Essen-Altendorf. Reinkommen und Tee trinken: Wie Altendorfer Geschäftsleute das Image ihres Stadtteils verbessern wollen.
„Grüß dich! Merhaba!“ Wer in diesen Tagen durch Altendorf schlendert, wird in den Schaufenstern des Einzelhandels durch gelbe Sprechblasen begrüßt: „Lass uns zusammen einen Tee trinken und über unsere Gemeinsamkeiten reden“, heißt es da. Diese Einladung sprechen die Altendorfer Geschäftsleute aus – und sie meinen es genauso.
„Jeder Mensch, der in die Geschäfte kommt, erhält einen Tee und kann sich mit dem Geschäftsinhaber oder auch anderen anwesenden Personen unterhalten“, erklärt Cem Şentürk vom Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung, der eine neu gegründete Initiative der Altendorfer Geschäftsleute moderiert. Gemeinsamkeiten seien dabei „natürlich nur ein Themenvorschlag“, es könne auch um Probleme im Stadtteil gehen oder andere Dinge. Wichtig dabei sei nur, Menschen ins Gespräch zu bringen.
Ein Tag der Studierenden ist in Planung
Nur eine von zahlreichen Aktionen, die die frisch gegründete Initiative in den kommenden Monaten geplant hat und die die Menschen zusammenbringen und den Dialog fördern sollen. Eine weitere hat bereits konkrete Formen angenommen und soll vor allem junge Menschen für den Stadtteil begeistern: Ab Oktober wird es in Altendorf einmal monatlich einen Studierendentag geben. An jedem ersten Freitag im Monat, beginnend am 7. Oktober, erhalten sämtliche Studentinnen und Studenten in den teilnehmenden Geschäften und Gastronomiebetrieben 25 Prozent Rabatt.
Auf der Liste mit spannenden Ideen für dieses Jahr steht unter anderem ein „Tag des Zusammenhalts“, an dem „Linsensuppe und Brot für eine bessere Zukunft“ geteilt werden sollen. Weitere Aktionen sind geplant, zu denen die Organisatoren allerdings noch nicht allzu viel verraten wollen. Abgesehen von einem ganz speziellen Markt, auf den sich Bezirksbürgermeisterin Doris Eisenmenger besonders freut: „Wir wollen einen orientalischen Neujahrsmarkt organisieren und mit einem Weihnachtskonzert verbinden. Wir hoffen, dass auf diese Weise viele Deutsche auf den Markt kommen und viele Muslime zum Konzert in die Kirche.“
Es gehe darum, „dass die Menschen mit uns sprechen und nicht nur über uns“, erklärt Şentürk und bezieht sich dabei auf eine Massenschlägerei zwischen Clan-Mitgliedern, die den Stadtteil im Juni dieses Jahres erschütterte und das ohnehin angeknackste Image Altendorfs noch einmal nachhaltig beschädigt hat. „Da sind inakzeptable Dinge passiert“, erklärt auch Erdal Hoca vom Restaurant Vegan Time – Cigköfte. „Diese Dinge beängstigen die Familien.“ Und sie prägen zeitweilig das Bild des Stadtteils.
Geschäftsleute ergreifen die Initiative
Nicht zuletzt hat dieses Bild auch wirtschaftliche Folgen für die Unternehmen vor Ort: In der Folge, erzählen die Einzelhändler, sei es zu nachhaltigen Umsatzverlusten gekommen, weil ihre Geschäfte als Kulisse für Randalierer herhalten mussten. Eine Übertragung des Fehlverhaltens einer kleinen Gruppe auf den gesamten Stadtteil aber, da sind sich die Geschäftsleute einig, sei nicht gerechtfertigt. Hoca: „Wir wollen den Menschen im Stadtteil und denen, die von außerhalb kommen, das Altendorf zeigen, wie es wirklich ist: das freundliche Altendorf. Wir wollen ein positives Gefühl vermitteln.“
Bei einem ersten Treffen vor zwei Wochen im Rahmen des Wirtschaftsdialogs West habe auch Eisenmenger die Geschäftsleute ermutigt, das Thema aktiv anzugehen und etwas für das Image des Stadtteils zu tun. Der Zusammenschluss von Stadt, Job-Center und Aktiven vor Ort ist bereits vor vier Jahren entstanden; aus Überlegungen mit Gastronomen über die Einstellung von Langzeitarbeitslosen ist nun die neue Initiative hervorgegangen. „In den Gesprächen der vergangenen Jahre haben wir viele Kontakte aufgebaut, da ist Vertrauen gewachsen“, sagt Christian Uhl vom Stab Integration der Stadt Essen. „Es gibt mittlerweile so viel in Altendorf: Stadtteilfeste, Spielplatzfeste und noch mehr. Das müssen wir in den Vordergrund stellen.“ Die Außenwirkung dürfe nicht von einigen wenigen Randalierern bestimmt werden.
Menschen einladen, einander die Gelegenheit geben, zu reden: Die Plakate mit den gelben Sprechblasen sind nun ein erster Schritt. Viele weitere sollen folgen. Und auch die Besucher sollen Schritte machen: Türen öffnen, einfach mal reingehen und einen Tee trinken. Merhaba!