen oder bei Vereinen. „Das ist meine Lebensaufgabe.“
Die Bergerhauserin appelliert an ihre Mitmenschen, einen Organspenderausweis auszufüllen. „Und natürlich würde ich mich freuen, wenn es in Deutschland wie in anderen Ländern die Widerspruchsregelung geben würde, so dass jeder Organspender ist, der nicht ausdrücklich widerspricht.“