Essen-Heidhausen. Dank einer privaten Initiative kann die Brunnenskulptur in Essen-Heidhausen wieder instandgesetzt werden. So laufen die Arbeiten.
Laut ist es hier und dreckig. Mitten im Raum steht Edith Tekolf und lächelt selig. Sie macht Fotos, um den Fortgang der Arbeiten zu dokumentieren. Die historisch interessierte Werdenerin möchte dem Stadtteil Heidhausen seinen Jugendstilbrunnen zurückgeben. Auf der Grünanlage an der Jacobsallee sind über einem Sockel ein Zylinder und eine Kugel aus Stein aufgetürmt, die von einem schmiedeeisernen Kranz umklammert werden – Teile des Brunnens.
Edith Tekolf hatte Spenden gesammelt, selbst etwas dazugegeben, mit Freundinnen die Backaktion „Heidhauser Plätzchen“ gemacht und sich um Fördergelder bemüht: „Auch der Geschichts- und Kulturverein Werden tat was dazu.“ Endlich hatte sie die Summe für die Metallarbeiten zusammen, mehrere Tausend Euro. Der Brunnen ist auch für die Essener Stadtgeschichte wichtig. Er ist nämlich das letzte Relikt der „Essener Gewerbeschau“. Aus dem Buch „Aufbruch zum Jugendstil“ von Robert Welzel erfuhr Edith Tekolf von der am 26. Juli 1913 an der Norbertstraße eröffneten Schau, dem Ursprung der Messe Essen.
200 Aussteller präsentierten sich auf 5000 Quadratmetern Fläche. Die 1944 abgebrannten Hallen galten als technische Sensation. Ein Bild aus dem Jahr 1914 zeigt den Zierbrunnen im Ehrenhof seitlich der Haupthalle. Er musste Erweiterungsbauten Platz machen und siedelte über nach Heidhausen.
Metallbauer begleitete schon viele Arbeiten in Essen-Werden
Die Werkstatt der „Metallgestaltung Stratmann“ befindet sich im denkmalgeschützten Kupferhammer an der Nierenhofer Straße. Solange Simon schürt das Feuer und legt dicke Eisenstäbe in die Glut. Erhitzt werden die glühenden Enden kunstvoll zu sich rollenden Schneckenformen gehämmert. Ruhig, gleichmäßig, mit viel Kraft schlägt die Auszubildende zu. Solange kann auch ganz anders, was ihre filigrane Zeichnung beweist: Mit ruhigem Händchen warf die 17-Jährige einen detaillierten Entwurf aufs Papier.
Ihr Meister lächelt. Martin Dickgreber hat einen Lehrauftrag in der Akademie des Handwerks im Schloss Raesfeld, lebt im Sauerland, wohnt und arbeitet aber unter der Woche in Essen: „Das möchte ich nicht drangeben. Dafür ist mir das hier zu wichtig.“ Ein ernstgenommener Denkmalschutz erfordere immer wieder Einzelfallentscheidungen: „Hätten wir keine alten Fotos vom Originalzustand gehabt, hätten wir auch keine fehlenden Teile ersetzt.“
Auf vage „Künstlereien“ nach dem Motto „so hätte es ausschauen können“ will sich Meister Dickgreber nicht verlassen. Er habe schon etliche Arbeiten in Werden begleitet: „Die Toranlagen des Mariengymnasiums und am Paradies neben der Basilika. Wir haben auch das 2014 durch einen Kranausleger verbogene Turmkreuz repariert.“
Stadt Essen baute Skulptur ab und lagerte sie ein
Ebenfalls recht mitgenommen war die Heidhauser Metallarbeit mit den für den Jugendstil typischen floralen Motiven, so Martin Dickgreber: „Eisen aus dieser Zeit ist sehr kohlenstoffarm und daher spröde. Da werden Vandalen Hand angelegt haben.“ Die Steinkugel und ihr Metallkranz wurden Ende 2020 von der Stadt Essen abgebaut und bei Stratmanns eingelagert. Umso schöner sei es, dass eine private Initiative doch die Restaurierung möglich machte: „Fachlich sind unsere Arbeiten nicht weltbewegend. Aber die Brunnenskulptur hat eine große Bedeutung für viele Menschen. Das ist das reizvolle.“
Für Edith Tekolf bleiben Fragen offen: „Die Wasserleitungen sind sichtbar, doch hat der Brunnen überhaupt je Wasser geführt in Heidhausen? Und wann genau ist er da hingekommen? Es wird um die Eingemeindung 1929 geschehen sein.“ Die Metallarbeiten werden Ende September abgeschlossen sein, dann wird noch schwarz lackiert: „An den Brunnenschalen sind ein paar Ecken auszubessern. Dafür ist der Steinmetzbetrieb Berns aus Duisburg vorgesehen. Das Geld fehlt noch.“ Auch dieses Problem wird gelöst werden und Edith Tekolf im Frühjahr 2023 Vollzug melden: „Dann werden wir die Brunnenskulptur wieder aufstellen und mit den Heidhausern ein kleines Fest feiern.“