Essen. 20 Jahre Pact Zollverein: Essener Bühne hat sich als Brücke zwischen Kunst und Wissenschaft etabliert. Dokumentation erscheint zum Geburtstag.

Pact Zollverein wird 20. Pact, das steht für Performing Arts /Choreographisches Zentrum NRW/Tanzlandschaft Ruhr. Eine Institution, die sich als Heimat kreativer Ausdrucksformen zwischen darstellender und bildender Kunst, als Brücke zwischen Kunst und Wissenschaft sowie als Spiegel und Motor gesellschaftlicher Entwicklungen versteht. Entsprechend vielfältig wird in diesem Jahr der 20. Geburtstag gefeiert.

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Auf das Jubiläumsfest im Mai folgte nun der offizielle Festakt: NRW-Kulturstaatssekretärin Gonoa Türkeli-Dehnert war nach Essen gekommen, um über die Synergie von Kunst und Wissenschaft zu sprechen und Landesmittel zur Pflege der Tanzlandschaft zuzusagen. In den überbrachten Grußworten von Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain wurde die Leuchtturmfunktion von Pact innerhalb des strukturschwachen Essener Nordens hervorgehoben. Und Irene Wiese-von Ofen, die das Projekt seinerzeit als Baudezernentin begleitet hat (und mittlerweile im Vorstand der Stiftung Choreographisches Zentrum sitzt), ließ die Transformation von der Waschkaue zum Kulturzentrum noch einmal mit Herzblut und heiteren Anekdoten Revue passieren. Nachzulesen ist die Entwicklung von Pact Zollverein auch in der Dokumentation „Radical Proximity“. Gleich drei Bände umfasst die von Autorin Esther Boldt aufgezeichnete Pact-Geschichte mit Bildern, Interviews und Essays.

Performance „Alle Titel“ vereint die Aufführungen der vergangenen 20 Jahre

Pact wäre nicht Pact, hätte nicht auch die Performance im Programm ihren Platz: Wortreich eingangs der Beitrag von Tim Etchells. Gemeinsam mit Ophelia Young trug er in rhythmischer Sprache „Alle Titel“ der Aufführungen der vergangenen 20 Jahre vor, während Aisha Orazbayeva diesen Rap mit Spiccati auf der Geige unter- und übermalte. Am Ende (nach exakt 20 Minuten) großes Staunen und leichter Tinnitus.

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Deutschlandpremiere feierte Michiel Vandeveldes neue Produktion „Ends of worlds“. Endzeit einmal andersherum: Wir schreiben das Jahr 0.2300. Eine Umweltkatastrophe hat organisches Leben auf der Erde so gut wie ausgelöscht. Androiden stoßen auf Relikte aus dem 20. Jahrhundert - offenbar Aufzeichnungen von tänzerischen Darbietungen - und erhoffen sich Erkenntnisgewinn durch Imitation. In insgesamt sechs Szenen versuchen vier Tänzer zu verzerrten Klängen und verpixelten Projektionen ikonische Momente des zeitgenössischen Ausdruckstanzes zum Leben zu erwecken.

Ikonische Momente des zeitgenössischen Ausdruckstanzes werden nachgestellt

Zu sehen sind Agonie in allen Formen, ungelenkes Nachstellen klassischer Tanzfiguren und ritualisierter Kampf, während philosophisch anmutende Textfragmente Fragen nach dem Warum und nach der Vermeidbarkeit der ultimativen Katastrophe stellen. Hoffnungsvoll stimmt das nicht. Bleibt nur das Zitat, das Kate McIntosh eingangs im Rahmen des Podiumsgespräches anbrachte: „Kunst kann nicht die Welt retten, aber sie kann den Menschen helfen, die Welt zu retten“. Pact, übernehmen Sie!