Essen-Holsterhausen. Der Essener Frank Mayza sammelt Bilder zur Stadtgeschichte. Mit den Aufnahmen kann er ganze Regale füllen und weiß zu jedem Foto eine Geschichte.
Mit ein paar historischen Aufnahmen, die ihm eher zufällig in die Hände fielen, fing alles an. Seither sammelt Frank Mayza Postkarten und Fotos aus Essens Stadtgeschichte. Tausende dürften es mittlerweile sein, sie füllen Aberdutzende von Kästchen, Schatullen und Alben. Der Essener hütet sie wie einen Schatz und jedes Sammelstück hat seinen festen Platz.
Frank Mayza hat originelle Postkarten aus Essens Vergangenheit aufgetan
Als gelernter Fotolaborant habe er nun mal ein Faible für Bilder, erzählt der 56-Jährige. Dass er sich auf altehrwürdige Fotos seiner Heimatstadt spezialisiert habe, liege sicherlich am Charme, der von solchen Aufnahmen ausgehe. Ganz viele dieser stummen Zeitzeugen hätten so etwas wie einen eigenen Charakter und vor allem „erzählen sie Geschichten“, wenn man sie betrachte.
Aus der riesigen Fülle an Karten und Bildern hat er einige Exemplare ausgewählt, die Holsterhausen zeigen. Aus diesem Stadtteil stammt Frank Mayza und ihm hat er bis auf den heutigen Tag die Treue gehalten. Bei dem Stapel, den er zurechtgelegt hat, ist nichts dem Zufall überlassen. Obenauf liegt eines seiner Lieblingsfotos. „So sah Holsterhausen mal aus, kein Haus, nur freies Feld.“
Ein solcher Blick habe sich damals, es muss in den 1920er Jahren gewesen sein, den Besuchern der „Maggi-Brücke“, wie er sagt, geboten. Da er Essens Vergangenheit wie seine Westentasche kennt, zeigt er auf zwei Gebäude, die heute längst verschwunden sind, aber damals das Brückenensemble ganz entscheidend prägten. „Wir haben es mit zwei Pavillons zu tun, die recht unterschiedlichen Zwecken dienten.“ In dem einen sei eine Polizeistation mit Knast untergebracht gewesen, in dem anderen ein Verkaufsstand.
An Buch über Holsterhausen mitgewirkt
Über seine Sammelleidenschaft hinaus engagiert sich Frank Mayza für die Verkehrshistorische Arbeitsgemeinschaft (VHAG). Der Verein betreibt und restauriert mit der Ruhrbahn historische Straßenbahnen und Busse.
Mitgewirkt hat der 56-Jährige an dem Buch von Norbert Küpper „Mein Holsterhausen“, das 2010 erschienen ist.
Wenn jemand alte Fotos und Postkarten mit Motiven aus dem Essener Stadtgebiet hat und Kontakt mit Frank Mayza aufnehmen möchte, kann er sich unter 01577/2076207 erreichen.
Ein leicht staunender Unterton ist bei Mayza herauszuhören, wenn er sich ein weiteres Bild greift. Zu sehen ist eine Familie, die auf dem westlichen Teich der Brandmühle eine Kanufahrt unternahm. Sie ließ sich von einem Fotografen ablichten, „was natürlich bezahlt werden musste“. Selfies lagen ja noch in weiter Ferne, merkt Mayza schmunzelnd an und ergänzt, dass das Gelände heute der Ort des Protonentherapiezentrums und des Kindergartens sei. Aufnahmen, wie die mit Eltern und Kind, habe man auch gern als Postkarte an Bekannte oder Verwandte verschickt. Dass solche Karten mit Motiven aus Stadt und Land damals hoch im Kurs standen, dafür kann der Essener noch reichlich Beispiele und Beweise liefern. Allein vom Gemarkenplatz besitzt er ein gutes Dutzend, mal zeigen sie den Platz aus dieser, mal aus jener Perspektive. Die meisten sind in Teilen koloriert, „die Farben geben den Bildern ihr gewisses Etwas“.
