Essen. Forced Entertainment, die Pioniere des Experimentaltheaters, zeigen in Essen nach langer Zeit wieder ein neues Stück: „Under Bright Light“.
Sie waren wieder da. Endlich. Die britische Performancegruppe Forced Entertainment um Theaterkünstler Tim Etchells arbeitet regelmäßig bei Pact Zollverein und zeigt im Choreografischen Zentrum Uraufführungen ihrer Arbeiten. „Under Bright Light“ sollte eigentlich 2020 Premiere feiern, die Pandemie unterbrach Proben und Pläne, jetzt, zwei Jahre später, konnte die bitter-bedrückende Performance uraufgeführt werden.
Sie schleppen Kartons, Stühle, eine Leiter, Tische von einer Ecke in die andere. Die werden gestapelt, nebeneinander gerückt, vom nächsten weitergeräumt. Stoisch, unhinterfragt führen die sechs Arbeitenden in ihren blauen Overalls die Packerei aus. Sie laufen längs den grünen Teppich entlang, sie laufen diagonal, mancher läuft auch mal ins Leere, wirft sich auf den Boden, kurz mal ausruhen, weitermachen.
Dauer-Maschinerie der ergebnislosen Schufterei
Irgendwann wird es voller in diesem undefinierten Raum, mehr Kartons, mehr Leitern. Die Gesichter werden verschwitzter, die Mienen angespannter, die Schritte schneller, Kartons werden geworfen. Aber eine Entwicklung mit Finale gibt es nicht. Zu beobachten ist vielmehr ein Immer-weiter in atmosphärischen Variationen.
Kompanieleiter Etchells sagt über sein Theater, es sei eines, „das dich einer Welt aussetzt, statt dir eine zu beschreiben.“ Seit fast 40 Jahren machen sie ihr Theater, immer mit derselben Kerntruppe, die auch in „Under Bright Light“ wieder auf der Bühne performt. In „Real Magic“ spielten sie mit der Magie des Scheiterns, „The Coming Storm“ handelte mit Erzählungen und vom Erzählen, das immer wieder in Frage gestellt wird. In ihrer neuen Arbeit sind auch die Spielenden Ausgesetzte. Abgestellte in einer Dauer-Maschinerie der ergebnislosen Schufterei.
Blick in eine frustrierend monotone Welt
Ermüdend ist das, auch beim Zuschauen. Eine frustrierend monotone Welt, der wir da unerbittlich ausgesetzt sind. Kein Ausgang, nirgends. Kein einziges Wort wird gesprochen, die Sounds von Komponist Graeme Miller reichen von begleitender Tempomache bis zum nervenaufreibenden Geklingel. Dann Kirchenglocken, das Schrillen eines Faxgeräts, Hupen, Donner. Rauschhaft werden die Komposition wie die Stimmung, wenn das Licht runterfährt, die Kartons über die Köpfe wie Wellen gleiten. Ein erschreckend schönes Bild.
Aber eindeutige Zuordnungen sind an diesem Abend nicht möglich. Ja, es wird eben nichts beschrieben, wir werden einer Situation ausgesetzt, einer unangenehmen. Und trotz aller Wiederholung und Gleichförmigkeit bleibt diese Wirklichkeit eine unberechenbare, ungeklärte. Das haben Forced Entertainment an einem eigentlich sehr unspektakulären Abend wieder einmal gnadenlos vor Augen geführt.