Essen. Beim Saisonstart der Freibäder wollte die Stadt Essen von gedrosselten Wassertemperaturen nichts wissen. Doch jetzt greift der Notfallplan Gas.

Zu Beginn der Freibadsaison dachte die Stadt Essen noch nicht daran, die Wassertemperaturen im Grugabad und anderen Freibädern wegen des Ukraine-Krieges zu drosseln. Essens größtes Freibad werde weiterhin normal beheizt, lautete die beruhigend wirkende Ansage der Sport- und Bäderbetriebe beim Saisonstart. Doch sechs Wochen später hat sich der Wind gedreht: Berlin hat die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen und die Städte aufs Energiesparen eingeschworen. Die Stadt Essen senkt die Temperaturen in ihren drei Freibädern deshalb um zwei Grad von 26 auf 24 Grad. Wie Stadtsprecherin Silke Lenz bestätigt, folge Essen damit der Empfehlung des Bundes und des Deutschen Städtetages.

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24 Grad – das sei der Sollwert, auf den die Beckenheizungen in den Schwimmer-, Sport- und Wellenbecken nun eingestellt seien. Die aktuelle Temperatur betrage jedoch 25 Grad, wohl auch weil sich die Becken wegen des warmen Wetters zusätzlich aufheizen: die Nächte sind angenehm und tagsüber erwärmen Sonnenstrahlen das Wasser. Neben den drei städtischen Freibädern gibt es noch das von Ruwa Dellwig betriebene Hesse-Bad, das wegen der Nähe zum Rhein-Herne-Kanal vom sparsameren Betrieb einer Wärmepumpe profitiert. Deshalb werde die Temperatur im Dellwiger Bad nicht gesenkt. „Wir haben 25 Grad im Schwimmerbecken und dabei bleibt es“, verspricht Ruwa-Geschäftsführer Josha Westkamp.

Zum Vergleich: Düsseldorf hat seine Freibäder auf schattige 22 Grad heruntergesetzt

Im Vergleich mit der Landeshauptstadt liegt Essen mit einem 24er-Sollwert für seine Freibäder noch im komfortablen Bereich. Düsseldorf etwa sei der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für das Bäderwesen gefolgt und habe die Wassertemperatur auf schattige 22 Grad eingestellt. Ein Wert, den selbst erprobte Athleten wie die Wasserballer von Ruwa Dellwig beim jüngsten Rhein-Ruhr-Derby in der Zweiten Bundesliga als Herausforderung empfunden hätten.

Die durchschnittliche Temperatur in deutschen Freibädern bewege sich zwischen 24 und 26 Grad, so Ann-Christin von Kieter, Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für das Bäderwesen mit Sitz in Essen. Ihre Empfehlung: Bei Temperaturen unter 22 Grad sollten sich Schwimmer viel bewegen. Bei weniger als 20 Grad würden sich Badegäste beschweren oder solche Bäder sogar meiden.

Während die wegen Personalmangels begrenzt geöffneten Freibäder Kettwig und Oststadt mit Erdgas bzw. mit Erdgas plus Solarabsorberanlage beheizt werden, speist sich das Grugabad aus der Nahwärmeversorgung des Holzhackschnitzel-Heizwerks des Grugaparks.

Stadt Essen hat eine Projektgruppe eingerichtet – ihr Auftrag: Energie sparen

In den Essener Hallenbädern variieren die Temperaturen nach Angaben des Presseamtes je nach Beckentyp zwischen 26,5 und 34 Grad wie etwa beim Babyschwimmen. Bei Warmbadetagen mit erhöhtem Eintrittsgeld steigen die Wassertemperaturen auf 30 Grad.

Nicht nur in den Frei- und Hallenbädern sieht die Stadt Essen Einsparpotenziale. Innerhalb der Verwaltung sei jetzt eine Projektgruppe eingerichtet worden, die weitere Vorschläge erarbeiten und umsetzen soll.

Bereits in der Vergangenheit habe die Verwaltung immer wieder Maßnahmen für das Energiesparen getroffen. Im Rathaus setze man bereits seit 2017/2018 ein sogenannten Energiespar-Contracting um. Dies umfasse die Lüftungsanlage, die zeitgleich auch Wärme und Kälte in den Büros regelt. Außerdem befinde sich auf dem Dach des Rathauses eine Photovoltaik-Anlage.

Darüber hinaus setzt die Stadtverwaltung bereits seit Jahren auf die Umrüstung von LED-Technologie im öffentlichen Raum sowie in den städtischen Gebäuden. In Kettwig gibt es das erste Beispiel einer „Umweltsensitiven Beleuchtung“ an der Kampmannbrücke. Das heißt: Die Beleuchtung schaltet sich auf eine Bewegungsmeldung ein, danach geht sie wieder aus.