Sammler vermisst die Trödelmärkte, auf denen er eigentlich immer fündig wird
Wenn er im Laufe der Jahre seine Kollektion auf- und ausbaute, nutzte er dazu unterschiedliche Wege. Auf speziellen Internetportalen würden Postkarten, aber auch Fotos angeboten, „die aus Privatbesitz stammen und nun für kleines Geld weiterverkauft werden“. Seine Bestände habe er zudem schon zu Zeiten gefüllt, als die Stadtbildstelle Gelegenheit geboten habe, für ein paar D-Mark (!) Fotos mitzunehmen. Eine andere Quelle, die Mayza schon vor dem weltweiten Netz nutzte, bot auch stets reichlich Material, nämlich die Trödelmärkte. „Ist derzeit aber versiegt, die Märkte sind ersatzlos gestrichen.“ Die Treffpunkte vermisse er schon sehr, nicht zuletzt auch wegen der Atmosphäre und des Miteinanders.
Dank enger Familienbande hat ihm sein inzwischen verstorbener Vater Günter Mayza ein stattliches Paket an Bildern und Negativen hinterlassen. Er war seit Beginn der 1960er Jahre in seiner freien Zeit gern mit der Kamera in Essen unterwegs und bannte viele Veränderungen in der Innenstadt oder auch in Holsterhausen auf die Platte.
Zahlreiche Bilder sind entstanden, als der Umbau für die U-Bahn auf der Holsterhauser Straße erfolgte, wie auch deren Anfänge dokumentiert sind. Festgehalten im Foto hat der Vater zudem das Ende der Kino-Ära im Gemarhaus. Da er das Fotografieren seinem Sohn offensichtlich vererbt hat, kann Frank Mayza mittlerweile auch eine Menge an Fotos aus heutiger Zeit ergänzen. Nach wie vor macht er sich gern auf den Weg, um herausragende Bauten in Essen abzulichten oder auch Straßen, Plätze und Alltagssituationen.
Apropos Alltag. Wie die Menschen wohl in jenen Jahren gelebt haben, aus denen die alten Aufnahmen stammen, diese Frage kommt ihm immer wieder in den Sinn, erzählt Mayza. Manchmal wünsche er sich eine Zeitreise, um mit den Leuten von damals plaudern zu können, welche Sorgen sie hatten, was sie sich von der Zukunft erhofften. Wenn er versuche, in die damalige Welt einzutauchen, dann lege er auch gern Fotos nebeneinander. Er möchte sehr genau nachvollziehen, wo einzelne Häuser genau gestanden haben und wie sie zueinander positioniert waren. Bei solchen Betrachtungen habe er ein Foto entdeckt, auf dem das Gemarhaus noch gar nicht gebaut war.
Ungewöhnliche Karte vom Kaiserbesuch stieß auf erhöhte Aufmerksamkeit
Noch weiter in die Vergangenheit hat er sich bei seinen Recherchen für ein Foto begeben, das seine besondere Aufmerksamkeit gefunden hat. Zu sehen ist darauf Kaiser Wilhelm II. beim Besuch in Essen 1912. Das Motiv als solches sei wohl bekannt, berichtet Mayza. Das gebe es in ähnlicher Ausfertigung mehrfach. Als er aber die Rückseite las und deutete, stellte er fest, dass hier jemand entweder das Foto selbst gemacht oder gekauft hat, um es noch am gleichen Tag mit ein paar Zeilen versehen an Angehörige in Münster zu schicken. Denn das Datum des Besuchs wie auch der Postkartenstempel seien identisch. Er habe vorher noch keine Fotopostkarte gesehen, die am selben Tag fotografiert, entwickelt, beschrieben, abgeschickt und gestempelt wurde.
Aufnahmen wie diese lösen bei Mayza Begeisterung aus, aber ebenso Fotos und Karten, die längst vergessene Stätten in Erinnerung rufen. Er zieht das Bild mit der Gaststätte Stammhaus an der Gemarkenstraße hervor, heute Sparkassenfiliale. Ein Stadtteil verändere ständig sein Gesicht, sagt Mayza blickt auf das Foto mit den Pavillons, die mal an der „Maggi-Brücke“ standen. Bilder halten sie in Erinnerung.
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