Essen. Ein Essener Sportverein rät Kindern jetzt, im Neoprenanzug am Schwimmkurs teilzunehmen. Die Wassertemperatur im Bad wurde um sieben Grad gesenkt.
Während erste Kommunen angesichts steigender Energiekosten schon Schwimmbäder schließen, hält Essen am Weiterbetrieb aller zehn Hallenbäder fest. „Schließungen sind aktuell nicht geplant und würden erst in der Notfallstufe zum Tragen kommen“, sagt Stadtsprecher Burkhard Leise. Bislang werden in den städtischen Bädern die Wassertemperaturen nur moderat gesenkt. In privatwirtschaftlich betriebenen Becken wird es mitunter merklich kühler, ein Bad senkte die Temperatur gleich um sieben Grad: Darum bittet der Sportverein die Eltern nun, ihre Kinder im Neoprenanzug zum Schwimmkurs zu schicken.
„Manche Kinder kommen gut mit dem kühleren Wasser klar, andere fangen an zu weinen“, sagt Ursula Wimmer, Sportwartin beim DJK Heisingen. Der bietet seine Kinderschwimmkurse im Hallenbad der Seniorenresidenz „Augustinum“ an. Dort hatte das Wasser bislang eine Wohlfühltemperatur von 32 Grad Celsius. Nun sind es noch 25 Grad. Für Babys und Kleinstkinder ist das zu kalt, Kindern ab zwei Jahren rät der DJK zum Neoprenanzug. „Als Kursleiterin trage ich jetzt selbst einen, sonst könnte ich das nicht aushalten.“
Träger von Seniorenresidenzen senkt bundesweit Wassertemperatur
Gut Zweidrittel der kleinen Kursteilnehmer beherzigen den Kleidertipp, auch begleitende Eltern kommen im sonst eher Surfern und Tauchern vorbehaltenen Outfit. Andere Familien lassen den Kurs ruhen; den Platz abgeben möchte niemand gern: Die meisten haben lange darauf gewartet. „Wie andere Vereine haben wir für die Kinderschwimmkurse Wartelisten“, sagt Wimmer.
Man folge den Empfehlungen der Bundesregierung und habe die Wassertemperatur in allen Seniorenresidenzen bundesweit von 32 auf 25 Grad gesenkt, sagt eine Sprecherin der in München ansässigen Augustinum-Gruppe. Das Haus in Essen habe alle Nutzer im August darüber informiert. Die Leiterin der Residenz habe sich vergeblich bei anderen Vereinen um Kursplätze für die Kinder vom DJK bemüht und dann eine Erstattung der Kursgebühren angeboten. „Wir machen dem Augustinum keinerlei Vorwurf“, betont Ursula Wimmer. Auch die Teilnehmerinnen der Aquapower-Kurse seien von Bade- auf Neoprenanzug umgestiegen, nur die älteren Wassergymnastik-Teilnehmerinnen blieben derzeit lieber zu Hause.
Die meisten Essener Schwimmbäder werden mit Erdgas beheizt
So werden Essens Bädern beheizt:Alte BadeanstaltAltenessen: Fernwärme; Stadtbad Borbeck: Erdgas; Nord-Ost-Bad: Erdgaskessel + Erdgas-Blockheizkraftwerk (BHKW); Schwimmzentrum Rüttenscheid: Erdgas; Stadtbad Werden: Erdgas; Stadtbad Kupferdreh: Erdgaskessel + Erdgas-BHKW; Friedrichsbad: Erdgaskessel + Erdgas-BHKW; Sportbad Thurmfeld: Erdgaskessel + Erdgas-BHKW; Schwimmzentrum Oststadt: Erdgas + Solarabsorberanlage für das Freibad; Schwimmzentrum Kettwig: Erdgas; Freibad Dellwig: Wärmepumpe mit Wärmenutzung aus dem Rhein-Herne-Kanal; Freibad Steele 11: Erdgas; Grugabad: Nahwärmeversorgung aus dem Biomasse-Heizwerk Grugapark.
In den Freibädern wurde die Wassertemperatur in dieser Saison von 26 auf 24 Grad Celsius gesenkt. In Hallenbädern mit mehreren Becken, wird die Wassertemperatur im Mehrzweckbecken auf maximal 26 Grad gesenkt. Die Wassertemperatur in Becken, die bisher schon eine niedrigere Temperatur hatten, bleibt unverändert. In Becken für „sensible Gruppen“ – Reha-Sport, Babyschwimmen – war das Wasser bisher 30 Grad und wärmer, nun dürfen es maximal 30 Grad sein. Warmbadetage sind gestrichen.
In Sport- und Turnhallen wird die Raumtemperatur in der Heizperiode auf eine abgesenkte Soll-Temperatur von 16 Grad Celsius eingestellt. Sollte die Bundesregierung die Notfallstufe (Stufe 4) ausrufen, gibt es eine weitere Absenkung auf 15 Grad. Noch kann in Bädern und Hallen mit Warmwasser geduscht werden.
Jüngst hatte bereits NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) angesichts der Energiekrise um Verständnis für geschlossene Bäder und niedrigere Wassertemperaturen geworben. „Wir müssen Gasmangellagen verhindern, und dafür müssen wir Energie sparen. Und wenn dann dazu gehört, in diesem Winter Einschränkungen auch beim Betrieb von Bädern in Kauf zu nehmen, dann werbe ich sehr dafür, das mitzumachen.“
Warmbadetage sind in Essen gestrichen
So hält es auch die Stadt Essen und hat die Temperaturen in allen Bädern gesenkt: 26 Grad Celsius müssen für Sport- und Hobbyschwimmer neuerdings reichen; Warmbadetage sind komplett gestrichen. Auch die Lufttemperatur habe man angepasst; geduscht werden kann bislang noch mit warmem Wasser. Rücksicht nimmt die Stadt auf „sensible Gruppen“, die bisher auf Wassertemperaturen von 30 Grad aufwärts setzen durften: In Becken, die etwa für Babyschwimmen genutzt werden, wird das Wasser immerhin auf „maximal 30 Grad“ geheizt.
Da sich die Personalsituation nach Ende der Freibadsaison entspannt habe, könne man noch alle Hallenbäder offen halten. Mit den bisherigen Energiesparmaßnahmen lasse sich „der Gasverbrauch gemessen am Gesamtverbrauch um rund 17 Prozent reduzieren“, sagt Stadtsprecher Burkhard Leise. Welche Kosteneinsparungen man damit erzielen könne, lasse sich noch nicht sagen.
Beim Hundeschwimmen blieb das Wasser ungeheizt
Einen hohen Energiebedarf hatte bisher das Friedrichbad, in dem die Wassertemperatur grundsätzlich bei 30 Grad lag: Das kleine Bad in Frohnhausen öffnet nur wenige Stunden in der Woche für den öffentlichen Badebetrieb, meist wird es für Sport- und Gesundheitskurse genutzt. Aktuell und mindestens bis zum Jahresende wird das Wasser auf „nur“ 29 Grad geheizt. „Wir haben die Temperatur nicht weiter absenken können, da sonst der laufende Kursbetrieb gefährdet wäre“, sagt der Leiter des Sport- und Gesundheitszentrums Friedrichsbad, Johannes Gehenio. Einzelne Beschwerden habe es gegeben, aber das sei „kein neues Phänomen“: Auch bei 30 Grad war einigen Teilnehmern das Wasser zu kalt.
In ungeheiztes Wasser sprangen übrigens die Vierbeiner am Sonntag (9.10.) im Grugabad: 14,7 Grad wurden vor dem Hundeschwimmen gemessen.